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Faktencheck: Warum hat die Kommission Vertragsverletzungsverfahren wegen Beschränkungen von Investitionen in landwirtschaftliche Flächen eingeleitet?

Warum hat die Europäische Kommission Vertragsverletzungsverfahren gegen Litauen, Bulgarien, die Slowakei und Ungarn bezüglich des Erwerbs landwirtschaftlicher Flächen eingeleitet?

datum:  30/04/2015

siehe auchIn dieser Ausgabe

Im März hat die Europäische Kommission Vertragsverletzungsverfahren gegen Litauen, Bulgarien, die Slowakei und Ungarn wegen Beschränkungen des Erwerbs landwirtschaftlicher Flächen eingeleitet. Die Untersuchung resultiert aus der Gesamtbewertung von Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten, in denen die befristete, bei EU-Beitritt gewährte Ausnahme 2014 abgelaufen war.

Worum geht es?

Nach EU-Recht stellen Bestimmungen, die den Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen an Personen aus anderen EU-Ländern einschränken, eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs und der Niederlassungsfreiheit dar, die grundlegender Bestandteil des EU-Binnenmarkts sind. Daher wäre ein allgemeines Verkaufsverbot von Land an Ausländer diskriminierend und nicht mit EU-Recht vereinbar. Nationale Beschränkungen können in bestimmten Fällen zulässig sein, sofern sie von übergeordnetem öffentlichen Interesse sind. Selbst dann sind sie jedoch nur zulässig, wenn es keine andere, weniger restriktive Möglichkeit gibt, dasselbe Ziel zu erreichen.

Im konkreten Fall haben die vier Länder in den Bereichen Landwirtschaftsplanung und Planung des ländlichen Raums politische Ziele formuliert, die bestimmte Beschränkungen rechtfertigen könnten. Dabei handelt es sich beispielsweise um die Förderung der ländlichen Entwicklung, die Gewährleistung der landwirtschaftlichen Nutzung und die Vermeidung spekulativen Drucks auf die Bodenpreise. Jedoch scheinen die fraglichen nationalen Bestimmungen entweder nicht notwendig, um diese Ziele zu erreichen, oder sie gehen über das Erforderliche hinaus. Ferner können einige der Beschränkungen zur Diskriminierung von Ausländern führen, die Land in diesen Mitgliedstaaten erwerben möchten. Beispiele sind die Forderung nach einem Wohnsitz, Beschränkungen für Personen, die nicht zuvor einer geschäftlichen Tätigkeit vor Ort nachgegangen sind, oder Beschränkungen für Personen oder Unternehmen ohne einschlägige Fachkenntnisse.

Bedenken der Mitgliedstaaten

Die größte Sorge der vier Länder ist, dass die Regeln für den freien Kapitalverkehr Raum für Bodenspekulationen und die Landnahme großer internationaler Unternehmen bieten, was möglicherweise zur Zerstörung landwirtschaftlicher Flächen und Schädigung ländlicher Gemeinschaften führen kann. Eine Gruppe, die 2014 für ein Referendum in Litauen eintrat, machte geltend, dass der Verkauf von Land an Ausländer „die territoriale Integrität Litauens verletze“. Ausländer könnten große Flächen Land in Litauen kaufen, das zudem billiger als in Westeuropa sei. Das Referendum fand tatsächlich im Juni 2014 statt, erhielt jedoch nicht genügend Unterstützung.

Die Kommission vertritt den Standpunkt, dass diese Bedenken im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr unbegründet sind. Der Europäische Gerichtshof hat Ziele wie die Gewährleistung der landwirtschaftlichen Nutzung, die Bekämpfung von Bodenspekulation und die Erhaltung traditioneller Formen der Landwirtschaft als legitim anerkannt. Er hat ferner dargelegt, welche Beschränkungen unter bestimmten Umständen angemessen sein können (beispielsweise Vorabgenehmigungsverfahren, Spekulationssteuern oder Vorkaufsrechte für bestimmte Kategorien von Landwirten).

Die Mitgliedstaaten haben ab dem 26. März zwei Monate Zeit, auf das Vertragsverletzungsverfahren zu reagieren und ihre Antworten zu übermitteln.

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