Die modernen Volkswirtschaften können
Wohlstand und Beschäftigung nur mit
hocheffizienten Verkehrsnetzen schaffen. Diese
Feststellung trifft besonders auf Europa zu,wo wir
in unserer Verkehrsinfrastruktur Lücken schließen und
Engpässe beseitigen müssen, um den schnellen und
reibungslosen Waren- und Personenverkehr zwischen den
Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Das transeuropäische
Verkehrsnetz ist ein Schlüsselelement in der neu
aufgelegten Lissabon-Strategie für Wettbewerbsfähigkeit
und Beschäftigung in Europa allein schon aus dem Grund,
wichtige Verkehrsverbindungen zu entlasten und
nachhaltige Verkehrssysteme zu gewährleisten, u. a. durch
technologische Großprojekte.
Die Politik des transeuropäischen Verkehrsnetzes ist nicht
neu – es gibt sie seit dem in den 90er Jahren
unterzeichneten Vertrag von Maastricht. Zehn Jahre später
ist jedoch klar, dass die Ergebnisse hinter den
ursprünglichen Zielen zurückbleiben. Bis 2003 war gerade
einmal ein Drittel des Netzes fertig gestellt, und nur drei
von 14 auf der Tagung des Europäischen Rates in Essen
1994 beschlossenen Projekten wurden vollendet.
Im Hinblick auf das zunehmende Verkehrsaufkommen
zwischen den Mitgliedstaaten, das sich bis 2020
verdoppeln dürfte, beläuft sich der Investitionsbedarf zur
Vollendung und Modernisierung eines echten
transeuropäischen Netzes in einer erweiterten EU auf
ungefähr 600 Mrd. EUR. Angesichts der Größenordnung
dieser Investition ist es für die EU wichtig, diese Projekte
stärker zu bündeln, indem sie sich darauf konzentriert, die
auf nationaler Ebene umgesetzten Vorhaben zu ergänzen,
die selbstverständlich europaweit koordiniert werden
müssen.
Genau dies hat die EU im vergangenen Jahr getan, indem
sie auf der Grundlage von Vorschlägen der Mitgliedstaaten
30 transnationale Verkehrsachsen nach ihrem
europäischen Mehrwert und ihrem Beitrag zur
nachhaltigen Entwicklung des Verkehrs und der
Integration der neuen Mitgliedstaaten benannt hat.
Die EU unterbreitete ferner ein neues Programm zur
Errichtung von „Meeresautobahnen“, die nicht nur die
Anbindung von Ländern in äußerster Randlage
verbessern, sondern vor allem auch eine praktikable und
kostengünstigere Alternative zu neuen Infrastrukturen auf
überlasteten Verkehrskorridoren zu Lande darstellen
könnten. Zum Beispiel würden Seeverbindungen zwischen
Spanien, Frankreich und Italien den Güterverkehr über die
Alpen und über die Pyrenäen verringern.
Das transeuropäische Netz umfasst auch bedeutende
technologische Projekte für die Industrie. „Galileo“, das
europäische System für Satellitennavigation, ist ein
vorrangiges Projekt, das äußerst genaue Navigationsund
Ortungsmöglichkeiten, z. B. für die Streckenplanung,
bietet. Durch die kontinuierliche Bereitstellung von
Informationen über den Warenverkehr wird Galileo
bedeutende Veränderungen für den Güterverkehr
bringen. Ein weiteres wichtiges von Europa entwickeltes
Industrieprojekt, das Europäische Eisenbahnverkehrsleitsystem
(ERTMS), wird an zentralen Stellen des Netzes
installiert werden.
Verkehrsinfrastrukturen sind jedoch, anders als andere
Bereiche, auf öffentliche Finanzierungen, insbesondere aus
den nationalen Haushalten, angewiesen. Der Umfang der
Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur ging in den
meisten Mitgliedstaaten jedoch zurück und entspricht
derzeit weniger als 1 % des Bruttoinlandsprodukts.
VORWORT
D
TEN-V – VORRANGIGE ACHSEN UND PROJEKTE 2005
Verkehrsnetze sind wichtig für Bürger und
Wirtschaft der Europäischen Union.
