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Archive:Stromerzeugung, Stromverbrauch und Marktüberblick

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Datenauszug vom Juni 2017. Neueste Daten: Weitere Informationen von Eurostat, Haupttabellen und Datenbank. Aktualisierung des Artikels geplant: September 2018.
Abbildung 1: Nettostromerzeugung, EU-28, 1990-2015
(in Mio. GWh)
Quelle: Eurostat (nrg_105a)
Abbildung 2: Veränderung der Nettostromerzeugung, 2005-2015
(in %, basierend auf GWh)
Quelle: Eurostat (nrg_105a)
Abbildung 3: Nettostromerzeugung, EU-28, 2015
(in % der Gesamterzeugung, basierend auf GWh)
Quelle: Eurostat (nrg_105a)
Abbildung 4: Stromverbrauch der privaten Haushalte, 2015
(2005=100)
Quelle: Eurostat (tsdpc310)
Abbildung 5: Anteil des größten Erzeugers am Strommarkt, 2005 und 2015
(in % der Gesamterzeugung)
Quelle: Eurostat (nrg_ind_331a)

Dieser Artikel gibt einen Überblick über den Strommarkt in der Europäischen Union (EU) mit einer Analyse der Stromerzeugung nach verschiedenen Energiequellen. Er enthält Angaben zum Stromverbrauch der privaten Haushalte und Statistiken zum Grad der Liberalisierung (gemessen am Marktanteil des größten Stromerzeugers) der Strommärkte.

Wichtigste statistische Ergebnisse

Stromerzeugung

Die Nettostromerzeugung in der EU-28 belief sich 2015 auf insgesamt 3,07 Mio. Gigawattstunden (GWh); sie lag damit 1,3 % über dem Vorjahreswert, nachdem die Entwicklung zuvor über vier Jahre in Folge rückläufig gewesen war (siehe Abbildung 1). Damit blieb die Nettostromerzeugung in der EU-28 im Jahr 2015 4,5 % unter dem 2008 erreichten Höchstwert von 3,22 Mio. GWh.

Den höchsten Anteil an der Nettostromerzeugung der EU-Mitgliedstaaten 2015 hatte Deutschland mit 19,9 %, knapp vor Frankreich (17,7 %). Von den anderen EU-Mitgliedstaaten wies nur noch das Vereinigte Königreich einen Anteil in zweistelliger Höhe auf (10,5 %).

Im Zeitraum 2005 bis 2015 war in der EU-28 ein allgemeiner Rückgang der Nettostromerzeugung von 2,6 % zu beobachten (siehe Abbildung 2). Die gleiche Entwicklung verzeichneten auch 16 der 28 EU-Mitgliedstaaten. Am stärksten fiel der Rückgang in Litauen (-65,6 %), Malta (-41,4 %) und Luxemburg (-33,5 %) aus, aber auch Dänemark, Belgien, die Slowakei, Ungarn, das Vereinigte Königreich, Griechenland und Kroatien verzeichneten Rückgänge in zweistelliger Höhe. Dagegen meldeten von den 12 EU-Mitgliedstaaten, in denen die Stromerzeugung 2015 höher ausfiel als 2005, Rumänien, Bulgarien, Irland, Portugal und Lettland Zuwächse in zweistelliger Höhe.

Veränderungen in der Stromerzeugung lassen nicht zwangsläufig auf einen veränderten Stromverbrauch schließen. Sie können auch durch eine Umstellung auf andere Energieträger und durch veränderte Stromein- und -ausfuhren bedingt sein. So hat beispielsweise die Stilllegung von Litauens einzigem Kernkraftwerk zu einem starken Rückgang der Stromerzeugung und gleichzeitig zu einem starken Anstieg in Lettland beigetragen, das zum Ausgleich für die zuvor aus Litauen importierten Strommengen angefangen hat, selbst mehr Strom zu erzeugen. In Malta ging die Stromerzeugung durch die Schließung eines Kraftwerks zurück; in der Folge nahmen die Stromimporte aus Italien zu. Auch Luxemburg hat seine Energieeinfuhren gesteigert.

