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Archive:Stromerzeugung, Stromverbrauch und Marktüberblick

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Daten von März 2014. Neueste Daten: Weitere Informationen von Eurostat, Haupttabellen und Datenbank. Aktualisierung des Artikels geplant: April 2015.
Tabelle 1: Nettostromerzeugung, 1990-2012
(1000 GWh) – Quelle: Eurostat (nrg_105a)
Abbildung 1: Nettostromerzeugung, EU-28, 2012 (1)
(in % der Gesamterzeugung, basierend auf GWh) – Quelle: Eurostat (nrg_105a)
Abbildung 2: Anteil des größten Erzeugers am Strommarkt, 2011 (1)
(in % der Gesamterzeugung) – Quelle: Eurostat (ten00119)
Abbildung 3: Stromverbrauch der Haushalte, 2012
(2002 = 100) – Quelle: Eurostat (tsdpc310)

In diesem Artikel wird der Strommarkt in der Europäischen Union (EU) beschrieben. Bei der Analyse der Stromerzeugung wird nach verschiedenen hierfür eingesetzten Energiequellen unterschieden. Ferner werden Statistiken zum Grad der Liberalisierung der Strommärkte (gemessen am Marktanteil des größten Stromerzeugers) untersucht und abschließend nähere Angaben zum Stromverbrauch der privaten Haushalte gemacht.

Im September 2007 verabschiedete die Europäische Kommission ihr drittes Legislativpaket zur Liberalisierung der Energiemärkte. Dieses Paket enthielt Vorschläge für die Schaffung eines wettbewerbsfähigen Energiemarkts, die Ausweitung der Wahlmöglichkeiten für die Verbraucher, die Förderung fairerer Energiepreise, die Schaffung eines Angebots an umweltfreundlicherer Energie und die Erhöhung der Versorgungssicherheit. Zur Verwirklichung dieser Ziele sahen diese Vorschläge vor, Erzeugung und Versorgung von den Übertragungsnetzen zu trennen, Zusammenarbeit, Investitionen und Handel im Energiebereich über die Grenzen hinweg zu erleichtern, die Effizienz der Regulierung zu optimieren, die Markttransparenz zu verbessern und die Solidarität zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu stärken. Aus den Vorschlägen ging schließlich die Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt hervor. Seit März 2011 sind diese Richtlinie und andere, die mit dem dritten Legislativpaket zusammenhängen, in nationales Recht umgesetzt.

Wichtigste statistische Ergebnisse

Stromerzeugung

Die Nettostromerzeugung belief sich 2012 in der EU-28 auf insgesamt 3,13 Mio. Gigawattstunden (GWh) und blieb damit gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert ( 0,1 %). In diesem Jahr war somit nach drei Jahren außergewöhnlich starker Schwankungen erstmals ein relativ stabiler Wert zu verzeichnen: Auf dem Höhepunkt der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 war die Stromerzeugung um 5,0 % gesunken, stieg im Folgejahr um 4,7 % und nahm im Jahr 2011 erneut um 2,2 % ab. Damit blieb die Nettostromerzeugung 2012 um 2,8 % unter dem 2008 verzeichneten Höchstwert (3,22 Mio. GWh).

Den höchsten Anteil an der Nettostromerzeugung in der EU-28 (siehe Tabelle 1) hatte 2012 Deutschland mit 19,0 %, knapp gefolgt von Frankreich (17,2 %). Neben diesen beiden Ländern wies nur das Vereinigte Königreich einen Anteil in zweistelliger Höhe auf (11,1 %).

Die für die EU-28 festgestellte Tendenz einer sinkenden Stromerzeugung in den Jahren 2011 und 2012 war in zehn Mitgliedstaaten zu beobachten. Zuwächse wurden in diesem Zeitraum lediglich in der Tschechischen Republik, Malta, der Slowakei und Schweden verzeichnet. Der stärkste Anstieg der Stromerzeugung wurde 2012 mit Raten von über 10 % in Schweden und Österreich ermittelt. In den Niederlanden und Estland hingegen sank die Stromerzeugung um nahezu 10,0 %, während sie in Portugal (-11,5 %) und Dänemark (-12,9 %) noch stärker zurückging.

Mehr als ein Viertel der Nettostromerzeugung in der EU-28 stammte 2012 aus Kernkraftwerken (26,7 %), ein fast doppelt so großer Anteil (52,6 %) wurde in mit fossilen Brennstoffen wie Erdgas, Kohle oder Öl betriebenen Kraftwerken erzeugt. Von den erneuerbaren Energiequellen (Abbildung 1) entfiel 2012 der größte Anteil der Nettostromerzeugung auf Wasserkraft (11,6 %), gefolgt von Windturbinen (6,5 %) und Solarenergie (2,2 %).

