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Archive:Stromerzeugung, Stromverbrauch und Marktüberblick

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Datenauszug vom Mai 2015. Neueste Daten: Neueste Daten: Weitere Informationen von Eurostat, Haupttabellen und Datenbank. Aktualisierung des Artikels geplant: Dezember 2016. Die englische Version ist aktueller.


Tabelle 1: Nettostromerzeugung, 1990–2013
(in Tsd. GWh)
Quelle: Eurostat (nrg_105a)
Abbildung 1: Nettostromerzeugung, EU-28, 2013 (1)
(in % der Gesamterzeugung, basierend auf GWh)
Quelle: Eurostat (nrg_105a)
Abbildung 2: Anteil des größten Erzeugers am Strommarkt, 2013 (1)
(in % der Gesamterzeugung)
Quelle: Eurostat (ten00119)
Abbildung 3: Stromverbrauch der privaten Haushalte, 2013
(2003 = 100)
Quelle: Eurostat (tsdpc310)

Dieser Artikel befasst sich mit dem Strommarkt in der Europäischen Union (EU) und analysiert die Stromerzeugung nach verschiedenen Energiequellen. Ferner enthält er Statistiken zum Grad der Liberalisierung der Strommärkte (gemessen am Marktanteil des größten Stromerzeugers) sowie abschließend nähere Angaben zum Stromverbrauch der privaten Haushalte.

Wichtigste statistische Ergebnisse

Stromerzeugung

Die Nettostromerzeugung belief sich 2013 in der EU-28 auf insgesamt 3,10 Mio. Gigawattstunden (GWh) und lag damit geringfügig unter dem Vorjahreswert (-0,9 %). 2013 war das dritte Jahr in Folge mit einer rückläufigen Entwicklung; 2012 betrug der Rückgang 0,1 % und 2011 2,2 %. Damit blieb die Nettostromerzeugung 2013 um 3,6 % unter dem 2008 verzeichneten Höchstwert (3,22 Mio. GWh).

Den höchsten Anteil an der Nettostromerzeugung in der EU-28 (siehe Tabelle 1) hatte 2013 Deutschland mit 19,2 %, knapp gefolgt von Frankreich (17,7 %). Neben diesen beiden Mitgliedstaaten wies nur das Vereinigte Königreich einen Anteil in zweistelliger Höhe auf (11,0 %).

Der Rückgang der Stromerzeugung, der in den Jahren 2011, 2012 und 2013 für die EU-28 beobachtet wurde, wiederholte sich in nur vier EU-Mitgliedstaaten, nämlich in Zypern, Ungarn, den Niederlanden und im Vereinigten Königreich. Die Slowakei hingegen verzeichnete als einziger Mitgliedstaat in allen drei Jahren steigende Werte.

Der stärkste Anstieg bei der Stromerzeugung wurde 2013 mit einer Zunahme von 27,9 % für Kroatien ermittelt. Auch Dänemark, Estland und Portugal meldeten zweistellige Wachstumsraten, während die übrigen Mitgliedstaaten nicht mehr als 4,0 % aufwiesen. Vielmehr war in 15 Mitgliedstaaten die Stromerzeugung rückläufig, am stärksten in Ungarn (-13,3 %) und Luxemburg (-24,4 %).

Mehr als ein Viertel der Nettostromerzeugung in der EU-28 stammte 2013 aus Kernkraftwerken (26,8 %). Ein fast doppelt so großer Anteil (49,8 %) wurde in Gas-, Kohle- oder Ölkraftwerken erzeugt. Von den erneuerbaren Energiequellen (Abbildung 1) entfiel 2013 der größte Anteil der Nettostromerzeugung auf die Wasserkraft (12,8 %), gefolgt von der Windkraft (7,5 %) und der Solarenergie (2,7 %).

Die relative Bedeutung erneuerbarer Energiequellen bei der Nettostromerzeugung in der EU-28 stieg zwischen 2003 und 2013 von 12,6 % auf 23,2 %, während bei den Brennstoffen ein verhältnismäßig geringer (von 56,4 % auf 49,8 %) und bei der Stromerzeugung in Kernkraftwerken ein stärkerer Rückgang zu verzeichnen war (von 30,9 % auf 26,8 %). Bei den erneuerbaren Energiequellen stieg der Anteil der Nettostromerzeugung aus Solar- und Windenergie erheblich: von 0,01 % (2003) auf 2,7 % (2013) bei Solarstrom und von 1,4 % (2003) auf 7,5 % (2013) bei Windkraft.

