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Therapie der Birkenpollenallergie durch Apfelkonsum

  • 17 June 2020

Das Projekt „AppleCare“ hat eine gesunde und zeitsparende Alternative zu synthetischen Langzeit-Immuntherapien zur Heilung der Birkenpollenallergie entwickelt. Ein in der italienisch-österreichischen Grenzregion beheimatetes Team aus Medizin und Wissenschaft hat gemeinsam eine strategische Ernährungsweise erarbeitet, mit der sich von Allergien Betroffene zu Hause allein durch den Konsum von Äpfeln selbst heilen können.

Patienten, die in einer Vorstudie diese Therapie erhalten hatten, konnten nicht nur Äpfel essen, ohne anschließend Symptome zu zeigen, sondern auch anderes Obst, Nüsse und Gemüse, die sie zuvor wegen Kreuzreaktionen vermieden hatten.

Dr. Thomas Letschka, Leiter des Fachbereichs „Angewandte Genomik und Molekularbiologie“ und Gruppenleiter Züchtungsgenomik am Versuchszentrum Laimburg

Unter Leitung des Versuchszentrums Laimburg in Italien wurden im Rahmen des Projekts jene Apfelsorten ermittelt, die einen bestimmten Allergengehalt aufweisen und als Grundlage für eine Ernährung dienen können, mit der sich, über einen gewissen Zeitraum eingehalten, die Pollenallergie erfolgreich behandeln und heilen lässt.

Im Zuge des Projekts entstand außerdem eine überregionale Allergiepatienten-Datenbank, die dem Projekt nicht nur zu Freiwilligen für klinische Tests verholfen hat, sondern auch als Basis für neue gemeinsame Projekte und Forschungsaktivitäten dienen wird. Auf diese Weise fördern Projekte wie AppleCare unmittelbar grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Innovation.

Europas größtes Apfelanbaugebiet

Entstanden ist AppleCare im norditalienischen Südtirol, dem bei weitem größte Anbaugebiet für Äpfel in Europa. Forschungsinstitute aus Innsbruck, der Südtiroler Sanitätsbetrieb und das Versuchszentrum Laimburg aus Bozen haben ihre Expertise in den Bereichen Medizin, Immunologie, Molekularbiologie und organische Chemie gebündelt und die für eine allergenarme Ernährung am besten geeigneten Apfelsorten ermittelt.

Das Versuchszentrum Laimburg hat Fruchtfleisch, Schale und Stiel von über 30 regionalen Apfelsorten molekular und biochemisch auf ihren Allergengehalt getestet und analysiert. Verschiedene Apfelsorten wurden in klinischen Tests an den Kliniken in Bozen und Innsbruck an Freiwilligen mit Allergien erprobt.

Apfel- und Birkenpollen

Hochauflösende 3D-Analysen an der Universität Innsbruck konnten bestätigen, dass das Apfelallergen Mal d1 in Zusammensetzung und Struktur dem Birkenpollenallergen Bet v1 ähnelt. Über 70 % der von Birkenpollenallergie Betroffenen zeigen ähnliche Reaktionen, wenn sie bestimmte Obstsorten, insbesondere Äpfel, essen.

Ursache dafür ist, dass das menschliche Immunsystem das Apfel- mit dem Birkenpollenallergen verwechselt und die gleichen starken Reaktionen in Nase, Mund und Rachen, das sogenannte orale Allergiesyndrom, auslöst.

Dies führte die Projektpartner zu der Hypothese, dass eine Hyposensibilisierung oder Immuntherapie durch den Konsum bestimmter Apfelsorten erzielt werden könnte.

Apfeltherapie

Die daraufhin entwickelte „Apfeltherapie“ besteht darin, über einen bestimmten Zeitraum bestimmte Apfelsorten in festgelegter Menge und Abfolge zu essen. Zunächst essen die von Allergien Betroffenen über drei Monate eine allergenarme Sorte, etwa die Sorte Red Moon® oder eine andere rotfleischige Sorte. Anschließend wird wiederum über drei Monate eine Sorte mit mittlerem Allergiepotenzial, etwa die Sorte Pink Lady®, konsumiert. Im letzten Schritt wird über einen Zeitraum von mindestens neun Monaten eine hochallergene Sorte, etwa Golden Delicious oder Gala, gegessen.

„Betroffene, die in einer Vorstudie diese Therapie erhalten hatten, konnten nicht nur Äpfel essen, ohne anschließend Symptome zu zeigen, sondern auch anderes Obst, Nüsse und Gemüse, die sie zuvor wegen Kreuzreaktionen vermieden hatten.

Vor allem aber litten die Behandelten im Frühjahr unter deutlich milderen Heuschnupfensymptomen. Diese Ergebnisse müssen nun in einer groß angelegten klinischen Studie bestätigt werden.“

Gesündere, schnellere Alternative

Bis vor Kurzem bestand eine der wirksamsten Therapien der Birkenpollenallergie darin, das menschliche Immunsystem durch synthetische Mittel zu modifizieren. Diese Therapie ist zwar effektiv, nimmt aber mehrere Jahre in Anspruch und erfordert zahlreiche ärztlich durchgeführte Injektionen. Das erschwert es den Patientinnen und Patienten, die Therapie bis zum Ende durchzuhalten.

20 % der mitteleuropäischen Bevölkerung sind von der Birkenpollenallergie betroffen. Während der Blütezeit schweben die Pollen durch die Luft und verursachen Irritationen in Augen, Nase, Mund und Rachen. In Tirol nimmt das Allergieproblem zu, nicht nur wegen der Birkenpollen, sondern auch wegen der ganzjährigen Verfügbarkeit von Apfelsorten. Deshalb ist die Region der ideale Ort für die Entwicklung und Erprobung der neuen Therapie.

Gesamtinvestition und EU-Mittel

Die Gesamtinvestition für das Projekt „AppleCare – Therapie der Birkenpollenallergie durch Apfelkonsum“ beläuft sich auf 799 905 EUR, an der sich der Europäische Fonds für regionale Entwicklung der EU mit 617 972 EUR im Rahmen des operationellen Programms „Interreg Italien-Österreich“ für den Programmplanungszeitraum 2014-2020 beteiligt. Die Investition fällt unter die Priorität „Forschung und Innovation“.