Die relative Bedeutung erneuerbarer Energiequellen bei der Nettostromerzeugung in der EU-28 stieg zwischen 2002 und 2012 von 13,0 % auf 20,5 %, während bei den Brennstoffen ein verhältnismäßig leichter (von 55,3 % auf 52,6 %) und bei der Stromerzeugung in Kernkraftwerken ein stärkerer Rückgang zu verzeichnen war (von 31,6 % auf 26,7 %). Was die erneuerbaren Energiequellen betrifft, so nahmen die Anteile der Solar- und der Windenergie an der Nettostromerzeugung erheblich zu und stiegen zwischen 2002 und 2012 bei der Solarenergie von 0,01 % auf 2,2 % und bei der Windkraft von 1,2 % auf 6,5 %.

Marktanteile

Als ein Maß für den Fortschritt bei der Liberalisierung des Strommarkts gilt der Marktanteil des größten Stromerzeugers in den betreffenden Ländern (siehe Abbildung 2). In den beiden kleinen Inselstaaten Zypern und Malta bestand 2011 ein vollständiges Monopol: Hier wurden 100 % des Stroms vom größten (und einzigen) Erzeuger geliefert. In sechs weiteren Mitgliedstaaten – Estland, Frankreich, Lettland, Griechenland, Kroatien und Luxemburg – betrug der Anteil 80 % oder mehr. In 13 der 26 Mitgliedstaaten, für die Daten vorliegen, entfielen weniger als 50 % des gesamten Stroms auf den größten Erzeuger. Den niedrigsten Wert meldete diesbezüglich Polen (18 %).

Stromverbrauch der privaten Haushalte

In den zehn Jahren von 2002 bis 2012 stieg der Stromverbrauch der privaten Haushalte in der EU-28 um insgesamt 10,0 % (siehe Abbildung 3). Einige EU-Mitgliedstaaten verzeichneten einen noch wesentlich stärkeren Anstieg, insbesondere Rumänien, Spanien, Zypern, Polen, Irland, Griechenland und die drei baltischen Mitgliedstaaten, wo der Zuwachs mindestens doppelt so hoch ausfiel wie im Durchschnitt der EU-28. In vier Mitgliedstaaten (in Dänemark, Schweden, der Slowakei und Belgien) entwickelte sich der Stromverbrauch der privaten Haushalte allerdings rückläufig – in Belgien ging er um fast ein Viertel zurück (23,9 %). Diese Ergebnisse für den Gesamtstromverbrauch privater Haushalte dürften zum Teil von der durchschnittlichen Zahl der Haushaltsmitglieder und der Gesamtzahl der Haushalte beeinflusst sein – beides Faktoren, die mit der Bevölkerungsentwicklung zusammenhängen. Zu den weiteren Einflussfaktoren zählen der Besitz elektrischer Haushaltsgeräte und Gebrauchsgüter sowie die Nutzung energiesparender Geräte.

Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Strom wird als primäres oder sekundäres Produkt in Kraftwerken erzeugt. Die Gesamtmenge des erzeugten Stroms wird als Bruttostromerzeugung bezeichnet. Die Kraftwerke verbrauchen jedoch eine gewisse Menge an Strom für den Eigenbedarf (in Hilfsaggregaten und Transformatoren). Die Nettostromerzeugung erhält man, wenn man diese Menge von der Bruttoerzeugung abzieht. Die Nettoerzeugung wird über nationale Übertragungs- und Verteilungsnetze an die Endverbraucher geleitet, in Elektrokesseln oder Wärmepumpen in Wärme verwandelt, mit Hilfe von Pumpspeicherwerken gespeichert oder gehandelt (aus- oder eingeführt).

Der Endstromverbrauch umfasst den an den Endverbraucher (Industrie, Verkehr, Haushalte und andere Sektoren) gelieferten Strom. Nicht enthalten sind die zur Umwandlung und/oder für den Eigenverbrauch der Energieerzeuger gelieferten Mengen sowie Netzverluste.

Der Marktanteil der Stromerzeuger basiert auf der Nettostromerzeugung; der von den Erzeugern selbst verbrauchte Strom wird dabei also nicht berücksichtigt.

Kontext

Seit Juli 2004 können Kleinbetriebe in der EU ihren Gas- oder Stromlieferanten frei wählen, und im Juli 2007 wurde dieses Recht auf alle Verbraucher ausgeweitet. In allen EU-Mitgliedstaaten wurden unabhängige nationale Regulierungsbehörden eingerichtet, um die Ordnungsmäßigkeit der Tätigkeit von Lieferanten und Netzbetreibern zu gewährleisten. Nachdem jedoch bei der Öffnung der Märkte Mängel festgestellt worden waren, wurde beschlossen, ein drittes Legislativpaket mit Maßnahmen zu verabschieden, die sicherstellen sollen, dass alle Nutzer von den Vorteilen eines Energiemarkts mit echtem Wettbewerb profitieren können.

