Luxemburg: EuGH-Urteil zum Verbot der Befolgung drittstaatlicher Sekundärsanktionen
Die Bank Melli Iran mit Zweigniederlassung in Hamburg macht vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht geltend, dass die von der Telekom Deutschland ausgesprochene ordentliche Kündigung des zwischen ihnen bestehenden Vertrags über Telekommunikationsdienstleistungen unwirksam sei. Der wahre Grund für diese Kündigung sei nämlich, dass die Telekom amerikanische Sekundärsanktionen befolgen wolle, die Nicht-US-Unternehmen Geschäfte mit gelisteten iranischen Unternehmen wie der Bank Melli verböten. Damit verstoße die Telekom jedoch gegen die EU-Blocking-Verordnung Nr. 2271/96, wonach EU-Unternehmen solche drittstaatlichen Sekundärsanktionen nicht befolgen dürften. Die Telekom ist hingegen der Ansicht, dass die Blocking-Verordnung sie nicht daran hindere, eine ordentliche Kündigung, die keinen Kündigungsgrund voraussetze, auszusprechen. Außerdem drohten ihr erhebliche wirtschaftliche Einbußen auf dem US-Markt (der Telekom-Konzern macht dort 50 Prozent seines Umsatzes), wenn sie die - noch dazu wirtschaftlich uninteressanten - Geschäftsbeziehungen mit der Bank Melli fortsetze. Das Hanseatische Oberlandesgericht ersucht den Gerichtshof vor diesem Hintergrund um Auslegung der EU-Blocking-Verordnung. Generalanwalt Hogan hat in seinen Schlussanträgen vom 12. Mai 2021 die Ansicht vertreten, dass sich iranische Unternehmen vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf die EU-Blocking-Verordnung berufen könnten. Die Entscheidung eines EU-Unternehmens, eine Vertragsbeziehung zu einem iranischen Unternehmen zu beenden, das US-amerikanischen Primärsanktionen unterliege, sollte für nichtig erachtet werden, wenn sie sich nicht aus anderen Gründen rechtfertigen lässt als dem Bestreben, US-amerikanischen Rechtsvorschriften nachzukommen, die Sekundärsanktionen im Hinblick auf nicht US-amerikanische Unternehmen vorsehen, die Geschäftsbeziehungen zu solchen iranischen Unternehmen unterhalten. Weitere Informationen hier. Ansprechpartner für die Presse beim EuGH hier.
Luxemburg: EuGH-Urteil zu Fluggastrechte, unter anderem bei Vorverlegung eines Flugs
Das Landgericht Düsseldorf und das Landesgericht Korneuburg möchten vom Gerichtshof unter anderem wissen, ob Fluggästen nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung auch dann eine Entschädigung zustehen kann, wenn ihr Flug vorverlegt wurde. Insbesondere wird danach gefragt, ob die Vorverlegung als Annullierung anzusehen ist und ob es sich bei der Mitteilung der Vorverlegung um das Angebot einer anderweitigen Beförderung handelt. Außerdem geht es um die Frage, unter welchen Umständen ein Fluggast, der über ein Reiseunternehmen gebucht hat, über eine „bestätigte Buchung“ verfügt (was Voraussetzung für die Geltendmachung von Ansprüchen aus der Verordnung ist). Generalanwalt Pikamäe hat in seinen Schlussanträgen vom 23. September 2021 unter anderem die Ansicht vertreten, dass eine Flugannullierung vorliege, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen den im Rahmen einer Pauschalreise gebuchten Flug um mindestens zwei Stunden vorverlege. Ein Fluggast könne über eine „bestätigte Buchung“ verfügen, wenn er von dem Reiseunternehmen einen „anderen Beleg“ erhalten habe, der eine Beförderungszusage für einen bestimmten (durch Abflugs- und Ankunftsort, Abflugs- und Ankunftszeit und Flugnummer individualisierten) Flug enthalte, auch wenn das Reiseunternehmen eine Platzreservierung für diesen Flug bei dem betreffenden Luftfahrtunternehmen weder vorgenommen noch von diesem bestätigt erhalten habe. EbS+ zeigt Aufzeichnungen. Weitere Informationen hier: Rechtssachen C-146/20, C-188/20, C-196/20, C-270/20, C-263/20 und C-395/20. Ansprechpartner für die Presse beim EuGH hier.
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