Methoden
Hintergrund
Der Bericht Statistical approaches to the measurement of skills (Statistische Ansätze zur Messung von Kompetenzen) stellt einen konzeptionellen Rahmen für die Messung von Kompetenzen vor.
Der vorliegende Bericht stammt aus dem Jahr 2016, und in der Zwischenzeit sind neue Daten verfügbar geworden. Daher wurden einige zusätzliche Elemente in den konzeptionellen Rahmen aufgenommen.
Die nachstehende Grafik gibt einen umfassenden Überblick über den konzeptionellen Rahmen und die verschiedenen Messansätze.
Fähigkeiten können anhand von fünf verschiedenen Dimensionen gemessen werden:
- Kompetenzangebot: Diese Dimension bezieht sich auf die Fähigkeiten, über die Menschen verfügen. Sie misst demnach das Kompetenzniveau und wie sich dieses im Laufe der Zeit verändert.
- Kompetenzbedarf: Hierbei handelt es sich um die von den Arbeitgebern benötigten Fähigkeiten. Diese Dimension misst das Niveau der in der Wirtschaft benötigten Kompetenzen und wie sich dieses im Laufe der Zeit verändert.
- Kompetenznutzung: Dieser Wert misst den Umfang, in dem verschiedene Arten von Fähigkeiten – beispielsweise digitale, rechnerische, physische, kommunikative usw. – bei der Arbeit einer Person zum Einsatz kommen.
- Kompetenzentwicklung: Hier geht es um Fähigkeiten, die durch die Teilnahme an Bildungs- und Weiterbildungsaktivitäten entwickelt wurden, beispielsweise durch Einschreibung oder Teilnahme an Weiterbildungen am Arbeitsplatz.
- Kompetenz-Mismatch: Mit diesem Wert wird die Diskrepanz zwischen der Nachfrage und dem Angebot an Fähigkeiten sowie die Bedingungen von Beschäftigten, Arbeitsplätzen oder offenen Stellen gemessen. Sie kann auf folgende Weise definiert werden:
- Vertikaler Mismatch: Diskrepanzen zwischen dem Bildungsniveau der Beschäftigten und ihrem Beruf. Dies führt zu einem Missverhältnis zwischen ihrer formalen Bildung und den beruflichen Anforderungen.
- Horizontaler Mismatch: Diskrepanz zwischen den Bildungsbereichen der Beschäftigten und ihrem Beruf. Damit sind Menschen gemeint, die außerhalb ihres Bildungsbereichs arbeiten.
Beide Arten von Diskrepanzen können objektiv gemessen werden, entweder durch den Vergleich des Bildungsniveaus und Bildungsbereiches der Personen mit ihrem Beruf, oder subjektiv, indem die Personen selbst bewerten, in welchem Maße ihr Bildungsniveau und Bildungsbereich im Hinblick auf ihre beruflichen Anforderungen angemessen sind.
Drei verschiedene Ansätze wurden für die Messung von Fähigkeiten ermittelt:
- indirekte Messgrößen: Dies sind Näherungswerte für ein bestimmtes Kompetenzniveau. Dazu zählen beispielsweise durch formale Bildung erworbene oder für die Beschäftigung in einem bestimmten Beruf erforderliche Fähigkeiten, die sich anhand von Daten im Zusammenhang mit formalen Qualifikationen und Berufen messen lassen.
- direkte Messgrößen: Hierbei handelt es sich um direkte Bewertungen von Fähigkeiten, beispielsweise durch Testergebnisse für das Kompetenzangebot oder die Verwendung von Daten über neu eingestellte Beschäftigte und offene Stellen für die Nachfrageseite.
- selbstberichtete Messgrößen: Diese beziehen sich auf die Selbsteinschätzung der Menschen bezüglich ihrer eigenen Fähigkeiten, wie etwa das subjektive Niveau der digitalen Kompetenzen, die von ihnen angegebene Kompetenznutzung am Arbeitsplatz und die von den Arbeitgebern als notwendig erachteten Fähigkeiten.
Kompetenzangebot
Formale Qualifikationen werden als Näherungsmessung verwendet, um Einzelheiten über die auf dem Arbeitsmarkt oder in der Bevölkerung im Allgemeinen verfügbaren Kompetenzen zu erhalten. Sie liefern ein breites Spektrum an Informationen über die Kompetenzen der Menschen. Nach diesem Ansatz sind beispielsweise hochqualifizierte Personen diejenigen, die ein Universitätsdiplom besitzen.
