Faktencheck: EU-interne bilaterale Investitionsschutzabkommen

Datum: 23/07/2015
Im Juni hat die Europäische Kommission Schritte zur Lösung des Problems der innerhalb der EU geschlossenen bilateralen Investitionsabkommen unternommen. Sie hat Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich, die Niederlande, Rumänien, die Slowakei und Schweden eingeleitet. Parallel dazu forderte sie die anderen 21 EU-Länder, die noch Vertragspartei derartiger Abkommen sind, zu Stellungnahmen auf. Mit diesem Schritt knüpft die Kommission an ihre Bemühungen in den letzten Jahren an, die darauf ausgerichtet waren, die EU-Länder zur Kündigung dieser Verträge zu bewegen. Die Kommission setzt jetzt auf eine verstärkte Kooperation mit den Mitgliedstaaten zur weiteren Verbesserung des Investitionsschutzes innerhalb des Binnenmarkts.
Worum geht es?
In bilateralen Investitionsschutzabkommen sind die Bedingungen für private Investitionen von Staatsangehörigen und Unternehmen eines EU-Landes in einem anderen EU-Land festgelegt.
Viele dieser Abkommen wurden in den 1990er Jahren zwischen den damaligen EU-Mitgliedstaaten und den Beitrittskandidaten der Erweiterungsrunden von 2004, 2007 und 2013 geschlossen. Sie sollten privaten Anlegern Sicherheit geben, die in Kandidatenländern investieren wollten, aber teilweise aus historisch-politischen Gründen Bedenken hatten. Ziel der Abkommen war daher eine Stärkung des Anlegerschutzes, zum Beispiel durch die Ermöglichung von Entschädigungen für Enteignungen und durch Schiedsverfahren zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten.
Nach Ansicht der Kommission sind solche zusätzlichen Absicherungen seit der Erweiterung nicht mehr notwendig, da im Binnenmarkt auch in Bezug auf grenzüberschreitende Investitionen für alle Länder dieselben EU-Vorschriften gelten. Alle Anleger in der EU genießen dank der EU-Vorschriften (z. B. des Verbots der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit) denselben Schutz.
Unvereinbarkeit mit dem EU-Recht
Nach Auffassung der Kommission sind diese Investitionsschutzabkommen mit dem EU-Recht unvereinbar und bewirken eine Zersplitterung des Binnenmarktes, indem sie Anlegern aus manchen EU-Ländern bestimmte Rechte verleihen, anderen jedoch nicht.
Die Erfahrungen Irlands und Italiens, die beide bereits sämtliche bilateralen Investitionsschutzabkommen beendet haben, belegen außerdem, dass derartige Abkommen keine Berechtigung mehr haben. „EU-interne bilaterale Investitionsschutzabkommen sind überholt und – wie Irland und Italien mit der Beendigung ihrer EU-internen bilateralen Investitionsschutzabkommen gezeigt haben – in einem Binnenmarkt mit 28 Mitgliedstaaten auch nicht mehr notwendig", erklärte der für Finanzmarktstabilität, Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion zuständige EU-Kommissar Jonathan Hill.
Die an die übrigen 21 EU-Länder gerichteten Schreiben wurden im Rahmen von EU-Pilot-Verfahren versandt, die es der Kommission und den EU-Ländern erleichtern sollen, Probleme bei der Anwendung des EU-Rechts frühzeitig auszuräumen. Diese Phase wurde von fünf EU-Ländern bereits durchlaufen; sie erhalten nun sogenannte Aufforderungsschreiben als ersten Schritt in einem förmlichen Vertragsverletzungsverfahren.
Für Anfang Oktober hat die Kommission alle EU-Mitgliedstaaten zu einer Besprechung eingeladen, um sie dabei zu unterstützen, die bilateralen Investitionsschutzabkommen innerhalb der EU in koordinierter Weise zu beenden.
Die Kommission hat ferner ihren Wunsch nach einer verstärkten Zusammenarbeit mit den EU-Ländern zur weiteren Verbesserung des Investitionsschutzes im Binnenmarkt betont. „Die Kommission ist bereit, die Möglichkeit eines Mechanismus für die schnelle und effiziente Mediation bei Investitionsstreitigkeiten zu prüfen“, versicherte Lord Hill.
Mehr zu den Maßnahmen der Kommission in Bezug auf bilaterale Investitionsabkommen innerhalb der EU