Archive:Gesundheitsstatistiken – Einführung
- Letzte Textaktualisierung: Mai 2017. Die deutsche Sprachversion dieses Artikels wurde im September 2018 archiviert.
For a more recent article covering its topic see Health statistics introduced (auf Englisch).
Gesundheit hat für die Menschen in Europa einen hohen Stellenwert. Sie erwarten ein langes, gesundes Leben, Schutz vor Krankheiten und Unfällen sowie eine angemessene Gesundheitsversorgung. Gesundheitsaspekte betreffen viele verschiedene Bereiche, z. B. den Verbraucherschutz (Fragen der Lebensmittelsicherheit), Sicherheit am Arbeitsplatz und umwelt- oder sozialpolitische Maßnahmen. Daher fällt die Gesundheitspolitik der Europäischen Union (EU) grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und der Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration.
Zuständig für die Organisation und die Bereitstellung von Gesundheitsleistungen und Gesundheitsversorgung sind in erster Linie die EU-Mitgliedstaaten. Aufgabe der EU ist es, nationale Gesundheitsmaßnahmen zu ergänzen. Dabei geht es vor allem um den Schutz der Menschen vor Gesundheitsrisiken und Krankheit, die Förderung einer gesunden Lebensführung und Unterstützung der Zusammenarbeit der nationalen Behörden in Gesundheitsfragen.
EU-Maßnahmen im Bereich Gesundheit
Ein erstes Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich öffentliche Gesundheit umfasste den Zeitraum 2003 bis 2008. Im Oktober 2007 verabschiedete die Europäische Kommission ein zweites Programm mit dem Titel „Gemeinsam für die Gesundheit: Ein strategischer Ansatz der EU für 2008-2013“ (KOM(2007) 630 endgültig). Im März 2014 wurde das dritte mehrjährige Aktionsprogramm der Union im Bereich Gesundheit (2014-2020) (Verordnung (EU) Nr. 282/2014) mit dem Titel „Gesundheit für Wachstum“ verabschiedet. In diesem neuen Programm wird der Zusammenhang zwischen Gesundheit und wirtschaftlichem Wohlstand betont, denn die Gesundheit des Einzelnen hat direkte Auswirkungen auf die Produktivität, das Arbeitskräfteangebot und das Humankapital und damit auf die Wirtschaftsleistung. Im Programm sind Haushaltsmittel von fast 450 Mio. EUR über einen Zeitraum von sieben Jahren in Form von Finanzhilfen und öffentlichen Aufträgen vorgesehen. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei:
- der demografischen Entwicklung, die eine Herausforderung im Hinblick auf die Belastbarkeit der Gesundheitssysteme darstellt;
- der zunehmenden gesundheitlichen Ungleichheit zwischen den EU-Mitgliedstaaten;
- der Prävalenz chronischer Krankheiten und
- der unsicheren wirtschaftlichen Erholung, die nur begrenzte Investitionen in das Gesundheitswesen erlaubt.
Das dritte EU-Gesundheitsprogramm zielt darauf ab:
- nachhaltigere Gesundheitsleistungen anzubieten und Innovationen im Gesundheitswesen zu fördern;
- die öffentliche Gesundheit zu fördern, Krankheiten vorzubeugen und die Voraussetzungen für eine gesunde Lebensführung zu schaffen;
- die Bevölkerung der EU vor grenzübergreifenden Gesundheitsbedrohungen (wie Grippeepidemien) zu schützen;
- einen Beitrag zu innovativen, effizienten und belastbaren Gesundheitssystemen zu leisten;
- den Zugang zu einer besseren und sichereren Gesundheitsversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger der EU zu erleichtern.
