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Effektive Sichtung zur Rettung von Menschenleben bei Massenanfällen von Verletzten in Deutschland entwickelt

  • 29 January 2020

Nach Massenanfällen von Verletzten oder Terroranschlägen ist eine schnelle Sichtung – d. h. die Entscheidung, welche Opfer aufgrund der Schwere ihrer Verletzungen zuerst behandelt oder transportiert werden sollten – von entscheidender Bedeutung. Das in Deutschland entwickelte und konstruierte RescueWave®-System kann den Notdiensten helfen, diese Aufgabe effektiv zu erfüllen und Leben zu retten. Es besteht aus elektronischen Sichtungsgeräten (Rescue.Nodes) und Software zur Einsatzführung (Rescue.Board). Diese sind über ein maßgeschneidertes drahtloses Kommunikationsnetz mit automatischer Datensynchronisation und GPS-Technologie verbunden, das unabhängig von anderen Mobilfunknetzen funktioniert.

Durch die EFRE-Förderung konnten wir eine neuartige Lösung entwickeln, die zu einer schnelleren Behandlung bei Massenanfällen von Verletzten und in anderen Notfallsituationen beiträgt. Außerdem wurde uns dadurch auch die Bewältigung der technologischen und geschäftlichen Risiken ermöglicht. Für uns als KMU war die Förderung daher entscheidend, um diesen wichtigen Beitrag zum Notfallmanagement zu leisten.

Dr. Stephan Heuer, Geschäftsführer, VOMATEC Innovations

Ersthelfer verwenden Rescue.Nodes, um den Aufenthaltsort einer verletzten Person zu markieren und zu registrieren, indem sie mit Hilfe einer Wählscheibe eine der Priorität entsprechende Farbkennzeichnung vergeben. Das Gerät mit der elektronischen Farbkennzeichnung, das beim Opfer zurückgelassen wird, ist auch aus der Ferne gut zu erkennen.

Die Sichtungsergebnisse und andere Informationen werden dann auf das Rescue.Board hochgeladen, auf das vor Ort oder über mobile Geräte und Tablets zugegriffen werden kann. Die Einsatzkräfte erhalten somit einen klaren, zuverlässigen Echtzeit-Überblick der Lage, können datengestützte Entscheidungen treffen und darauf aufbauend Behandlung und Transport koordinieren.

Systematische Rettungseinsätze

Bei der Sichtung werden normalerweise farbige Papierkarten – sogenannte Sichtungskarten – auf den Verletzten angebracht, welche die Schwere der Verletzungen anzeigen. Medizinische Teams prüfen dann jede Karte, um festzustellen, wer am dringendsten Hilfe benötigt. Die Rescue.Nodes von RescueWave – die wasserdicht sind und extremen Temperaturen standhalten – und das Rescue.Board machen diese Karten sowie die Erstellung von Notfalllisten in Papierform nun überflüssig. Dadurch wird die digitale Transformation in diesem entscheidenden Bereich der öffentlichen Sicherheit gewährleistet.

Die Idee zu RescueWave kam Professor Wilhelm Stork vom Karlsruher Institut für Technologie, als er sich einen Dokumentarfilm über das Zugunglück von Eschede im Jahr 1998 in Deutschland ansah, bei dem 101 Menschen starben und 88 schwer verletzt wurden. Er erkannte die Notwendigkeit eines Systems, das sicherstellt, dass zukünftige Rettungseinsätze systematischer durchgeführt werden können.

Es folgte über ein Jahrzehnt der Forschung und Entwicklung, bis RescueWave zur Marktreife gebracht wurde. Einen wesentlichen Bestandteil dieses Prozesses stellte die Erprobung in 13 realistischen Übungsszenarien mit 500 Personen dar. Die Tests, bei denen über 800 Stunden Daten gesammelt wurden, ermöglichten es, Rückmeldungen von Rettungskräften einzuholen und das System zu optimieren. Auf diese Weise wurde garantiert, dass es leicht in die bestehenden Verfahren der Einsatzführung integriert werden konnte.

Digitalisierung und Automatisierung von Arbeitsabläufen bei der Einsatzführung

RescueWave bietet Unterstützung in allen Phasen der Einsatzführung. Es ermöglicht die Aufzeichnung aller für eine sofortige Reaktion erforderlichen Patientendaten sowie Einzelheiten zur Erstbehandlung und zum Transport. Such- und Rettungsinformationen sowie andere personenbezogene Daten können hinzugefügt und einzelne Verletzte je nach Art ihrer Verletzungen bestimmten Krankenhäusern zugewiesen werden.

Der Standort und die Sichtungskategorie jedes einzelnen Patienten werden auf einer Karte visualisiert, so dass sich die Teams direkt dorthin begeben können, wo sie am meisten gebraucht werden, und sich eine Vorstellung von der Zahl der Verletzten und der Größe des abzudeckenden Gebietes machen können. Darüber hinaus können Krankenhäuser und Kontrollzentren mit dem Funknetz verbunden und das System an die Anforderungen verschiedener Teams angepasst werden. Installations- und Schulungsdienste werden ebenfalls angeboten.

RescueWave hilft, Missverständnisse zu vermeiden und reduziert den Abstimmungsbedarf über Funk. Dadurch können Entscheidungen schnell getroffen und Ressourcen effizient eingesetzt werden, so dass die Patienten so wenig Zeit wie möglich am Unfallort ausharren müssen. 

In Deutschland vertrauen bereits mehrere Landkreise und die Feuerwehr einer Großstadt auf RescueWave. Als erste digitale Lösung für diesen Bereich erregt das System aber auch international Aufmerksamkeit.

Gesamtinvestition und EU-Mittel

Die Gesamtinvestition für das Projekt „RescueWave“ beläuft sich auf 562 651 EUR, an der sich der Europäische Fonds für regionale Entwicklung der EU mit 249 106 EUR im Rahmen des operationellen Programms „Rheinland-Pfalz“ für den Programmplanungszeitraum 2014-2020 beteiligt. Die Investition fällt unter die Priorität „Forschung und Innovation“.