Von 2014 auf 2015 wurde der stärkste jährliche Anstieg der Stromerzeugung in Litauen (12,8 %), Irland (9,1 %), Lettland (7,6 %), den Niederlanden (6,4 %) und Schweden (6,0 %) registriert. Von den 11 EU-Mitgliedstaaten, deren Stromerzeugung 2015 zurückgegangen ist, verzeichneten Malta (-42,0 %), Estland (-17,7 %), Kroatien (-16,5 %) und Slowenien (-13,9 %) die stärksten Rückgänge.

Knapp die Hälfte (48,1 %) der Nettostromerzeugung in der EU-28 stammte 2015 aus Brennstoffen (Erdgas, Kohle und Öl) und gut ein Viertel (26,4 %) aus Kernkraftwerken. Bei den erneuerbaren Energiequellen (siehe Abbildung 3) entfiel 2015 der größte Anteil der Nettostromerzeugung auf Wasserkraft (11,9 %), gefolgt von Windkraft (9,7 %) und Solarenergie (3,5 %).

Der Anteil erneuerbarer Energiequellen an der Nettostromerzeugung in der EU-28 stieg im Zeitraum 2005 bis 2015 von 13,3 % auf 25,3 %, während bei den Brennstoffen ein verhältnismäßig starker Rückgang von 56,4 % auf 48,1 % und bei der Kernenergie ein Rückgang von 30,0 % auf 26,4 % zu verzeichnen war. Bei den erneuerbaren Energiequellen ist der Anteil der Nettostromerzeugung aus Solar- und Windenergie erheblich gestiegen. Der Anteil der Solarenergie stieg von unter 0,1 % (2005) auf 3,5 % (2015) und der Anteil der Windenergie von 2,2 % (2005) auf 9,7 % (2015).

Stromverbrauch der privaten Haushalte

In den zehn Jahren von 2005 bis 2015 ging der Stromverbrauch der privaten Haushalte in der EU-28 um insgesamt 0,9 % zurück (siehe Abbildung 4). Die Werte für den Gesamtstromverbrauch privater Haushalte sind teilweise auf die durchschnittliche Zahl der Haushaltsmitglieder und die Gesamtzahl der Haushalte zurückzuführen, die beide mit der demografischen Entwicklung zusammenhängen. Die Verbreitung elektrischer Haushaltsgeräte und Gebrauchsgüter sowie die Nutzung energiesparender Geräte spielen ebenfalls eine Rolle.

Sehr viel schneller als im Durchschnitt der EU-28 ging der Stromverbrauch der Haushalte zwischen 2005 und 2015 in Belgien (um 27,6 %) zurück. Dagegen betrug der Rückgang im Vereinigten Königreich 14,0 % und in Portugal und Deutschland knapp unter 10 %. In den meisten (18) EU-Mitgliedstaaten ist der Stromverbrauch der privaten Haushalte gestiegen, in der Regel aber um weniger als 10,0 %. Von den sieben Mitgliedstaaten mit einem stärkeren Anstieg des Stromverbrauchs verzeichneten Rumänien (31,0 %), Litauen (23,0 %) und Bulgarien (17,7 %) die höchsten Zuwächse.

Marktanteile

Der Marktanteil des größten Stromerzeugers eines Landes ist ein Maß für den Grad der Liberalisierung des Strommarktes (siehe Abbildung 5). In den beiden kleinen Inselstaaten Zypern und Malta bestand sowohl 2005 als auch 2015 ein vollständiges Monopol. Hier wurden 100 % des Stroms vom größten (und einzigen) Erzeuger geliefert. In fünf weiteren Mitgliedstaaten – Frankreich, Estland, Kroatien, der Slowakei und Griechenland – betrug der entsprechende Marktanteil mindestens 70 %. In der Hälfte der 26 Mitgliedstaaten, für die Daten vorliegen (keine Daten für Bulgarien und die Niederlande), stammten weniger als 50 % des gesamten Stroms vom größten Erzeuger. Am niedrigsten war dieser Anteil in Polen (17,4 %).