Die Gesundheit der Bevölkerung wirkt sich auf die Produktivität, das Arbeitskräfteangebot, das Humankapital und die öffentlichen Ausgaben und damit auf die Wirtschaft eines Landes aus. Gesundheit ist nicht nur ein Wert an sich, sondern auch eine Voraussetzung für wirtschaftlichen Wohlstand. Dies wurde auch im Arbeitspapier der Europäischen Kommission mit dem Titel „Investing in health“ (SWD(2013) 43 final) (auf Englisch) bestätigt. Nach der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise bestand für viele EU-Mitgliedstaaten und ihre Gesundheitssysteme eine der Herausforderungen darin, angesichts der knappen Haushaltsmittel und der damit einhergehenden Reformen eine wirksame und belastbare Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. In einer Mitteilung der Europäischen Kommission vom April 2014 „zu wirksamen, zugänglichen und belastbaren Gesundheitssystemen“ (COM(2014) 215 final) wurden drei Maßnahmen angekündigt: die Stärkung der Wirksamkeit von Gesundheitssystemen, um positive Ergebnisse im Gesundheitsbereich zu erzielen (d. h. die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern), die Verbesserung der Zugänglichkeit der Gesundheitsversorgung (Zugang zu medizinischer Versorgung und einer angemessenen Gesundheitsversorgung, in der nicht Teile der Bevölkerung von Gesundheitsleistungen ausgeschlossen werden) und die Verbesserung der Belastbarkeit von Gesundheitssystemen (finanzielle Tragfähigkeit, Anpassung an sich ändernde Gegebenheiten und innovative Lösungen, um große Herausforderungen mit begrenzten Ressourcen zu meistern).
Danach hat die Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit einen strategischen Plan für den Zeitraum 2016-2020 (auf Englisch) vorgelegt, mit dem mehrere Herausforderungen in Angriff genommen werden sollen:
- größere Kostenwirksamkeit durch effiziente Ausgaben im Gesundheitssektor zur Förderung des Wirtschaftswachstums mittels intelligenter Investitionen beispielsweise in belastbare Gesundheitssysteme, Gesundheitskampagnen oder die allgemeine Gesundheitsversorgung zum Abbau von Ungleichheiten und Bekämpfung sozialer Ausgrenzung;
- Gewährleistung hoher Sicherheitsstandards bei gleichzeitiger Schaffung flexibler Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit;
- Vorgehen gegen globale Herausforderungen, die Gesundheitsaspekte betreffen können (z. B. Klimawandel, Globalisierung sowie Human-, Tier- und Pflanzenkrankheiten);
- Unterstützung einer evidenzbasierten Politik.
Um die EU-Mitgliedstaaten in ihren politischen Entscheidungen besser zu unterstützen und die Analysemöglichkeiten zu erweitern, hat die EU international anerkannte Fachleute zu einer auf zwei Jahre angelegten Untersuchung zusammengebracht mit dem Ziel, eine Beurteilung der Fortschritte zu wirksamen, zugänglichen und belastbaren Gesundheitssystemen in der EU vorzunehmen. In dem Bericht „Health at a Glance: Europe 2016“ (OECD und Europäische Kommission, 2016) (auf Englisch) werden der Gesundheitszustand der Menschen in der EU und die Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme dargestellt und verglichen. Im November 2017 sollen kurze Länderprofile folgen, in denen die Besonderheiten und Herausforderungen jedes einzelnen Mitgliedstaates erläutert werden, ergänzt durch ein Papier der Europäischen Kommission, in dem die gesamtpolitischen Auswirkungen der Ergebnisse erörtert werden, wobei es besonders auf die Bereiche ankommt, in denen gegenseitiges Lernen möglich ist und ein Mehrwert entstehen kann.
Das dritte Aktionsprogramm zur Gesundheit in der EU wird ergänzt durch Forschungsrahmenprogramme (etwa zur Förderung von Initiativen auf dem Gebiet der Biotechnologie) oder Kohäsionsfondsmittel (beispielsweise für Investitionen in die Gesundheitsinfrastruktur, in elektronische Gesundheitsleistungen oder Initiativen für aktives Altern).
