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Wirtschafts- und Finanzstatistiken - Einleitung

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Letzte Textaktualisierung: Juli 2016. Aktualisierung des Artikels geplant: Oktober 2017.

Die Tätigkeit der Europäischen Union (EU) erstreckt sich auf ein breites Spektrum von Politikfeldern, von denen jedoch die Wirtschaftspolitik seit jeher eine vorrangige Rolle gespielt hat. Ausgehend von dem eher begrenzten Schwerpunkt, der vor mehr als 50 Jahren auf der Einführung gemeinsamer politischer Strategien für Kohle und Stahl, Kernenergie und Landwirtschaft sowie auf der Errichtung einer Zollunion lag, wurde die europäische Wirtschaftspolitik schrittweise auf eine Vielzahl von Bereichen ausgedehnt.

Zur Unterstützung dieser politischen Entwicklungen ist ein breites Spektrum an Konjunktur- und Strukturindikatoren erforderlich. Für eine Analyse der wirtschaftlichen Situation können Eurostat-Daten aus unterschiedlichen Quellen herangezogen werden, beispielsweise Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Statistiken der öffentlichen Finanzen, Wechselkurse und Zinssätze, Verbraucherpreise sowie Zahlungsbilanzen. Diese Indikatoren werden auch zur Konzipierung, Umsetzung und Überwachung der Politikbereiche der EU herangezogen.

Binnenmarkt

Der europäische Binnenmarkt hat seit Ende 1992 viel dazu beigetragen, dass der Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr innerhalb der EU so ungehindert stattfinden kann wie innerhalb eines Landes. Der Beginn der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) im Jahr 1999 war ein weiterer Impuls für die Wirtschafts- und Marktintegration. Der Euro hat sich zu einem Symbol für Europa entwickelt, und die Zahl der Länder, die den Euro eingeführt haben ist bis 2015 von ursprünglich 11 auf 19 gestiegen.

Im April 2011, kurz vor dem zwanzigsten Jahrestag der Einführung des Binnenmarkts, veröffentlichte die Europäische Kommission eine Mitteilung mit dem Titel „Binnenmarktakte — Zwölf Hebel zur Förderung von Wachstum und Vertrauen“ (KOM(2011) 206 endg.), die auf eine Verbesserung des Binnenmarkts für Unternehmen, Arbeitnehmer und Verbraucher zielte. Im Oktober 2012 untermauerte die Europäische Kommission diese Bemühungen durch eine weitere Mitteilung mit dem Titel „Binnenmarktakte II — Gemeinsam für neues Wachstum“ (COM(2012) 573 final). Aufbauend auf der ersten Binnenmarktakte werden in der zweiten Mitteilung vier Bereiche festgelegt, in denen Leitaktionen durchgeführt werden sollen:

  • Aufbau vollständig integrierter Netze im Binnenmarkt (z. B. Verkehrs- und Energienetze)
  • Förderung der grenzüberschreitenden Mobilität von Bürgern und Unternehmen
  • Unterstützung der digitalen Wirtschaft in ganz Europa zur Erhöhung von Produktivität und Kreativität
  • Stärkung des sozialen Unternehmertums, des Zusammenhalts und des Verbrauchervertrauens

Europa 2020

Die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts ist ein vorrangiges Ziel der europäischen Politik. Im März 2010 leitete die Europäische Kommission die Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum ein. Ihr Ziel ist es, die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise des Jahres 2008 zu überwinden und die europäische Wirtschaft auf das kommende Jahrzehnt vorzubereiten. Im Rahmen dieser neuen Strategie wurden die integrierten Leitlinien für die Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik überarbeitet.

Straffere Wirtschaftsagenda

Um der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise zu begegnen, wurden neben Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsystems und der Wirtschaft auch eine straffere Wirtschaftsagenda mit engerer Überwachung durch die EU eingeleitet, und man einigte sich auf ein breites Spektrum politischer Prioritäten und Ziele als Teil der Strategie Europa 2020. Im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts kam eine engere Überwachung der Wirtschafts- und Haushaltspolitik durch die EU zum Tragen, während gleichzeitig neue Instrumente zur Bewältigung makroökonomischer Ungleichgewichte und eine neue Arbeitsmethode – das Europäische Semester — eingeführt wurden, mit der in jedem Jahr zur gleichen Zeit Diskussionen über wirtschaftliche und haushaltsbezogene Prioritäten vorangebracht werden sollen. Im Rahmen dieser Vorgehensweise veröffentlicht die Europäische Kommission einen „Jahreswachstumsbericht“, in dem sie die übergeordneten wirtschaftlichen Schwerpunkte der EU für das kommende Jahr darlegt.

Im Oktober 2011 verabschiedete der Rat ein Paket zur wirtschaftspolitischen Steuerung der EU mit sechs neuen Rechtsakten (auf Englisch), die Mitte Dezember 2011 in Kraft traten. Dabei erhält der Schuldenabbau stärkeres Gewicht, es werden Mindeststandards für nationale Haushaltsrahmen festgelegt, und es wird ein neues Verfahren zur Verhinderung und zur Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte eingeführt, wozu auch ein Anzeiger mit Wirtschafts- und Finanzindikatoren gehört, den die Europäische Kommission überwachen wird. Diesen Rechtsakten folgten im Mai 2013 zwei Verordnungen, mit denen die wirtschaftliche Integration und Konvergenz der Euro-Länder weiter vorangetrieben werden soll:

  • Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates bezieht sich auf die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und steht in Verbindung mit dem Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (auf Englisch);
  • Verordnung (EU) Nr. 472/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates fördert den Ausbau der wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachung von Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet, die von gravierenden Schwierigkeiten in Bezug auf ihre finanzielle Stabilität betroffen oder bedroht sind.