Marktanteile

Der Marktanteil des größten Stromerzeugers in den betreffenden Ländern ist ein Maß für den Fortschritt bei der Liberalisierung des Strommarkts (siehe Abbildung 2). In den beiden kleinen Inselstaaten Zypern und Malta bestand 2013 ein vollständiges Monopol: Hier wurden 100 % des Stroms vom größten (und einzigen) Erzeuger geliefert. In fünf weiteren Mitgliedstaaten – Estland, Kroatien, Frankreich, Slowakei und Lettland – betrug der Anteil 80 % oder mehr. In elf der 26 EU-Mitgliedstaaten, für die Daten vorliegen, stammten weniger als 50 % des gesamten Stroms vom größten Erzeuger. Den niedrigsten Wert meldete Polen (17 %).

Stromverbrauch der privaten Haushalte

In den zehn Jahren von 2003 bis 2013 stieg der Stromverbrauch der privaten Haushalte in der EU-28 um insgesamt 5,1 % (siehe Abbildung 3). Einige EU-Mitgliedstaaten verzeichneten einen noch wesentlich stärkeren Anstieg, insbesondere Rumänien, Litauen, Spanien und Lettland, mit einem Zuwachvon mindestens 25,0 %. In sieben Mitgliedstaaten entwickelte sich der Stromverbrauch der privaten Haushalte allerdings rückläufig und sank in der Regel um weniger als 10,0 %; in Belgien ging er sogar um nahezu ein Viertel zurück (23,9 %). Diese Werte für den Gesamtstromverbrauch privater Haushalte dürften zum Teil von der durchschnittlichen Zahl der Haushaltsmitglieder und der Gesamtzahl der Haushalte beeinflusst sein, die jeweil die mit der Bevölkerungsentwicklung zusammenhängen. Auch der Besitz elektrischer Haushaltsgeräte und Gebrauchsgüter sowie die Nutzung energiesparender Geräte wirken sich darauf aus.

Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Strom wird als primäres oder sekundäres Produkt in Kraftwerken erzeugt. Die Gesamtmenge des erzeugten Stroms wird als Bruttostromerzeugung bezeichnet. Die Kraftwerke verbrauchen jedoch eine gewisse Menge an Elektrizität für den Eigenbedarf (in Hilfsaggregaten und Transformatoren). Die Nettostromerzeugung erhält man, wenn man diese Menge von der Bruttoerzeugung abzieht. Die Nettoerzeugung wird über nationale Übertragungs- und Verteilungsnetze an die Endverbraucher geleitet, in Elektrokesseln oder Wärmepumpen in Wärme verwandelt, mit Hilfe von Pumpspeicherwerken gespeichert oder gehandelt (aus- oder eingeführt).

Der Endstromverbrauch umfasst den an den Endverbraucher (Industrie, Verkehr, Haushalte und andere Sektoren) gelieferten Strom. Nicht enthalten sind die zur Umwandlung und/oder für den Eigenverbrauch der Energieerzeuger gelieferten Mengen sowie Netzverluste.

Der Marktanteil der Stromerzeuger basiert auf der Nettostromerzeugung; der von den Erzeugern selbst verbrauchte Strom wird dabei also nicht berücksichtigt.

Kontext

Seit Juli 2004 können Kleinbetriebe in der EU ihren Gas- oder Stromlieferanten frei wählen, und im Juli 2007 wurde dieses Recht auf alle Verbraucher ausgeweitet. In allen EU-Mitgliedstaaten wurden unabhängige nationale Regulierungsbehörden eingerichtet, um ein ordnungsmäßes Geschäftsgebaren der Lieferanten und Netzbetreiber zu gewährleisten. Nachdem bei der Öffnung der Märkte jedoch Mängel festgestellt worden waren, wurde beschlossen, ein drittes Legislativpaket mit Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die sicherstellen sollen, dass alle Nutzer von einem Energiemarkt profitieren können, der einem echten Wettbewerb unterliegt.