Die verfügbaren indirekten Messgrößen für das Kompetenzangebot sind:
- Daten über Niveau, Bereich und Ausrichtung des Bildungsabschlusses aus der EU-Arbeitskräfteerhebung (EU-AKE)
- Daten über Hochschulabsolventen nach Fachrichtung und Bildungsstufe aus der gemeinsamen Datenerhebung von UNESCO, OECD und EUROSTAT.
Daten aus direkten Messungen des Kompetenzangebots werden durch direkte Bewertungen bestimmter Kenntnisse gewonnen, beispielsweise anhand von Testergebnissen.
Testergebnisse bewerten generell einen begrenzten Bereich von Fähigkeiten. Dennoch wird erwartet, dass diese direkten Messgrößen das Kompetenzniveau der Menschen besser widerspiegeln als indirekte Messgrößen, bei denen schlicht davon ausgegangen wird, dass Menschen mit einer formalen Qualifikation ein bestimmtes Maß an Fähigkeiten erworben haben.
Die direkte Messung von Fähigkeiten wird von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Rahmen der folgenden Studien durchgeführt:
- Internationale Studie zur Untersuchung von Alltagsfähigkeiten Erwachsener (PIAAC)
- Programm zur internationalen Schülerbewertung (PISA)
Darüber hinaus führt die Internationale Vereinigung für die Bewertung von Bildungsleistungen (IEA) folgende Studien durch:
- Studie zu Trends in der Internationalen Mathematik- und Naturwissenschaft (Trends in International Mathematics and Science Study – TIMSS)
- Internationale Studie zum Fortschritt der Lesekompetenz (Progress in International Reading Literacy Study – PIRLS).
Derzeit sind im Europäischen Statistischen System (ESS) keine direkten Messungen des Kompetenzangebots verfügbar.
Eurostat liefert verschiedene Indikatoren für das Niveau spezifischer Kompetenzen, die durch Selbsteinschätzung gemessen werden. Dies gilt insbesondere für:
- das Niveau der digitalen Kompetenzen, das im Rahmen der Erhebung über die IKT-Nutzung in privaten Haushalten ermittelt wird
- das Niveau der Fremdsprachenkenntnisse, das im Rahmen der Erhebung zur Erwachsenenbildung und des EU-AKE-Moduls über die Arbeitsmarktsituation von Zugewanderten und ihrer direkten Nachkommen gemessen wird.
Kompetenznachfrage
Indirekte Messungen der Kompetenznachfrage beziehen sich hauptsächlich auf folgende Daten:
- Beschäftigung nach Bildungsstand
- verschiedene Messgrößen der Beschäftigung, wie befristete Beschäftigung, Gründe für Teilzeitbeschäftigung, Indikatoren für die Qualität der Arbeit und die Beschäftigung von Jugendlichen
- Beschäftigung nach Wirtschaftszweigen, einschließlich Daten über beschäftigte IKT-Fachleute
- F&E Personal
- Beschäftigung in Wissenschaft und Technologie.
Die verfügbaren indirekten Messgrößen der Kompetenznachfrage sind:
- Beschäftigung nach Bildungsstand (Niveau, Ausrichtung und Bereich der Bildung), nach Beruf und nach Wirtschaftssektor aus der EU-Arbeitskräfteerhebung
- Arbeitslosigkeit nach Bildungsstand (Niveau, Ausrichtung und Bereich der Bildung), nach Beruf und Wirtschaftssektor der letzten Beschäftigung aus der EU-Arbeitskräfteerhebung
- Beschäftigung von Forschenden aus der Statistik über Forschung und Entwicklung
- Beschäftigung in Hochtechnologiebranchen aus der EU-Arbeitskräfteerhebung
- Personelle Kapazitäten in Wissenschaft und Technologie: Bestände, Arbeitsplatzmobilität und Bildungszuflüsse aus der EU-Arbeitskräfteerhebung sowie der gemeinsamen Datenerhebung von UNESCO, OECD und EUROSTAT.
Die direktesten Messgrößen für die Kompetenznachfrage sind Daten über offene Stellen und neu eingestellte Personen. Letztere beziehen sich auf den Anteil der Personen, die seit 12 Monaten oder weniger in ihrem aktuellen Job beschäftigt sind. Beide geben Aufschluss über die direkte Nachfrage der Unternehmen nach Fähigkeiten.
Ein Ansatz, der weniger direkt ist, befasst sich mit den Themen oder Fächern der von den Unternehmen angebotenen Lehrveranstaltungen, wie zum Beispiel IT- oder Fremdsprachenkenntnisse.