Eine Analyse der Entwicklungen zwischen 2005 und 2015 zeigt, dass sich in den meisten (16) der 24 EU-Mitgliedstaaten, für die Daten vorliegen (keine Daten für Bulgarien und die Niederlande, unvollständige Daten für Luxemburg und Österreich), der Marktanteil des jeweils größten Stromerzeugers verringerte. Am schnellsten vollzog sich diese Entwicklung in Litauen, Belgien, Lettland und Griechenland, wo der jeweils größte Erzeuger mindestens ein Viertel seines Marktanteils einbüßte. In drei Mitgliedstaaten (Dänemark, Zypern und Malta) blieb der Marktanteil des größten Erzeugers unverändert, während sich in fünf Mitgliedstaaten – Deutschland, Slowenien, Finnland, dem Vereinigten Königreich (2005-2013) und Ungarn – der Anteil des größten Stromerzeugers sogar noch vergrößerte. In drei dieser fünf Mitgliedstaaten blieb der Anteil des größten Erzeugers 2005-2015 weitgehend stabil (in Deutschland betrug er um die 30 %, in Slowenien durchweg knapp über 50 % und in Finnland 25 %), während er in Ungarn von 38,7 % auf 53,1 % stieg. Im Vereinigten Königreich schwankte der Anteil infolge von Zusammenschlüssen und Abspaltungen, die sich in den Zahlen widerspiegeln: 2008 betrug der Anteil 15,3 %, 2012 waren es 51,7 % und 2013 29,3 %.


Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Strom wird als primäres oder sekundäres Produkt in Kraftwerken erzeugt. Die Gesamtmenge des erzeugten Stroms wird als Bruttostromerzeugung bezeichnet. Einen Teil des Stroms verbrauchen die Kraftwerke für den Eigenbedarf (in Hilfsaggregaten und Transformatoren). Durch Abzug dieser Menge von der Bruttoerzeugung erhält man die Nettostromerzeugung. Die Nettomenge wird über nationale Übertragungs- und Verteilungsnetze zu den Endverbrauchern geleitet, in Elektrokesseln oder Wärmepumpen in Wärme umgewandelt, in Pumpspeicherwerken gespeichert und teilweise auch gehandelt (aus- oder eingeführt).

Der Endstromverbrauch umfasst den an die Endverbraucher (Industrie, Verkehr, private Haushalte und andere Sektoren) gelieferten Strom. Nicht darin enthalten sind die zur Umwandlung und/oder für den Eigenverbrauch der Endenergieerzeuger gelieferten Mengen und Netzverluste.

Der Marktanteil der Stromerzeuger entspricht ihrer Nettostromerzeugung; der von ihnen selbst verbrauchte Strom wird also nicht berücksichtigt.

Kontext

Seit Juli 2004 können Kleinbetriebe in der EU ihre Gas- und Stromlieferanten frei wählen. Im Juli 2007 wurde dieses Recht auf alle Verbraucher ausgeweitet. In allen EU-Mitgliedstaaten wurden unabhängige nationale Regulierungsbehörden eingerichtet, um ein ordnungsgemäßes Geschäftsgebaren der Lieferanten und Netzbetreiber zu gewährleisten. Nachdem jedoch Mängel bei der Öffnung der Märkte festgestellt worden waren, wurde beschlossen, ein drittes Legislativpaket mit Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die sicherstellen sollen, dass alle Nutzer von einem Energiemarkt profitieren können, in dem echter Wettbewerb herrscht.

Im September 2007 legte die Europäische Kommission ihr drittes Legislativpaket zur Liberalisierung der Energiemärkte vor. 2009 wurden mehrere dieser Vorschläge vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen:

  • Verordnung (EG) Nr. 713/2009 vom 13. Juli 2009 zur Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden;
  • Verordnung (EG) Nr. 714/2009 vom 13. Juli 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003;
  • Richtlinie 2009/72/EG vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG. Seit März 2011 werden diese Richtlinie und andere mit dem dritten Legislativpaket zusammenhängende Richtlinien in nationales Recht umgesetzt.

