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Der OLAF-Bericht 2022
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Finanzielle Empfehlungen

Die Europäische Union sorgt mit allen geeigneten Maßnahmen dafür, dass Mittel korrekt und zum Nutzen aller ausgegeben werden und dass alle Beträge, die möglicherweise betrügerisch verwendet wurden, erfolgreich eingezogen werden. Die Untersuchungen des OLAF sind von entscheidender Bedeutung für diese Bemühungen, die eine wichtige Rolle dabei spielen, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das EU-Projekt im weiteren Sinne zu bewahren.

Die Beträge, die das OLAF jährlich zur Einziehung empfiehlt, hängen vom Umfang und vom Ausmaß der in dem betreffenden Jahr abgeschlossenen Untersuchungen ab. Die zur Einziehung empfohlenen Beträge sind daher kein Indiz für das allgemeine Betrugsniveau in Europa, sondern beziehen sich auf spezifische Untersuchungen, die das OLAF in diesem Jahr abgeschlossen hat.

n der Tabelle unten wird veranschaulicht, wie diese Zahlen von Jahr zu Jahr variieren. Ein oder zwei Fälle mit hohen Betragswerten in einem bestimmten Jahr können zu einem erheblichen Anstieg bei den zur Einziehung empfohlenen Beträgen führen. Im Gegensatz dazu weisen die Jahre mit einer großen Zahl von Empfehlungen nicht automatisch die höchsten zur Einziehung empfohlenen Beträge auf. Im Jahr 2022 gab das OLAF 153 finanzielle Empfehlungen ab, die darauf ausgerichtet waren, 426,8 Mio. EUR einzuziehen und zu verhindern, dass 197,9 Mio. EUR unrechtmäßig ausgegeben wurden.

Anmerkung: Im Bereich der Ausgaben kann das OLAF (den betroffenen Einrichtungen) empfehlen, entweder bereits ausgegebene EU-Mittel einzuziehen oder in Zukunft von der Ausgabe von EU-Mitteln abzusehen, beispielsweise durch die Sperrung weiterer Zahlungen für ein laufendes Projekt, das von Unregelmäßigkeiten betroffen ist. Beträge der letztgenannten Kategorie werden bezeichnet als „Beträge, deren unrechtmäßige Ausgabe laut Empfehlungen des OLAF verhindert werden soll“.

Zur wirksamen Umsetzung der finanziellen Empfehlungen des OLAF ist eine enge Zusammenarbeit mit den für die Ausgaben zuständigen Dienststellen, insbesondere mit den Dienststellen der Kommission und den Exekutivagenturen, von entscheidender Bedeutung:

  • Es ist seit mehreren Jahren gängige Praxis des OLAF, sich vor der Abgabe einer finanziellen Empfehlung mit dem potenziellen Empfänger dieser Empfehlung in Verbindung zu setzen. Eine solche Kontaktaufnahme hat sich als hilfreich erwiesen, um Sach- und Rechtsfragen zu klären und dadurch die Qualität der einzelnen Empfehlungen zu erhöhen.
  • Um horizontale Probleme zu erkennen und ein besseres Verständnis der betrieblichen Besonderheiten zu erlangen, die für die Umsetzung finanzieller Empfehlungen von Bedeutung sind, organisiert das OLAF technische Sitzungen mit den für Ausgaben zuständigen Dienststellen, häufig in branchenspezifischen Gruppierungen und unter Einbeziehung der Generaldirektion Haushalt der Kommission.
  • Die aus diesen Sitzungen gewonnenen Erkenntnisse sind in einen in Zusammenarbeit zwischen der GD BUDG, dem OLAF und dem Juristischen Dienst der Kommission ausgearbeiteten Leitfaden eingeflossen, der 2022 herausgegeben wurde und die Nachverfolgung von Einziehungen unter direkter und indirekter Mittelverwaltung bei mutmaßlichen Betrugsfällen und anderen Unregelmäßigkeiten zum Gegenstand hat.

Darüber hinaus sind die Mitgliedstaaten für die meisten EU-Ausgaben und auch für die Erhebung der Zolleinnahmen der EU zuständig. Ihre Tätigkeiten stellen die erste Verteidigungslinie gegen alle Versuche von gegen den EU-Haushalt gerichtetem Betrug dar. Das OLAF verlässt sich darauf, dass die nationalen Behörden ihre Arbeit effizient und sorgfältig ausführen, und unterstützt sie durch einen aktiven Informationsaustausch und gezielte Schulungen.

Gemäß den einschlägigen sektorspezifischen Vorschriften sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle von ihnen aufgedeckten Unregelmäßigkeiten und Fälle von Betrugsverdacht mit einem Schadensvolumen von mehr als 10 000 EUR der Europäischen Kommission zu melden. Eine Analyse dieser Daten ist im Jahresbericht der Kommission über den Schutz der finanziellen Interessen der EU (dem sogenannten PIF-Bericht) enthalten.

Zusätzlich zu den Daten über die von den Mitgliedstaaten aufgedeckten Verstöße sammelt das OLAF auch Daten über die Gesamtzahl der von ihm abgeschlossenen Untersuchungen und den Wert der finanziellen Empfehlungen, die es abgegeben hat.