Gesundheitsversorgung und Fachkräfte im Gesundheitswesen
Die Alterung der Bevölkerung wird auch in den nächsten Jahrzehnten eine Herausforderung für den Gesundheitssektor in der EU darstellen. Infolge der Alterung der Bevölkerung wird mit einem dramatischen Anstieg des Bedarfs an Gesundheitsleistungen gerechnet. Der Anteil der Erwerbstätigen wird dagegen stagnieren und in manchen Mitgliedstaaten auch zurückgehen. Dadurch könnte es in einigen medizinischen Fachbereichen oder Regionen zu Personalknappheit kommen. Im Jahr 2014 waren mehr als ein Drittel aller Ärzte in der EU 55 Jahre oder älter.
Ein Aktionsplan für Arbeitskräfte des Gesundheitswesens in der EU (auf Englisch) SWD(2012) 93 final) soll die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, diese Herausforderung im Gesundheitswesen anzugehen, und zwar durch bessere Planung und Bedarfsprognosen für den Arbeitskräftebedarf im Gesundheitswesen, durch vorgreifende Planung des künftigen Qualifikationsbedarfs, durch bessere Einstellung und Bindung von Arbeitskräften im Gesundheitswesen und durch eine Minderung der negativen Auswirkungen von Migration auf die Gesundheitssysteme. Der Aktionsplan ist Teil der umfassenderen Strategie „Einen arbeitsplatzintensiven Aufschwung gestalten“ (COM(2012) 173 final).
Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
In Bezug auf Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sieht der Vertrag über die Funktionsweise der Europäischen Union vor, dass die Union die Tätigkeit der Mitgliedstaaten u. a. bei der „Verbesserung insbesondere der Arbeitsumwelt zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer“ „unterstützt und ergänzt“. Die politische Agenda der Europäischen Kommission wird in der Mitteilung über einen „strategischen Rahmen der EU für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2014-2020“ (COM(2014) 332 final) erläutert. Darin werden drei wichtige Herausforderungen genannt: bessere Umsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften im Bereich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Verbesserung der Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen durch die Bekämpfung neuer und aufkommender Risiken, ohne die bestehenden Risiken zu vernachlässigen, sowie die Berücksichtigung der Alterung der Erwerbsbevölkerung in der EU.
Maßnahmen im Bereich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz werden gemäß dem Abschnitt Arbeitsbedingungen (Rechte am Arbeitsplatz) des Unterprogramms PROGRESS des EU-Programms für Beschäftigung und soziale Innovation (EaSI) gefördert. Das EaSI ist ein Finanzinstrument, mit dessen Unterstützung hochwertige und nachhaltige Beschäftigung, ein angemessener und fairer Sozialschutz, die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen gefördert werden sollen. Für den Zeitraum 2014-2020 wird das EaSI-Unterprogramm PROGRESS mit rund 500 Mio. EUR ausgestattet.
Statistiken über öffentliche Gesundheit und über Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
Die EU erfasst statistische Informationen, um Gesundheitsaspekte zu bewerten und um Maßnahmen wirksam zu gestalten und künftige Aktionen vorzubereiten. Diese Informationen müssen auf gemeinsamen Gesundheitsindikatoren basieren, über deren Definition, Erfassung und Verwendung ein europaweiter Konsens besteht. Dazu gehören die europäischen Gesundheitsindikatoren (ECHI) und Indikatoren für nachhaltige Entwicklung (INE).
