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von Xavier Prats Monné, Generaldirektor der GD Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Europäische Kommission

von Xavier Prats Monné, Generaldirektor der GD Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Europäische Kommission

Eine neue Generation von Mitgliedern der unabhängigen Wissenschaftlichen Ausschüsse der Europäischen Kommission wurde Ende April eingestellt. Ich hatte die Ehre, die Sachverständigen zu begrüßen, die in den kommenden fünf Jahren die Kommission dabei unterstützen werden, faktengestützte politische Entscheidungen in den Bereichen Gesundheit, Umwelt und Verbrauchersicherheit zu treffen. In Zeiten, in denen wissenschaftliche Entscheidungsfindung oft gefährdet ist, spielen die Fachleute hinter den Namen der Ausschüsse eine umso wichtigere Rolle: Sie leisten die Arbeit, führen schwierige Untersuchungen durch und sorgen dafür, dass Schlussfolgerungen anhand von Fakten überarbeitet, überprüft und untermauert werden.

Zur Steigerung der Effizienz und zur Vermeidung von Doppelarbeit nehmen wir heute eine strukturelle Änderung vor: Der Wissenschaftliche Ausschuss „Gesundheits- und Umweltrisiken“ und der Wissenschaftliche Ausschuss „Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken“ werden zu einem einzigen Wissenschaftlichen Ausschuss für Gesundheit, Umwelt- und neu aufkommende Risiken zusammengefasst. Der Wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit bleibt in Struktur und Zielrichtung gleich.

Über 350 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hatten sich für die Ausschüsse beworben – ein Zeichen für deren ausgezeichneten Ruf! Es war nicht leicht, unter diesen zahlreichen hochqualifizierten Personen aus aller Welt eine Wahl zu treffen, doch freue ich mich darüber, welch beeindruckenden Sachverstand und welche Vielfalt an Nationalitäten die 34 gewählten Mitglieder – 17 pro Ausschuss – auf sich vereinen. Außerdem wurde ein ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter und eine gute Mischung erneut ernannter und neuer Mitglieder erreicht. Die Ausschussmitglieder müssen außerdem frei von jeglichen vorgefassten Meinungen und Interessenkonflikten sein, um die Europäische Kommission zu wissenschaftlich komplexen und politisch heiklen Fragen beraten zu können.

Was sind die Aufgaben der Ausschüsse? Sie überprüfen und bewerten sachdienliche wissenschaftliche Daten und ziehen daraus Schlussfolgerungen, bewerten mögliche Risiken und geben faktengestützten Rat. So schützen sie nicht nur die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger der EU, sondern fördern auch Innovation, Beschäftigung und Wachstum in Europa.

Sie werden also zu dem bereits jetzt beeindruckenden Korpus wissenschaftlicher Stellungnahmen beitragen, für das wir den Experten der vergangenen Jahre danken: Seit ihrer Gründung 1978 haben die wissenschaftlichen Ausschüsse mehr als tausend Gutachten erstellt. Zu den in jüngster Zeit behandelten Themen gehören die potenziellen Risiken von Sonnenbänken, elektromagnetischen Feldern, Zusatzstoffen in Tabakwaren, chirurgischen Netzen und Metall-auf-Metall-Hüftprothesen, um nur einige Beispiele der für EU-Bürgerinnen und -Bürger relevanten Themen zu nennen.

http://ec.europa.eu/dgs/health_food-safety/dyna/enews/enews.cfm?al_id=1685

Die Europäische Kommission und ihr unabhängiger wissenschaftlicher Ausschuss „Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken“ (SCENIHR) haben am 29. Januar 2016 eine endgültige Stellungnahme über in Tabakerzeugnissen verwendete Zusatzstoffe veröffentlicht.  Dies ist die erste von zwei Stellungnahmen, die von der Kommission in Auftrag gegeben wurden, um Zusatzstoffe zu ermitteln, die auf die Prioritätenliste in der Richtlinie über Tabakerzeugnisse gesetzt werden sollen.

