Beschäftigung, Soziales und Integration

Armutbekämpfung und Förderung der sozialen Inklusion

Ungleichheit ist ein komplexes und vielschichtiges Phänomen. Sie kann anhand ihrer Auswirkungen bewertet werden, z. B. auf Einkommen, Bildung oder Gesundheit. Die Bewertung von Ungleichheit kann auch auf der Grundlage von demografischen Merkmalen wie Alter, Geschlecht oder Wohnort erfolgen.

Es ist auch möglich, die Chancenungleichheit (Grundsatz 3 der europäischen Säule sozialer Rechte) und ihre Auswirkungen auf die soziale Mobilität zu bewerten, d. h. das generationsübergreifende Fortbestehen von Benachteiligung/Vorteilen in Bezug auf Einkommen, Bildung oder Gesundheit.

Schließlich kann auch die Inklusivität des Wachstums bewertet werden, d. h. das Ausmaß, in dem das BIP gleichmäßig in der Bevölkerung in Form eines höheren verfügbaren Einkommens und/oder einer höheren Lebensqualität verteilt wird.

Ungleichheit in den Mitgliedstaaten

Ungleichheit ist zu einem der Hauptanliegen der europäischen Bevölkerung geworden. Die vor der COVID-19-Krise durchgeführte Eurobarometer-Umfrage aus dem Jahr 2017 ergab, dass insgesamt 84 % der Menschen in Europa der Ansicht waren, die Einkommensungleichheit in ihrem Land sei zu groß, während 81 % angaben, dass ihre Regierungen dagegen vorgehen sollten.

In der Eurobarometer-Umfrage vom Frühjahr 2021 wurde die Chancengleichheit als zentraler Faktor für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der EU eingestuft.

Dies macht deutlich, dass die Öffentlichkeit die Auswirkungen öffentlicher Maßnahmen auf bestehende Ungleichheiten als ungerecht empfindet, was zu Unzufriedenheit und Misstrauen gegenüber Institutionen und Regierungen führen kann.

Die allgemeine Einkommensungleichheit hat in den Jahren vor der COVID-19-Pandemie leicht abgenommen, ist jedoch im letzten Jahrzehnt unter den ärmeren Bevölkerungsgruppen angestiegen, was Bedenken über die Inklusivität des Wirtschaftswachstums aufkommen lässt.

Zwar wurde erwartet, dass die COVID-19-Krise Haushalte in prekären Situationen unverhältnismäßig stark treffen würde, doch trugen automatische Stabilisatoren und Sofortmaßnahmen dazu bei, einen Anstieg der Einkommensungleichheit zu verhindern.

Politische Lösungsansätze

Das Ziel, Ungleichheiten abzubauen, kommt im dritten Grundsatz der europäischen Säule sozialer Rechte zum Ausdruck, in dem das Recht auf Chancengleichheit für alle verankert ist.

Der Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte umfasst verschiedene Initiativen, die u. a. auf die Verringerung der Ungleichheit abzielen, wie die Richtlinie über angemessene Mindestlöhne, die Empfehlung zum Mindesteinkommen und den Leitfaden für die verstärkte Verwendung von Ex-ante-Bewertungen der Verteilungswirkungen bei Haushaltsprozessen und der Planung von Reformen.

Politische Überwachung und Koordinierung

Der Ausschuss für Sozialschutz befasst sich regelmäßig mit der Bewertung und Beseitigung von Ungleichheiten.

Zudem arbeitet die Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters mit den Mitgliedstaaten daran, Ungleichheiten zu bekämpfen und besser zu überwachen.

Finanzierung

Die Mitgliedstaaten können mit Blick auf die Beseitigung von Ungleichheiten auch EU-Mittel in Anspruch nehmen, insbesondere aus dem Europäischen Sozialfonds Plus und der Aufbau- und Resilienzfazilität.

Messung der Einkommensungleichheit

Die Einkommensungleichheit, insbesondere beim verfügbaren Einkommen, steht im Mittelpunkt der politischen Debatte. Das ist der Aspekt, der am häufigsten mit Ungleichheit in Verbindung gebracht wird.

Die Einkommensungleichheit kann mithilfe verschiedener Indikatoren gemessen werden, die Informationen zur Einkommensverteilung zusammenfassen. Die Einkommensverteilung kann als eine Art Klassifizierung der Bevölkerung nach Einkommen verstanden werden – von den Ärmsten zu den Reichsten.

Folgende Hauptindikatoren werden auf EU-Ebene zur Überwachung von Einkommensungleichheiten verwendet:

Das S80/S20-Einkommensquintilverhältnis bezeichnet das Verhältnis des Anteils der Einkommen der reichsten 20 % (oberstes Quintil) am gesamten Nationaleinkommen zum Anteil der Einkommen der ärmsten 20 % (unterstes Quintil) am gesamten Nationaleinkommen. Es handelt sich hierbei um einen der Leitindikatoren des sozialpolitischen Scoreboards.

Der S40-Indikator gibt den Anteil des Einkommens der ärmsten 40 % am gesamten Nationaleinkommen an. Er steht im Einklang mit der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und dem Ziel für nachhaltige Entwicklung Nr. 10 (weniger Ungleichheiten), worin vorgesehen ist, dass die Länder „nach und nach ein über dem nationalen Durchschnitt liegendes Einkommenswachstum der ärmsten 40 % der Bevölkerung erreichen und aufrechterhalten“ sollten.

Der Gini-Koeffizient – das am weitesten verbreitete Maß für Ungleichheit – zeigt, wie viel Prozent des Nationaleinkommens eines Landes jedes kumulierte Perzentil der Bevölkerung besitzt. Das Ergebnis wird in Form eines Index ausgedrückt. Ein Gini-Koeffizient von 0 bedeutet, dass das Einkommen gleichmäßig auf die einzelnen Personen verteilt ist.  Ein Gini-Koeffizient von 1 bedeutet, das eine Person das gesamte Einkommen erhält.

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