In dieser Analyse wird davon ausgegangen, dass die vom OLAF nach den Untersuchungen abgegebenen finanziellen Empfehlungen mit den finanziellen Auswirkungen der von den Mitgliedstaaten aufgedeckten und gemeldeten Unregelmäßigkeiten vergleichbar sind. Der Betrag der finanziellen Empfehlungen wird aus der Summe des zur Einziehung empfohlenen Betrags und des Betrags, dessen unrechtmäßige Zahlung verhindert werden soll, berechnet.

Die erste Tabelle unten gibt Aufschluss über die Zahl der Unregelmäßigkeiten bzw. Betrugsfälle, die im Bereich der traditionellen Eigenmittel (TEM) zwischen 2018 und 2022 aufgedeckt wurden, sowie über den prozentualen Anteil ihrer finanziellen Auswirkungen an den gesamten von den Mitgliedstaaten erhobenen und dem EU-Haushalt zugeführten TEM. Die Ergebnisse des OLAF sind neben den Ergebnissen der nationalen Behörden angeführt.

Die zweite Tabelle unten enthält die Zahl der betrügerischen und nichtbetrügerischen Unregelmäßigkeiten, die im Zeitraum 2018-2022 in den zwei Hauptbereichen der geteilten Mittelverwaltung (europäische Struktur- und Investitionsfonds und Fonds für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung) aufgedeckt wurden sowie ihre finanziellen Auswirkungen, ausgedrückt als prozentualer Anteil der Gesamtzahlungen, nach Mitgliedstaat. Die Ergebnisse des OLAF sind neben den Ergebnissen der nationalen Behörden angeführt.

Aus der Analyse des OLAF geht wieder einmal hervor, wie wichtig der Beitrag ist, den das OLAF mit seinen Untersuchungen zur Unterstützung der zuständigen Behörden bei der Einziehung von betrügerisch erlangten oder unrechtmäßig ausgegebenen EU-Einnahmen bzw. EU-Mitteln leistet.

Bei den traditionellen Eigenmitteln (TEM) machen die finanziellen Empfehlungen des OLAF 0,82 % der gesamten für die EU-27 erhobenen TEM aus, verglichen mit 2,14 % für die von allen Mitgliedstaaten zusammen aufgedeckten Betrugsfälle und Unregelmäßigkeiten. Dies bedeutet, dass in diesem Zeitraum die finanziellen Empfehlungen des OLAF nahezu 40 % der finanziellen Auswirkungen der Untersuchungs- und Kontrolltätigkeiten aller Mitgliedstaaten zusammen darstellen.

Die Ergebnisse des OLAF werden maßgeblich durch den Abschluss einer Reihe von Untersuchungen im Zusammenhang mit der Unterbewertung von eingeführten Waren beeinflusst. Diese Ergebnisse zeugen auch von der Entschlossenheit des OLAF, seine Ressourcen effizient zu nutzen und sich auf die Fälle zu konzentrieren, in denen sein Beitrag den größten Zusatznutzen bewirkt. Wichtige Ergebnisse hat das OLAF auch in den Bereichen der geteilten Mittelverwaltung erzielt: Hier belaufen sich die finanziellen Auswirkungen der Tätigkeiten aller Mitgliedstaaten zusammen auf 0,96 % der Zahlungen, wohingegen das OLAF allein die Einziehung eines Betrags empfohlen hat, der 0,19 % der Zahlungen entspricht. In diesem Bereich repräsentieren die finanziellen Empfehlungen des OLAF nahezu 20 % der gesamten Auswirkungen der Untersuchungs- und Kontrolltätigkeiten. In einigen Ländern waren die finanziellen Auswirkungen der vom OLAF untersuchten Fälle besonders spürbar, zuweilen sogar höher als die der nationalen Untersuchungen.

Komplexe Betrugsfälle in Verbindung mit der Unterbewertung von Einfuhren

In den letzten Jahren hat das OLAF komplexe Zollbetrugsfälle untersucht, bei denen es um die systematische betrügerische Unterbewertung von Einfuhren, hauptsächlich von Textilien und Schuhen, aus China in die EU durch internationale kriminelle Netzwerke ging.

Der größte Untersuchungsfall betraf Einfuhren über das Vereinigte Königreich und wurde letztlich dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt. Der Gerichtshof entschied in seinem Urteil Anfang 2022 zugunsten des Ansatzes der Untersuchung des OLAF und bestätigte, dass das Vereinigte Königreich keine wirksamen Kontrollmaßnahmen in Bezug auf solche unterbewerteten Einfuhren ergriffen hatte.

Nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 8. März 2022 (C-213/19, Kommission/Vereinigtes Königreich) hat das Vereinigte Königreich dem EU-Haushalt insgesamt 3 Mrd. EUR zur Verfügung gestellt. Davon wurden 678 Mio. EUR bereits im Juni 2022 und der verbleibende Betrag von rund 2,3 Mrd. EUR Anfang 2023 bezahlt.

Komplexe Betrugsfälle in Verbindung mit der Unterbewertung von Einfuhren