Die 2014 verabschiedete Richtlinie über Tabakerzeugnisse (2014/40/EU)pdf verschärft die Vorschriften über Herstellung, Darstellung und Vermarktung von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen. In Artikel 7 der Richtlinie werden bestimmte Zusatzstoffe für Tabakerzeugnisse wie Vitamine, Koffein oder Taurin, Zusatzstoffe mit färbenden Eigenschaften für Emissionen und solche, die das Inhalieren oder die Nikotinaufnahme fördern, verboten. Gemäß Artikel 6 der Richtlinie über Tabakerzeugnisse musste die Europäische Kommission bis Mai 2016 eine Prioritätenliste mit mindestens 15 in Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen enthaltenen Zusatzstoffen festlegen. In dieser ersten Stellungnahme werden die Zusatzstoffe genannt, die auf die Prioritätenliste gesetzt werden sollen.

Der SCENIHR hat in der Tat 48 einzelne Chemikalien ermittelt, die auf die Prioritätenliste gesetzt werden sollen. Diese Verbindungen wurden ausgewählt, weil sie eine oder mehrere der folgenden Eigenschaften aufweisen oder ihnen diese zugeschrieben werden:

  • toxisch in unverbrannter Form (u. a. krebserregend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsschädigend)
  • erleichtert das Inhalieren oder steigert die Nikotinaufnahme, was zu einem erhöhten Suchtpotenzial beitragen kann
  • charakteristisches Aroma als einer der Faktoren, die zu einer gesteigerten Attraktivität beitragen können
  • nach der Verbrennung bilden sich Giftstoffe aus

Die vollständige Liste und Erläuterungen dazu, wie und warum bestimmte Zusammensetzungen gewählt wurden, finden Sie in der Stellungnahme. Außerdem sind leicht verständliche Datenblätter zu Zusatzstoffen für Tabakerzeugnisse in Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch erhältlich.

Die für das Ende dieses Jahres geplante zweite Stellungnahme soll die Entwicklung von Leitlinien für Studien und Kriterien unterstützen, nach denen die Hersteller die Relevanz der einzelnen Zusatzstoffe bewerten sollen.

http://ec.europa.eu/health/scientific_committees/emerging/docs/scenihr_o_051.pdfpdf(853 KB)

Vorläufige Stellungnahme der Europäischen Kommission und ihres Wissenschaftlichen Ausschusses „Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken“ (SCENIHR) zu den biologischen Wirkungen von UV-Strahlung auf die Gesundheit unter besonderer Berücksichtigung von Sonnenbänken für kosmetische Zwecke, offen zur Konsultation bis zum 27. April 2016.    Am 12. April 2016 fand eine öffentliche Anhörung in Luxemburg statt, an der sich Vertreter aus Industrie, NRO, Forschung, Krebsforschung und anderen Gruppen beteiligten.   In der vorläufigen Stellungnahme werden die Für- und Gegenargumente und die Risiken von Sonnenbänken dargelegt.

Auf Grundlage der aktuellen Forschungsergebnisse kommt der SCENIHR zu dem Schluss, dass ultraviolette Strahlung (UVR) uneingeschränkt als karzinogen anzusehen ist, da sie sowohl tumorauslösende als auch tumorfördernde Wirkungen hat. Es liegen starke Anzeichen dafür vor, dass Sonnenbänke Melanome der Haut, Plattenepithelkarzinom und in geringerem Maße primäres Basalzellenkarzinom auslösen können, vor allem bei einer Exposition im jungen Alter.

Außerdem gibt es Anzeichen dafür, dass Sonnenbänke auch Augenmelanome auslösen können. Die Nutzung von Sonnenbänken ist verantwortlich für einen nennenswerten Anteil von Melanomen und Nichtmelanom-Hautkrebserkrankungen sowie für einen hohen Prozentsatz der Melanome, die vor dem 30. Lebensjahr auftreten. Der SCENIHR kommt außerdem zu dem Schluss, dass Sonnenbänke nur sehr geringe positive Auswirkungen für die Gesundheit haben und dass es nicht erforderlich ist, zur Steigerung der Vitamin-D-Blutwerte eine Sonnenbank aufzusuchen. Aufgrund der Nachweise für die krebserregenden Wirkungen der Sonnenbank-Exposition und aufgrund der Art der Entstehung von Krebserkrankungen (keine Hinweise auf Schwellenwerte für Stärke der UV-Strahlung und UV-Dosen) kommt der SCENIHR zu dem Schluss, dass es keine sichere Grenze für UV-Strahlung in Sonnenbänken gibt.