Da die wichtigsten TEN-V-Projekte nur wirklich
durchführbar sind,wenn sie in einem europäischen
Rahmen entwickelt, finanziert und umgesetzt werden, ist
es unwahrscheinlich, dass die Mitgliedstaaten die größten
vorrangigen Projekte der Union, deren Kosten sich auf 225
Mrd. EUR belaufen, im Alleingang umsetzen könnten.
Die Kommission hat dazu eine Reihe von Lösungen
unterbreitet. In der finanziellen Vorausschau 2007-2013
schlug sie eine deutliche Anhebung des TEN-V-Haushalts
vor, so dass diese Mittel, zusammen mit denen der
Struktur- und des Kohäsionsfonds, als Hebel für die
nationale öffentliche Finanzierung genutzt werden
könnten. Die Kommission schlug überdies vor, einen
größeren Teil dieses Haushalts für grenzüberschreitende
Abschnitte bereitzustellen.
Die Gebühren für die Infrastruktur spielen ebenfalls eine
Rolle bei der Finanzierung des Netzes. Die laufende
Überprüfung der so genannten „Eurovignetten-Richtlinie“,
die einen rechtlichen Rahmen für die Lkw-Maut bietet, fällt
in diesen Bereich. Zusätzliche Benutzungsgebühren für
Straßen in Gebirgsregionen könnten zur Finanzierung
alternativer Infrastrukturen wie des Brenner-Eisenbahntunnels
verwendet werden.
Außerdem müssen neue Methoden gefunden werden,
um private Investitionen für breit angelegte öffentliche
Infrastrukturvorhaben zu gewinnen. Die Kommission hat
ein neues System entworfen, das 2007 betriebsbereit sein
soll, um Darlehensbürgschaften zu vergeben, die
öffentlich-private Partnerschaften für privatwirtschaftliche
Unternehmen attraktiver machen werden.
Ich werde alles unternehmen, damit diese Vorschläge
schnell angenommen werden. Entscheidungen zur
Finanzierung dieser Projekte, insbesondere jene zur
finanziellen Vorausschau,werden dringend benötigt.
Die Mobilisierung der verschiedenen Mittel und
wichtigsten Interessengruppen in den Mitgliedstaaten
erfordert nicht nur einen neuen Ansatz zur Finanzierung,
sondern auch eine neue Methode zur Koordinierung der
politischen und technischen Aspekte des Netzes auf
europäischer Ebene. Sind mehrere Mitgliedstaaten
beteiligt, birgt die Koordinierung der bedeutendsten
Infrastrukturprojekte größere Schwierigkeiten. Die
möglichen Erträge aus Investitionen in eine Verkehrsachse
hängen von der Vollendung der grenzüberschreitenden
Abschnitte ab. Um einen kohärenten Rahmen für
Investitionen zu fördern, ernannte die Kommission
am 20. Juli auf mein Ersuchen sechs herausragende
Persönlichkeiten als europäische Koordinatoren. Sie
werden zudem als ein beratendes Organ für die
Projektfinanzierung auftreten.
Darüber hinaus bin ich überzeugt, dass die in dieser
Broschüre vorgestellten Netze an den EU-Grenzen nicht
Halt machen können. Deshalb habe ich meine Vorgängerin
Loyola de Palacio als Vorsitzende einer neuen,
hochrangigen Gruppe für die Erweiterungen auf die
Nachbarländer, besonders im Süden und Osten der EU
ernannt.
In dieser Broschüre werden alle bedeutenden
Verkehrsachsen und vorrangigen Projekte vorgestellt.
Dabei sollen Umfang und Ziele der Netze erläutert werden.
Ich bin sicher, dass Sie bei der Lektüre dieser Broschüre
unserem Ziel einer größeren, europaweiten Mobilität
zustimmen werden. Raumplanung ist keine unbedeutende
Angelegenheit. Sie ist eine wichtige Aufgabe, sowohl für
die Wettbewerbsstellung Europas als auch für die
Lebensqualität der europäischen Bürger – für mich ein
triftiger Grund, die Herausforderung anzunehmen, das
transeuropäische Verkehrsnetz zu vollenden.
Jacques Barrot
Vizepräsident der Kommission und für den Verkehr
zuständiges Kommissionsmitglied
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