Luxemburg: EuGH-Urteil zum Schutz für EU-Bürger vor Auslieferung an einen Drittstaat
Bosnien-Herzegowina hat Deutschland ersucht, einen kroatischen Staatsbürger auszuliefern, um eine Freiheitsstrafe vollstrecken zu können. Da nach dem deutschen Grundgesetz Deutsche nicht ausgeliefert werden dürfen, fragt sich das Oberlandesgericht München, ob dieser Schutz vor Auslieferung kraft EU-Recht auch für EU-Bürger gelten muss. Die bisherige EuGH-Rechtsprechung scheine für eine solche Gleichbehandlung zu sprechen. Der vorliegende Fall weise gegenüber den bisher entschiedenen Fällen jedoch eine Besonderheit auf: Deutschland sei Bosnien-Herzegowina gegenüber nämlich aufgrund eines völkerrechtlichen Übereinkommens verpflichtet, Nichtdeutsche auszuliefern. Das OLG München möchte daher wissen, ob die Auslieferung trotz dieser völkerrechtlichen Verpflichtung abzulehnen ist. Generalanwalt Jean Richard de la Tour hat in seinen Schlussanträgen vom 14. Juli 2021 die Ansicht vertreten, dass der ersuchte Mitgliedstaat verpflichtet sei, aktiv zu prüfen, ob es eine alternative Maßnahme zur Auslieferung gebe, die die Ausübung des Rechts des von einem Auslieferungsersuchen betroffenen Unionsbürgers auf Freizügigkeit und Aufenthalt weniger beeinträchtige. Wenn trotz der Schritte, die der ersuchte Mitgliedstaat beim ersuchenden Drittstaat unternommen habe, keine alternative Maßnahme zur Auslieferung gefunden werden könne, hinderten das unionsrechtliche Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und die unionsrechtlich garantierte Freizügigkeit für Unionsbürger den ersuchten Mitgliedstaat nicht an der Auslieferung dieses Unionsbürgers. Ansprechpartner für die Presse beim EuGH hier. Weitere Informationen hier.