Im September 2007 verabschiedete die Europäische Kommission ihr drittes Legislativpaket zur Liberalisierung der Energiemärkte. Im Laufe des Jahres 2009 stimmten das Europäische Parlament und der Rat mehreren dieser Vorschläge zu:

  • Verordnung (EG) Nr. 713/2009 vom 13. Juli 2009 zur Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden;
  • Verordnung (EG) Nr. 714/2009 vom 13. Juli 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003;
  • Richtlinie 2009/72/EG vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG.

Am 17. November 2010 legte die Europäische Kommission ihre Mitteilung Energieinfrastrukturprioritäten bis 2020 und danach – ein Konzept für ein integriertes europäisches Energienetz (KOM(2010) 677 endg.) vor, in der sie vorrangige Korridore für Strom, Gas und Öl aufführte. Die diesbezügliche Rechtsgrundlage wurde im April 2013 mit der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur geschaffen. Auf dieser Grundlage verabschiedete die Europäische Kommission im Oktober 2013 eine Liste von 248 zentralen Energieinfrastrukturprojekten, den so genannten Projekten von gemeinsamem Interesse (PCI). Für diese Projekte gelten beschleunigte und effizientere Genehmigungsverfahren, sie erfahren eine bessere regulatorische Behandlung und erhalten gegebenenfalls finanzielle Unterstützung im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF). Die Liste umfasst Projekte, die für mindestens zwei Mitgliedstaaten erhebliche Vorteile mit sich bringen, zur Marktintegration und zum Wettbewerb beitragen, die Versorgungssicherheit verbessern und die CO2-Emissionen verringern.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Abhängigkeit von Primärenergieeinfuhren, der steigenden Öl- und Gaspreise und der Verpflichtung zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes ist die Nutzung von Kernenergie zur Stromerzeugung wieder stärker ins Blickfeld gerückt. Diese Probleme sind gegen die Bedenken aufgrund der Sicherheit der Kernenergie und der Entsorgung der Abfälle aus Kernkraftwerken abzuwägen, die nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima Daiichi, die durch das schwere Erdbeben im Osten Japans (Region Tōhoku) und den anschließenden Tsunami im März 2011 ausgelöst wurde, verstärkt in den Mittelpunkt geraten. Während einige EU-Mitgliedstaaten bestehende Reaktoren weiterbetreiben oder an ihren Plänen zum Bau neuer Kernkraftwerke festhalten, beschlossen andere, ihren Umgang mit bestehenden Anlagen zu überprüfen bzw. in einigen Fällen zu ändern sowie vom Bau geplanter neuer Kernkraftwerke abzusehen. Im Juni 2013 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Änderung (COM(2013) 715 final) der bestehenden Richtlinie über einen Gemeinschaftsrahmen für die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen (Richtlinie 2009/71/EURATOM des Rates) vor. Zu den zahlreichen Zielsetzungen dieses Vorschlags zählen die Schaffung eines EU-weiten Systems von Peer Reviews für kerntechnische Anlagen, die Erhöhung der Transparenz im Bereich der nuklearen Sicherheit und die Einführung neuer Bestimmungen für die anlageninterne Notfallvorsorge und bekämpfung.

Siehe auch

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Haupttabellen

Energiestatistik – Hauptindikatoren (t_nrg_indic)
Marktanteil des größten Erzeugers im Strommarkt (ten00119)
Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energiequellen (tsdcc330)
Energiestatistik – Mengen (t_nrg_quant)
Bruttostromerzeugung insgesamt (ten00087)
Stromverbrauch der Industrie, des Verkehrswesens und der privaten Haushalte/Dienstleistungen (ten00094)
Stromverbrauch der Privathaushalte (tsdpc310)
Energiestatistik – Preise (t_nrg_price)
Strompreise nach Art des Verbrauchers (ten00117)

Datenbank

Energiestatistik – Hauptindikatoren (nrg_indic)
Marktanteil des größten Erzeugers im Strommarkt - jährliche Daten (nrg_ind_331a)
Versorgung – Elektrizität – monatliche Daten (nrg_ind_342m)
Energiestatistik – Mengen, jährliche Daten (nrg_quant)
Energiestatistik – Versorgung, Umwandlung, Verbrauch (nrg_10)
Versorgung, Umwandlung, Verbrauch – Elektrizität – jährliche Daten (nrg_105a)
Energiestatistik – Mengen, monatliche Daten (nrg_quantm)
Energiestatistik – Versorgung, Umwandlung, Verbrauch (nrg_10m)
Versorgung - Elektrizität - monatliche Daten (nrg_ind_105m)

Methodik / Metadaten

Weitere Informationen

Quelldaten für die Tabellen, Abbildungen und Karten (MS Excel)

Weblinks