Der SCHEER (der neue Ausschuss, der den SCENIHR ersetzt), wird die Stellungnahme in der zweiten Jahreshälfte nach der Bewertung relevanter Beiträge aus der öffentlichen Konsultation abschließen.

http://ec.europa.eu/health/scientific_committees/emerging/docs/scenihr_o_052.pdfpdf(773 KB)

Calciumcyanamid, das aus 44 % Kalzium und 24 % Stickstoff besteht, wurde zum ersten Mal im späten 19. Jahrhundert für den Einsatz als Düngemittel in der Landwirtschaft hergestellt. 2013 wurde der Wissenschaftliche Ausschuss „Gesundheit und Umweltrisiken“ (SCHER) aufgefordert, die potenziellen Risiken für die Gesundheit des Menschen und für die Umwelt aufgrund des Einsatzes dieses Stoffes als Düngemittel zu bewerten.

Die Europäische Kommission und der SCHER veröffentlichten am 22. April 2016 die abschließende Stellungnahme zu potenziellen Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt durch den Einsatz von Calciumcyanamid als Düngemittel.

Der SCHER kalkulierte die Risiken für die menschliche Gesundheit anhand von Modellversuchen zur Exposition von Arbeitern gegenüber Calciumcyanamid, die für die Registrierung von Pflanzenschutzprodukten verwendet werden. Die Expositionsberechnungen wurden für Szenarien aufgestellt, in denen die Substanz sowohl für den industriellen als auch für den privaten Gebrauch verwendet wurde. Auch für Umstehende und Anwohner, darunter Kinder, wurden Berechnungen durchgeführt.

Der SCHER kam zu dem Schluss, dass negative Auswirkungen für Mensch und Umwelt nicht auszuschließen sind, wenn Calciumcyanid in den derzeit üblichen Dosierungen zum Einsatz kommt.

http://ec.europa.eu/health/scientific_committees/environmental_risks/docs/scher_o_169.pdfpdf(2 MB)

Die Europäische Kommission und ihr unabhängiger Wissenschaftlicher Ausschuss „Gesundheit und Umweltrisiken“ veröffentlichten am 15. April 2016 ihre abschließende Stellungnahme zu Schätzungen der von Kindern aufgenommenen Mengen an Spielzeugmaterial.

Um beurteilen zu können, ob die derzeitigen Migrationsgrenzwerte weiterhin angemessen sind, wurde der SCHER beauftragt, die verfügbaren Daten über die Aufnahme dreier Kategorien von Spielzeugmaterial durch Kinder, die die Grundlage für die 19 Elemente in der Spielzeugrichtliniepdf bilden, daraufhin zu prüfen, ob sie noch angemessen sind oder geändert werden sollten (z. B. wöchentliche statt tägliche Grenzwerte):

  1. trockenes, brüchiges, pulverförmiges oder geschmeidiges Spielzeugmaterial (Grenzwert für die Aufnahme: 100 mg/Tag)
  2. flüssiges oder haftendes Spielzeugmaterial (400 mg/Tag)
  3. abgeschabtes Spielzeugmaterial (8 mg/Tag)

In seiner abschließenden Stellungnahme betrachtet der SCHER die Tageshöchstwerte für die Aufnahme als angemessen. Er fügt hinzu, dass die Aufnahmewerte weiterhin als Tages- anstatt als Wochenwerte angegeben werden sollten.

http://ec.europa.eu/health/scientific_committees/environmental_risks/docs/scher_o_170.pdfpdf(503 KB)