STEP zur Förderung kritischer Technologien in der EU
- 25 Sep 2024

Europa muss beim grünen und digitalen Wandel einen Schritt zulegen, um mit anderen Weltmächten auf Augenhöhe zu konkurrieren. Zu diesem Schluss kommt auch der Experte für Wettbewerbsfähigkeit Mario Draghi in seinem Bericht, den er am 9. September diesen Jahres vorgelegt hat. Daher sollen mit der treffend benannten Plattform für strategische Technologien für Europa (STEP) europäische Investitionen in kritische Technologien gefördert werden, sodass die EU strategische Abhängigkeiten bei kritischen Waren wie Arzneimitteln und Mikroprozessoren reduzieren kann.
STEP wurde im März 2024 eingerichtet und ist kein neuer Fonds. Stattdessen werden Ressourcen aus 11 bestehenden EU-Finanzierungsprogrammen gebündelt und in kritische Technologien geleitet. Die Liste umfasst vier Fonds für Kohäsionspolitik: den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Sozialfonds Plus und den Fonds für einen gerechten Übergang. Die Vorteile dieses Ansatzes sind nicht auf die Finanzierungsperspektive beschränkt. Die STEP-Projekte können im Rahmen von STEP auch auf finanzielle und technische Beratung zurückgreifen.
Aufschwung für Entwicklung und Fertigung
Über STEP sollen die Entwicklung und Fertigung kritischer Technologien angeregt und der Arbeits- und Fachkräftemangel behoben werden. Als kritisch gelten solche Technologien, die innovative, aufkommende oder hochmoderne Elemente mit bedeutendem wirtschaftlichem Potenzial auf den EU-Binnenmarkt bringen und gleichzeitig die Abhängigkeit der EU von externen Anbietern verringern oder verhindern.
Die Finanzierung wird auf drei Bereiche fokussiert, die für den grünen und den digitalen Wandel wichtig sind: (1) digitale Technologien und technologisch anspruchsvolle Innovation, einschließlich künstliche Intelligenz, Quantentechnologien, fortschrittliche Halbleiter und Robotik; (2) saubere und ressourcenschonende Technologien wie Lösungen zur CO2-Abscheidung und -Speicherung oder Wärmepumpen sowie (3) Biotechnologien, darunter Molekular- und Pflanzentechnologien oder Pharmazeutika.
Konkret werden über digitale Projekte im Rahmen von STEP drängende Probleme wie der Klimawandel, Konnektivität und Navigation angegangen. Mit der Arbeit zu sauberen Technologien wird Europas Führungsposition in Bereichen wie sauberer Energie gesichert. Über Aktivitäten zu Biotechnologie schließlich werden die Bedürfnisse europäischer Bürgerinnen und Bürger in zentralen Bereichen wie Gesundheitsversorgung, Landwirtschaft und Bioökonomie erfüllt.
Die Förderung der Entwicklung und Fertigung setzt bei Prototypen an, sodass kritische Technologien und ihre Komponenten in industriellem Maßstab gefertigt werden könnten.
Wertschöpfungsketten und Kompetenzen
Über STEP werden auch die Wertschöpfungsketten gestärkt. Im Sinne des Gesetzes zu kritischen Rohstoffen fördert STEP Investitionen in Rohstoffe sowie wesentliche Dienste für kritische Technologien. Halbleiter müssen zum Beispiel in einer kontaminationsfreien Umgebung hergestellt werden. Reinräume sind also unerlässlich für ihre Produktion. Weitere wichtige Dienstleistungen sind Cloud-Computing und Hochleistungsrechnen, Testverfahren sowie Experimente und Cybersicherheit.
Für die Entwicklung und Fertigung kritischer Technologien sind viele qualifizierte Arbeitskräfte notwendig. Daher wird über STEP der Arbeits- und Fachkräftemangel thematisiert. Die Initiative regt die Industrie, öffentliche Behörden und Bildungseinrichtungen an, den Qualifikationsbedarf zu analysieren und geeignete Weiterbildungs- und Schulungsmaßnahmen einzurichten, um die Kompetenzlücke zu schließen.
Die Programme sollen auf Qualifikationen im Bereich kritischer Technologien ausgerichtet sein, zum Beispiel Cybersicherheit und Datenanalytik im Bereich digitaler Technologien oder fortschrittliche Batterien für saubere Technologie. Einige der Programme werden an Akademien für eine klimaneutrale Industrie durchgeführt, die eine Ergänzung zu STEP darstellen. Die Initiative steht auch im Einklang mit der europäischen Kompetenzagenda und Initiativen im Rahmen des EU-Kompetenzpakts.
EU-Finanzierungsinstrumente
Über STEP sollen bis zu 50 Mrd. EUR an Investitionen aus öffentlichen und privaten Quellen mobilisiert werden. Im Rahmen von 11 EU-Finanzierungsinstrumenten werden drei Unterstützungsarten angeboten. Eine Art wird direkt von der Europäischen Kommission verwaltet. Sie läuft über das Programm „Digitales Europa“, den Europäischen Verteidigungsfonds (der speziell für STEP-Projekte um 1,5 Mrd. EUR ergänzt wurde), das Programm EU4Health, Horizont Europa und den Innovationsfonds.