Eurostat stellt Daten bereit über
- offene Stellen nach Wirtschaftszweigen aus der Statistik der offenen Stellen
- neu eingestellte Personen aus der EU-Arbeitskräfteerhebung
- Kompetenzen, die durch berufliche Weiterbildungskurse abgedeckt werden, aus der Erhebung über die berufliche Weiterbildung in Unternehmen.
Die Nachfrage nach Kompetenzen kann ermittelt werden, indem Unternehmen dazu befragt werden, welche Fähigkeiten ihnen in den kommenden Jahren als die wichtigsten erscheinen. Darüber hinaus können Selbstauskünfte Einblicke in Unternehmen geben, die IKT-Fachleute einstellen oder einzustellen versuchen.
Eurostat liefert Informationen über:
- die für die Entwicklung des Unternehmens erforderlichen Kompetenzen aus der Erhebung über die berufliche Weiterbildung
- die Nachfrage nach digitalen Kompetenzen aus der Erhebung über IKT-Nutzung und elektronischen Handel in Unternehmen.
Kompetenznutzung
Bei diesen Messungen wird untersucht, wie viel Arbeitszeit Erwerbstätige – oder Nicht-Erwerbstätige, die in den letzten 24 Monaten vor der Bezugswoche der Erhebung erwerbstätig waren – mit der Nutzung bestimmter Kompetenzen verbracht haben. Beispiele hierfür sind die Arbeit an digitalen Geräten, die Durchführung relativ komplexer Berechnungen, Kommunikation oder schwere körperliche Arbeit.
Diese Messgrößen befassen sich auch mit den Arbeitsmethoden, wie etwa dem Grad der Wiederholbarkeit von Aufgaben oder dem Ausmaß, in dem Aufgaben durch strenge Vorschriften genau vorgegeben werden.
Die Indikatoren zur Messung der Kompetenznutzung stammen aus dem EU-AKE-Modul 2022 über berufliche Kompetenzen. Die vollständigen Daten werden voraussichtlich im September 2023 veröffentlicht. Weitere Informationen zu diesem Modul finden Sie in den Erläuterungen (auf Englisch).
Kompetenzentwicklung
Diese Messgrößen erfassen Merkmale der Systeme der allgemeinen und beruflichen Erstausbildung und Weiterbildung, indem sie Daten über die Teilnahme an der formalen und nicht-formalen Bildung und Weiterbildung heranziehen.
Die für die Kompetenzentwicklung verfügbaren Messgrößen sind:
- Teilnahme an formaler und nicht-formaler allgemeiner und beruflicher Bildung in den letzten vier Wochen vor der Bezugswoche der Erhebung (ohne angeleitete Ausbildung am Arbeitsplatz) aus der EU-Arbeitskräfteerhebung
- Einschreibung von Studierenden und laufende formale Bildung (Teilnahme an formaler allgemeiner und beruflicher Bildung) aus der gemeinsamen Datenerhebung von UNESCO, OECD und Eurostat
- IKT-Schulungen aus der Erhebung über die IKT-Nutzung in privaten Haushalten
- ausbildende Unternehmen aus der Erhebung zur beruflichen Weiterbildung
- Teilnahme an formaler und nicht-formaler allgemeiner und beruflicher Bildung (in den letzten 12 Monaten vor der Erhebung) aus der Erhebung zur Erwachsenenbildung.
Kompetenz-Mismatch
Ein Ansatz zur Messung des Missverhältnisses zwischen Kompetenzangebot und -nachfrage besteht darin, das Niveau und den Bereich des Bildungsabschlusses einer Person mit ihrem Beruf zu vergleichen. Dies lässt sich anhand von zwei Indikatoren messen:
- Überqualifizierungsquote – auch als vertikaler Kompetenz-Mismatch bezeichnet: Sie misst den Prozentsatz der Personen mit einem Bildungsabschluss im Tertiärbereich, die in Berufen beschäftigt sind, für die ein tertiärer Bildungsabschluss nicht erforderlich ist.
- Inadäquate Beschäftigung nach Bildungsbereich – auch als horizontaler Kompetenz-Mismatch bezeichnet: Der prozentuale Anteil der Personen, die in Berufen außerhalb ihres Bildungsbereiches arbeiten.
Für weitere Informationen konsultieren Sie bitte die methodischen Hinweise zu den experimentellen Indikatoren für Kompetenz-Mismatch (auf Englisch „Skills mismatch experimental indicators”).