Bankenunion

Datum: 31/05/2023
Am 18. April legte die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten, der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme und der Verordnung über den einheitlichen Abwicklungsmechanismus vor. Die Überarbeitung – ein Projekt, das bereits vor einigen Jahren angelaufen ist – bietet die Gelegenheit, eine Bilanz der in den letzten Jahren gesammelten Erfahrungen zu ziehen und festgestellte Mängel zu beheben.
Erhebliche Fortschritte
Seit der Finanzkrise und der Staatsschuldenkrise in Europa hat die EU einen einheitlichen Rahmen für die Abwicklung von Banken und für die Einlagensicherung geschaffen, um die Finanzstabilität und das Vertrauen der Einleger zu wahren und zu verhindern, dass öffentliche Mittel zur Rettung von Banken in Schwierigkeiten eingesetzt werden (Bail-in statt Bail-out).
In den vergangenen Jahren wurden erhebliche Fortschritte erzielt. Es wurden Abwicklungspläne ausgearbeitet, um die effektivsten Strategien für den Umgang mit Bankenausfällen festzulegen. Die Banken haben ihre Abwicklungsfähigkeit verbessert, unter anderem durch den Aufbau von Abwicklungspuffern zur Vorbereitung auf ein mögliches Bail-in. Zudem hat die Branche Einlagensicherungssysteme und Abwicklungsfonds eingerichtet und finanziert. Der europäische Abwicklungsrahmen wurde jedoch kaum angewandt, insbesondere in der Bankenunion.
Besondere Probleme verursachen Abwicklungsstrategien bei kleineren und mittleren Banken, die sich hauptsächlich aus Eigenmitteln und Einlagen ihrer Kunden finanzieren. Bei diesen Banken kann es aufgrund ihrer Bilanzstruktur schwierig werden, die Bail-in-Bedingung von mindestens 8 % der Gesamtverbindlichkeiten, die Voraussetzung für den Zugang zu Abwicklungsfonds ist, zu erfüllen, ohne Einleger einzubeziehen. Die Abwicklungsbehörden sind angesichts des Risikos der Ansteckung, des Vertrauensverlusts und der finanziellen Instabilität, wenig dazu geneigt, den Einlegern Verluste aufzubürden. Infolgedessen wurde es schwieriger, Abwicklungsfonds gezielt einzusetzen, um die geplante Abwicklungsstrategie besser umzusetzen. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass Mitgliedstaaten nach Alternativen außerhalb des harmonisierten Abwicklungsrahmens gesucht haben, bei denen weniger strenge Bedingungen gelten und meist auf öffentliche Gelder zurückgegriffen wird.
Verbesserung des Rahmens für das Krisenmanagement
Die Reform soll darauf hinwirken, den harmonisierten Abwicklungsrahmen stärker zu nutzen, wenn er im Hinblick auf die Wahrung der Finanzstabilität, den Schutz der Einleger und die Schonung öffentlicher Mittel Vorteile bietet. Die Beurteilung des öffentlichen Interesses, bei der bestimmt wird, ob eine Bank abgewickelt oder liquidiert werden sollte, wird präzisiert, um zu unterstreichen, dass eine Abwicklung nicht etwas für wenige Auserwählte ist und dies auch nie war. Die Erfahrung hat gezeigt, dass der große Ermessensspielraum der Abwicklungsbehörden die Gefahr von Divergenzen und ungleichen Wettbewerbsbedingungen beim Umgang mit Bankenausfällen erhöht hat.
Die Vorschläge thematisieren auch die Abwicklungsfinanzierung, um sicherzustellen, dass private Mittel – aus der internen Verlustabsorptionsfähigkeit der Banken (Anteilseigner und Gläubiger), Einlagensicherungssystemen und Abwicklungsfonds – für die Umsetzung der Abwicklungsstrategien zur Verfügung stehen. Die Reform soll Eingriffe von Einlagensicherungssystemen bei der Abwicklung erleichtern, wenn die Behörden zu dem Schluss kommen, dass es die Finanzstabilität gefährden würde, Einlegern Verluste aufzubürden. Dieser Mechanismus, der durch gezielte Änderungen der Rangfolge der Forderungen erleichtert wird und bestimmten Sicherungsmaßnahmen unterliegt, wird Einleger und Steuerzahler besser schützen, indem er sicherstellt, dass die Kosten von branchenfinanzierten Sicherheitsnetzen getragen werden.
Die Reform erkennt über die Abwicklung hinaus auch den Nutzen weiterer Kriseninstrumente an. So sind etwa Präventivmaßnahmen oder alternative Maßnahmen von Einlagensicherungssystemen für den Umgang mit Bankenkrisen nützlich und sollten Teil des Instrumentariums bleiben.
Verbesserung des Einlegerschutzes
Die Reform wird zudem den Einlegerschutz in der gesamten EU verbessern. Die Deckungssumme von 100 000 EUR pro Einleger und Bank bleibt in der EU für alle Einleger, die unter das System fallen, bestehen. Es werden jedoch die Standards für den Einlegerschutz in der gesamten EU harmonisiert, um einen einheitlichen Schutz des Geldes der EU-Bürgerinnen und -Bürger zu gewährleisten. Der neue Rahmen weitet den Einlegerschutz auf öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen oder Gemeinden aus. Weitere Maßnahmen sehen im Sinne der Harmonisierung des Einlagenschutzes vor, dass auch höhere Guthaben garantiert werden, wenn der Kontostand infolge bestimmter Ereignisse wie einer Erbschaft oder der Auszahlung einer Versicherungsprämie die Schwelle von 100 000 EUR vorübergehend überschreitet.
Krisenmanagement im Bankensektor und Einlagensicherung – Agenda für die Bankenunion
Die Reform des Rahmens für das Krisenmanagement im Bankensektor und für die Einlagensicherung ist ein wichtiger Schritt in Richtung Bankenunion. Sie bietet die Gelegenheit, einen kohärenten Abwicklungsmechanismus aufzubauen und damit den europäischen Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln, dass ihr Finanzsystem robust ist und möglichen künftigen Krisen standhalten kann. Schließlich wird die Reform den Weg für die Wiederaufnahme der politischen Gespräche über die verbleibenden Elemente der Bankenunion ebnen, angefangen bei einem europäischen Einlagenversicherungssystem und der Integration der Bankenmärkte in Europa.