Eine weitere Art wird von der Europäischen Kommission und den nationalen Behörden gemeinsam verwaltet. Aufbauend auf nationalen und regionalen Erkenntnissen und Fachwissen werden die Projekte auf nationale und EU-Prioritäten ausgerichtet. Instrumente für diese Maßnahmen sind die Fonds für die Kohäsionspolitik: der Kohäsionsfonds, der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, der Europäische Sozialfonds+ und der Fonds für einen gerechten Übergang sowie die Aufbau- und Resilienzfazilität.
Im August hat die Kommission die Programmplanung von Kohäsionsfonds im Rahmen von STEP genehmigt. In Deutschland werden für Nordrhein-Westfalen über 501 Mio. EUR aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem Fonds für einen gerechten Übergang umgeleitet. Mit den Mitteln werden KMUs, Großunternehmen (in Regionen des Fonds für einen gerechten Übergang) sowie Einrichtungen für Berufsbildung und Forschung in den Bereichen kritische digitale Technologien, Biotechnologien und Kreislaufwirtschaft unterstützt. Dänemark wird die Entwicklung und Fertigung sauberer und ressourceneffizienter Technologien in den Regionen des Fonds für einen gerechten Übergang Nord- und Südjütland mit über 52 Mio. EU unterstützen, einschließlich der dazugehörigen Wertschöpfungsketten und dem Kompetenzausbau in den Unternehmen. Weitere Maßnahmen zur Umprogrammierung in den Mitgliedstaaten sollten bald eingehen.
Bei den Fonds für die Kohäsionspolitik profitieren die STEP-Projekte im Finanzierungszeitraum 2021-2027 von einer Kofinanzierungsrate von 100 %. Das heißt, dass 100 % der Kosten über EU-Ressourcen getragen werden, ohne finanzielle Verpflichtungen der Mitgliedstaaten.
Die Mitgliedstaaten können die EU-Garantie über das Programm „InvestEU“ aufstocken, indem sie 6 % der Mittel für die Aufbau- und Resilienzfazilität umschichten. Mit den zusätzlichen Mittel werden ausschließlich Investitionen im Rahmen von STEP unterstützt.
Nach Inkrafttreten von STEP haben die EU-Mitgliedstaaten nationale Anlaufstellen ernannt, die eng mit der Europäischen Kommission zusammenarbeiten und die Umsetzung von STEP auf nationaler Ebene unterstützen.
Für eine leichtere Zugänglichkeit werden die Informationen zu STEP auf einem benutzerorientierten Portal gebündelt. Dort können Projektträger schnell Möglichkeiten finden, die ihren Investitionsanforderungen entsprechen.
Weniger Risiko bei Investitionen
Die Investitionen in kritische Technologien werden über STEP zwar angekurbelt, der Investitionsbedarf in der EU ist jedoch weiterhin enorm. Unternehmen, die in kritischen Sektoren wachsen und sich etablieren wollen, finden oft kaum Finanzierungsmöglichkeiten. Daher ist Privatkapital unerlässlich, um das Potenzial der europäischen Industrie zu erschließen.
Mit STEP soll Kapital mobilisiert werden, indem das Risiko bei Projekten abgefedert wird, bei denen die Risiken aufgrund von Marktversagen sonst zu hoch wären. Davon werden Firmen unterschiedlicher Größe profitieren, die expandieren wollen, genau wie Universitäten, Forschungs- und Technologieeinrichtungen, gemeinnützige Organisationen und öffentliche Stellen.
Ein Aspekt von STEP ist, dass einzelne Projekte auf kumulierte Finanzierung aus mehreren Instrumenten des EU-Haushalts zugreifen können. Das wird über das STEP Seal ermöglicht: Ein neues EU-Siegel für hochwertige Projekte. Projekte mit dem Siegel werden auf dem STEP-Portal vorgestellt, um die Sichtbarkeit für zusätzliche Mittel sicherzustellen.
Staatliche Beihilfen
In den Regionalbeihilfeleitlinien der EU sind Vorschriften festgelegt, wie Mitgliedstaaten Unternehmen Beihilfen gewähren können, um Investitionen in benachteiligte Regionen anzuregen. Nach der Einrichtung von STEP hat die EU diese Regionalbeihilfeleitlinien geändert, damit die Mitgliedstaaten STEP-Projekten höhere Beihilfebeträge zusichern können.
In Regionen mit besonders geringem Lebensstandard oder erheblicher Unterbeschäftigung und in Regionen in äußerster Randlage kann die Erhöhung bis zu 10 Prozentpunkte betragen. In anderen benachteiligten Regionen liegt der Wert bei bis zu 5 Prozentpunkten, um die Entwicklung bestimmter Wirtschaftstätigkeiten oder einzelner Gebiete zu fördern.
Testmöglichkeiten
Durch die schnellere, strukturiertere und fokussierte Reaktion auf den Investitionsbedarf in der europäischen Industrie trägt STEP zum Ausbau der Entwicklung und Fertigung strategischer Technologien bei, um den EU-Haushalt optimal einzusetzen. Außerdem stellt die Plattform ein Testmöglichkeiten und wertvolle Erkenntnisse für kommende EU-Finanzierungsaktivitäten bereit (zum Beispiel den kürzlich angekündigten Europäischen Fonds für Wettbewerbsfähigkeit), mit denen die Wettbewerbsfähigkeit Europas im Rahmen des nächsten langfristigen EU-Haushalts gestärkt wird.