Durch diese Verordnungen wird ein Rahmen geschaffen, der sich auf ein abgestuftes Vorgehen stützt und geeignete Überwachungsanforderungen für eine Vielzahl unterschiedlicher Haushaltssituationen einführt, damit die bestehende Überwachung der Haushaltsdisziplin nahtlos fortgesetzt werden kann.

Im Januar 2015 verabschiedete die Europäische Kommission eine Mitteilung mit dem Titel „Optimale Nutzung der im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehenen Flexibilität“ (COM(2015) 12). Ziel dieser Mitteilung ist es, den Zusammenhang zwischen Investitionen, Strukturreformen und finanzpolitischer Verantwortung zu stärken.

Prioritäten der Europäischen Kommission

2014 gab die Europäische Kommission eine Liste der zehn wichtigsten Prioritäten aus, die im Mittelpunkt ihres Arbeitsprogramms für 2015 stehen sollten. Drei von ihnen waren von besonderer Bedeutung für die Wirtschaftsstatistik: als oberste Priorität ein neuer Schub für Beschäftigung, Wachstum und Investitionen, der Binnenmarkt der EU und die Wirtschafts- und Währungsunion.

Mit der Maßgabe, innerhalb von drei Jahren bis zu 300 Mrd EUR an privaten und öffentlichen Mitteln zusätzlich bereitzustellen, ist vorgesehen, in den Mittelpunkt des Beschäftigungs-, Wachstums- und Investitionspakets der Europäischen Kommission eine Begrenzung der Regulierungstätigkeit, eine intelligentere Nutzung der vorhandenen Finanzressourcen und einen flexiblen Einsatz der öffentlichen Mittel zu stellen. Diese Investitionen sollten in die Bereiche Infrastruktur, Bildung, Forschung und Innovation, erneuerbare Energien und Energieeffizienz sowie Jugendbeschäftigung fließen.

Der Binnenmarkt gilt als das beste Kapital, wenn es darum geht, die Herausforderungen der Globalisierung zu meistern. Durch Stärkung der industriellen Basis der Wirtschaft in der EU — indem der Anteil der Industrie am BIP in der EU bis 2020 wieder auf 20 % gebracht wird — soll sichergestellt werden, dass Europa seine weltweite Führungsposition in strategischen Sektoren mit hochwertigen Arbeitsplätzen behält. Zu den im Rahmen dieser Priorität ausgegebenen Zielen gehört die Schaffung einer Kapitalmarktunion, die kleinen Unternehmen die Einwerbung von Geldern erleichtern und Europa zu einem attraktiveren Investitionsstandort machen soll.

Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden

In Bezug auf die Wirtschafts- und Währungsunion ist es das Ziel der Europäischen Kommission, demokratisch stärker legitimierte Entscheidungen über die Unterstützung in Schieflage befindlicher Länder des Euroraums zu treffen, die Förder- und Reformprogramme nicht nur auf ihre finanzielle Tragfähigkeit zu prüfen, sondern auch auf ihre Auswirkungen auf die Bürger, eine Überprüfung der für die steuerpolitische und makroökonomische Überwachung geltenden Rechtsvorschriften und der Vorschriften für die Haushaltsdisziplin vorzunehmen sowie weitere Strukturreformen in Ländern des Euroraums voranzutreiben.

Eine vertiefte und fairere Wirtschafts- und Währungsunion zählt zu den Prioritäten, und im Juni 2015 wurde ein Bericht der Präsidenten des Europäischen Rates, des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und der Eurogruppe vorgelegt, der einen Plan enthält, in dem dargelegt wird, wie dieses Vorhaben erreicht werden soll. Dem Bericht zufolge soll auf vorhandenen Instrumenten und den bestehenden Verträgen aufgebaut werden, um Wettbewerbsfähigkeit und die strukturelle Konvergenz zu fördern, eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik in den einzelnen Mitgliedstaaten und im Euro-Währungsgebiet insgesamt herbeizuführen, die Finanzunion zu vollenden sowie die politische Rechenschaftspflicht zu stärken. In einem späteren Stadium würden weiterreichende Maßnahmen eingeführt, um den Konvergenzprozess verbindlicher zu gestalten, beispielsweise mittels eines gemeinsam vereinbarten, in Rechtsform gegossenen Katalogs an Konvergenz-Referenzwerten und der Einrichtung eines euroraumweiten Schatzamts. Das Ziel ist, bis 2025 eine vertiefte und echte Union zu schaffen. In dem Bericht werden vier Fortschrittsbereiche festgelegt: Es soll eine Wirtschaftsunion verwirklicht werden, eine Finanzunion soll die Integrität des Euro gewährleisten, eine Fiskalunion soll für Nachhaltigkeit und Stabilisierung sorgen und eine politische Union soll mit demokratischer Rechenschaftspflicht, Legitimität und einer Stärkung der Institutionen die Grundlagen schaffen. Im Oktober 2015 legte die Europäische Kommission eine Mitteilung (COM(2015) 600 final) vor, in der Schritte zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion dargelegt werden. Die Mitteilung und die begleitenden Vorschläge umfassen einen neuen Ansatz beim Europäischen Semester, die Einführung nationaler Ausschüsse für Wettbewerbsfähigkeit und eines beratenden Europäischen Fiskalausschusses, eine einheitlichere Vertretung des Euro-Währungsgebiets bei internationalen Finanzinstitutionen und Schritte hin zu einer Finanzunion.

Siehe auch

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