Am 17. November 2010 legte die Europäische Kommission die Mitteilung „Energieinfrastrukturprioritäten bis 2020 und danach – ein Konzept für ein integriertes europäisches Energienetz“ (KOM(2010) 677 endg.) vor, in der vorrangige Korridore für Strom, Gas und Öl beschrieben werden. Die entsprechende Rechtsgrundlage wurde im April 2013 mit der Verordnung (EU) Nr. 347/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur geschaffen. Auf dieser Grundlage nahm die Europäische Kommission im Oktober 2013 eine Liste mit 248 zentralen Energieinfrastrukturprojekten, sogenannten Vorhaben von gemeinsamem Interesse (PCI), an. Ziel ist es, Planungsverfahren zu beschleunigen und effizienter zu gestalten, die Regulierung zu verbessern und gegebenenfalls finanzielle Unterstützung im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) zu gewähren. Die Liste umfasst Projekte, die für mindestens zwei Mitgliedstaaten erhebliche Vorteile mit sich bringen, zur Marktintegration und zum Wettbewerb beitragen, die Versorgungssicherheit verbessern und die CO2-Emissionen verringern sollen.

Die Verbesserung der Infrastruktur ist auch Gegenstand der Mitteilung über die Strategie für eine sichere europäische Energieversorgung (COM(2014) 330 final). Darin werden fünf Aktionsbereiche genannt, darunter die Vollendung des Energiebinnenmarktes und die Schließung von Lücken in der Infrastruktur. Weitere Informationen dazu enthält der Artikel „Energie – Einführung“.

Angesichts einer zunehmenden Abhängigkeit von Primärenergieeinfuhren, steigender Öl- und Gaspreise und der Verpflichtung zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen ist die Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung wieder stärker ins Blickfeld gerückt, doch es gibt auch Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Kernenergie und des Abfallaufkommens aus Kernkraftwerken. Die Nuklearkatastrophe von Fukushima Daiichi, die durch das schwere Erdbeben im Osten Japans (Region Tōhoku) und den anschließenden Tsunami im März 2011 ausgelöst wurde, hat erneut die Sicherheitsfrage aufgeworfen. Während einige EU-Mitgliedstaaten bestehende Reaktoren weiterbetreiben oder an ihren Plänen zum Bau neuer Kernkraftwerke festhalten, haben andere beschlossen, ihre Politik hinsichtlich bestehender Anlagen zu überprüfen und in einigen Fällen auch zu ändern oder vom Bau geplanter Kernkraftwerke abzusehen. Nach dem Unfall in Fukushima wurde die (Richtlinie 2009/71/Euratom des Rates) als Rechts- und Regulierungsrahmen für die Sicherheit von Kernkraftwerken überarbeitet. Zur Änderung dieser Richtlinie wurde im Juli 2014 die (Richtlinie des Rates 2014/87/Euratom) verabschiedet. Sie sieht unter anderem eine Stärkung der Rolle und der Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden, ein europäisches Peer-Review-System für kerntechnische Anlagen, verbesserte Transparenz im Bereich der nuklearen Sicherheit sowie regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen der Anlagen und neue Bestimmungen für die anlageninterne Notfallvorsorge und -reaktion vor.

Siehe auch

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Haupttabellen

Energiestatistik – Hauptindikatoren (t_nrg_indic)
Energiestatistik – Mengen (t_nrg_quant)
Energiestatistik – Preise (t_nrg_price)

Datenbank

Energiestatistik – Mengen, jährliche Daten (nrg_quant)
Energiestatistik – Marktindikatoren – Erdgas und Strom (nrg_market)

Spezieller Bereich

Methodik / Metadaten

Quelldaten für die Tabellen und Abbildungen (MS Excel)

Weitere Informationen

Weblinks