Im September 2007 verabschiedete die Europäische Kommission ihr drittes Legislativpaket zur Liberalisierung der Energiemärkte. Im Laufe des Jahres 2009 stimmten das Europäische Parlament (EP) und der Rat mehreren dieser Vorschläge zu:

  • Verordnung (EG) Nr. 713/2009 vom 13. Juli 2009 zur Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden
  • Verordnung (EG) Nr. 714/2009 vom 13. Juli 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003
  • Richtlinie 2009/72/EG vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (seit März 2011 sind diese Richtlinie und andere, die mit dem dritten Legislativpaket zusammenhängen, in nationales Recht umgesetzt)

Am 17. November 2010 legte die Europäische Kommission die Mitteilung „Energieinfrastrukturprioritäten bis 2020 und danach – ein Konzept für ein integriertes europäisches Energienetz“ (KOM(2010) 677) vor, in der vorrangige Korridore für Strom, Gas und Öl aufgeführt werden. Die diesbezügliche Rechtsgrundlage wurde im April 2013 mit der Verordnung zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur geschaffen. Auf dieser Grundlage verabschiedete die Europäische Kommission im Oktober 2013 eine Liste von 248 zentralen Energieinfrastrukturprojekten, den sogenannten Projekten von gemeinsamem Interesse (PCI). Bei diesen Projekten sollen die Planungssverfahren beschleunigt und effizienter gestaltet sowie die regulatorische Behandlung verbessert werden. Gegebenenfalls wird dafür finanzielle Unterstützung im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) bereitgestellt. Die Liste umfasst Projekte, die für mindestens zwei Mitgliedstaaten erhebliche Vorteile mit sich bringen, zur Marktintegration und zum Wettbewerb beitragen, die Versorgungssicherheit verbessern und die CO2-Emissionen verringern.

Die Verbesserung der Infrastruktur ist auch Gegenstand der Mitteilung über die Strategie für eine sichere Energieversorgung (COM(2014) 330). Darin wird die Vollendung des Energiebinnenmarkts und die Schließung von Lücken in der Infrastruktur als eine der fünf Aktionsbereiche aufgelistet (nähere Informationen im Artikel Energie – Einführung).

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Abhängigkeit von Primärenergieeinfuhren, steigender Öl- und Gaspreise und der Verpflichtung zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes ist die Nutzung von Kernenergie zur Stromerzeugung wieder stärker ins Blickfeld gerückt. Dies ist gegen Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Kernenergie und der Entsorgung der Abfälle aus Kernkraftwerken abzuwägen, die nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima Daiichi, die durch das schwere Erdbeben im Osten Japans (Region Tōhoku) und den anschließenden Tsunami im März 2011 ausgelöst wurde, verstärkt aufgekommen sind. Während einige EU-Mitgliedstaaten bestehende Reaktoren weiterbetreiben oder an ihren Plänen zum Bau neuer Kernkraftwerke festhalten, haben andere beschlossen, ihre Strategie für bestehende Anlagen zu überdenken bzw. in einigen Fällen zu ändern sowie vom Bau geplanter neuer Kernkraftwerke abzusehen. Nach dem Unfall in Fukushima wurde der Rechts- und Regelungsrahmen (Richtlinie 2009/71/Euratom des Rates) für die Sicherheit von Kernkraftwerken überarbeitet. Im Juli 2014 wurde eine Änderung (Richtlinie 2014/87/Euratom des Rates) verabschiedet. Ihre Ziele umfassen unter anderem die Stärkung der Rolle und der Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden, die Schaffung eines europäischen Peer-Review-Systems für kerntechnische Anlagen, die Erhöhung der Transparenz in Fragen der nuklearen Sicherheit, regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen der Anlagen sowie die Einführung neuer Bestimmungen für die anlageninterne Notfallvorsorge und -bekämpfung.

Siehe auch

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Haupttabellen

Energiestatistik – Hauptindikatoren (t_nrg_indic)
Energiestatistik – Mengen (t_nrg_quant)
Energiestatistik – Preise (t_nrg_price)

Datenbank

Energiestatistik – Mengen, jährliche Daten (nrg_quant)
Energiestatistik - Marktstrukturindikatoren - Erdgas und Strom (nrg_market)

Spezieller Bereich

Methodik / Metadaten

Quelldaten für die Tabellen, Abbildungen und Karten (MS Excel)

Weitere Informationen

Weblinks