Im Dezember 2008 erließen das Europäische Parlament und der Rat die Verordnung (EG) Nr. 1338/2008 zu Gemeinschaftsstatistiken über öffentliche Gesundheit und über Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz. Mit dieser Verordnung soll sichergestellt werden, dass die Gesundheitsstatistiken zu allen EU-Mitgliedstaaten die Daten liefern, die zur Überwachung von Maßnahmen der EU im Bereich der öffentlichen Gesundheit und von Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz erforderlich sind. Die Verordnung nennt fünf statistische Bereiche: Gesundheitszustand und Gesundheitsdeterminanten, Gesundheitsversorgung, Todesursachen, Arbeitsunfälle sowie Berufskrankheiten und andere arbeitsbedingte Gesundheitsschäden und Erkrankungen. In der Folge wurden mehrere Kommissionsverordnungen verabschiedet, in denen im Einzelnen geregelt ist, welche Variablen, Untergliederungen und Metadaten von den EU-Mitgliedstaaten zu liefern sind:
- Verordnung (EU) Nr. 328/2011 betreffend Statistiken über Todesursachen;
- Verordnung (EU) Nr. 349/2011 betreffend Statistiken über Arbeitsunfälle;
- Verordnung (EU) Nr. 141/2013 über die Durchführung der Europäischen Gesundheitsumfrage;
- Verordnung (EU) 2015/359 in Bezug auf Statistiken über die Kosten der Gesundheitsversorgung und ihre Finanzierung.
Die europäischen Gesundheitsstatistiken basieren auf zwei Quellen: Verwaltungsdaten und Erhebungen. Verwaltungsdaten bilden die Grundlage für wichtige Datensammlungen, u. a. über personelle und technische Ressourcen und Aktivitäten, Gesundheitsausgaben, Todesursachen und Arbeitsunfälle. Diese Daten geben daher bis zu einem gewissen Grad Auskunft über länderspezifische Formen der Organisation der Gesundheitsversorgung, und sie sind sicherlich nicht immer vollständig vergleichbar. Die allgemeinen Bevölkerungserhebungen in der Gesundheitsstatistik umfassen das europäische Mindestmodul zur Gesundheit, das in die jährliche Erhebung zur EU-Statistik über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) integriert wurde, die fünfjährliche Europäische Gesundheitsumfrage (EHIS) (auf Englisch) sowie spezifische Ad-hoc-Module der Arbeitskräfteerhebung (AKE), beispielsweise die Module der Jahre 1999, 2007 und 2013 über Arbeitsunfälle und andere arbeitsbedingte Gesundheitsschäden oder die Module von 2002 und 2011 zur Beschäftigung behinderter Personen.
Siehe auch
- Alle Artikel zum Thema Gesundheit
- Health in the European Union — facts and figures — Online-Veröffentlichung (auf Englisch)
- Disability statistics — Online-Veröffentlichung (auf Englisch)
Weitere Informationen von Eurostat
Veröffentlichungen
- European social statistics — 2013 edition (auf Englisch)
Haupttabellen
- Gesundheitszustand (t_hlth_state)
- Gesundheitswesen (t_hlth_care)
- Todesursachen (t_hlth_cdeath)
Datenbank
- Gesundheitszustand und Gesundheitsfaktoren (hlth_state) und (hlth_det)
- Gesundheitswesen (hlth_care)
- Behinderungen (hlth_dsb)
- Todesursachen (hlth_cdeath)
- Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz (hsw)
Spezieller Bereich
Methodik / Metadaten
- A System of Health Accounts — 2011 edition (auf Englisch)
- European Health Interview Survey (EHIS wave 2) — Methodological manual — 2013 edition (auf Englisch)
- Europäische Statistik über Arbeitsunfälle (ESAW) — Zusammenfassende Methodik — Ausgabe 2013
- Morbidity statistics in the EU — Report on pilot studies — 2014 edition (auf Englisch)
- Revision of the European Standard Population — Report of Eurostat's task force — 2013 edition (auf Englisch)
Weitere Informationen
Weblinks
- Europäische Kommission — Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit — Gesundheitswesen
- Europäische Kommission — Beschäftigung, Soziales und Integration — Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
- OECD — Health policies and data (auf Englisch)
- World Health Organisation (WHO) — Health systems (auf Englisch)
- International Labour Organisation — Safety and health at work