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Archive:Eurostat und das Europäische Statistische System

Letzte Textaktualisierung: März 2017. Die deutsche Sprachversion dieses Artikels ist archiviert.Die Aktualisierung der englischen Sprachversion ist hier verfügbar.

Eurostat ist das statistische Amt der Europäischen Union (EU) mit Sitz in Luxemburg. Es hat die Aufgabe, der EU europäische Statistiken zu liefern, die Vergleiche zwischen Ländern und Regionen ermöglichen.

Eurostat

Eurostat hat den Auftrag, hochwertige Statistiken über Europa bereitzustellen. Dabei vertritt das Amt Werte wie Respekt und Vertrauen, Exzellenzförderung, Innovationsförderung, Serviceorientierung und fachliche Unabhängigkeit.

Eurostat ist eine der Generaldirektionen der Europäischen Kommission. Es wird von einem Generaldirektor und einem Stellvertretenden Generaldirektor geleitet. Seit dem 1. Januar 2012 sind sieben Direktoren für die verschiedenen Arbeitsbereiche zuständig:

  • Zusammenarbeit im Europäischen Statistischen System; Internationale statistische Zusammenarbeit; Ressourcen;
  • Methoden und übergreifende Dienste im Bereich Statistik und IT;
  • Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Preise und Schlüsselindikatoren;
  • Statistik der Staatsfinanzen (GFS) und Qualität;
  • Sektorale und regionale Statistiken;
  • Sozialstatistik;
  • Globale Unternehmensstatistik.

Mehr als 800 Personen arbeiten bei Eurostat. Davon sind 72 % Beamte und Bedienstete auf Zeit, 19 % von den EU-Mitgliedstaaten abgeordnete Sachverständige und Vertragspersonal und 9 % Praktikanten, Zeitarbeitskräfte und externe Dienstleistungsanbieter. Die Eurostat zugewiesenen operationellen Haushaltsmittel beliefen sich 2017 auf 58,0 Mio. EUR. Diese Mittel wurden für die Umsetzung des Europäischen Statistischen Programms (ESP) verwendet. Zusätzlich zu den eigenen Haushaltsmitteln erhält Eurostat delegierte Mittel von anderen Generaldirektionen der Europäischen Kommission, 2016 in Höhe von 11,0 Mio. EUR.

Das Europäische Statistische System (ESS)

Seit der Einrichtung eines europäischen statistischen Amtes im Jahr 1952 war man sich immer im Klaren, dass zuverlässige und vergleichbare Statistiken eine Grundlage für die Planung und die Durchführung der europäischen Politik bilden müssen. Der Bedarf an vergleichbaren Statistiken auf EU-Ebene führte zum schrittweisen Aufbau des Europäischen Statistischen Systems (ESS).

Beim ESS handelt es sich um eine Partnerschaft zwischen der Statistikbehörde der EU, d. h. der Europäischen Kommission (Eurostat), den nationalen statistischen Ämtern (NSÄ) und anderen einzelstaatlichen Stellen, die in den einzelnen Mitgliedstaaten für die Entwicklung, Erstellung und Verbreitung europäischer Statistiken zuständig sind. Diese Partnerschaft umfasst auch die EFTA-Länder.

Das ESS ist ein Netzwerk, in dem Eurostat in enger Zusammenarbeit mit den nationalen statistischen Stellen eine Leitfunktion bei der Harmonisierung der Statistiken innehat. Im Mittelpunkt der Arbeiten des ESS stehen die Politikbereiche der EU. Infolge der Ausweitung der Politikfelder der EU sind mittlerweile fast alle statistischen Bereiche in die Harmonisierung einbezogen.

Das ESS koordiniert seine Arbeit auch mit den Kandidatenländern und auf europäischer Ebene mit anderen europäischen Kommissionsdienststellen und Agenturen und dem Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) sowie internationalen Organisationen wie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), den Vereinten Nationen (UN), dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank.

Rechtsrahmen von Eurostat

Am 17. September 2012 nahm die Europäische Kommission einen Beschluss über Eurostat (2012/504/EU) an, mit dem der frühere Beschluss über Eurostat (97/281/EG) aufgehoben wurde. In diesem Beschluss wird bekräftigt, dass Eurostat nach den statistischen Grundsätzen der fachlichen Unabhängigkeit, der Unparteilichkeit, der Objektivität, der Zuverlässigkeit, der statistischen Geheimhaltung und der Kostenwirksamkeit europäische Statistiken entwickelt, erstellt und verbreitet. Außerdem wird auf den Verhaltenskodex für europäische Statistiken – Ausgabe 2011 verwiesen.

In dem Beschluss werden die Aufgaben von Eurostat neu formuliert und die Zuständigkeiten und die Unabhängigkeit des Generaldirektors von Eurostat als Chefstatistiker der Europäischen Union festgelegt. Zu den Aufgaben des Chefstatistikers gehört es, anderen Generaldirektionen Empfehlungen zu geben, nachdem er zu ihren Plänen bezüglich der Erstellung von Statistiken konsultiert wurde.

Allgemein wird in dem Beschluss die Rolle Eurostats bei der Lenkung, Planung und Koordinierung anderer statistischer Tätigkeiten innerhalb der Europäischen Kommission festgelegt. Ferner wird die Bedeutung der Überwachung und Beurteilung der Datenqualität sowie der Berichterstattung über die Qualität hervorgehoben und auf die Förderung und Anwendung eines Kennzeichnungsverfahrens für europäische Statistiken hingewiesen.

Europäische Statistik und AESS – Rechtsrahmen

Mit der Verordnung (EG) Nr. 223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 über europäische Statistiken wurde ein neuer Rechtsrahmen für die Entwicklung, Erstellung und Verbreitung europäischer Statistiken geschaffen. Laut der Verordnung werden europäische Statistiken nach den in Artikel 338 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union festgelegten und im Verhaltenskodex für europäische Statistiken weiter ausgearbeiteten statistischen Grundsätzen entwickelt. Im Vertrag heißt es: „Die Erstellung der Unionsstatistiken erfolgt unter Wahrung der Unabhängigkeit, der Kostenwirksamkeit und der statistischen Geheimhaltung; der Wirtschaft dürfen dadurch keine übermäßigen Belastungen entstehen.“

Nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 223/2009 wird ein Ausschuss für das Europäische Statistische System (AESS)eingesetzt, der das Herzstück des ESS bildet, denn er „gibt dem ESS fachliche Anleitung bei der Entwicklung, Erstellung und Verbreitung europäischer Statistiken“. Den Vorsitz im ESS hat die Europäische Kommission (Eurostat) inne; der Ausschuss besteht aus Vertretern der nationalen statistischen Ämter der EU-Mitgliedstaaten. Die nationalen statistischen Ämter der Länder des EWR und der EFTA-Länder nehmen als Beobachter teil, eine Möglichkeit, die auch Vertreter anderer europäischer/internationaler Organisationen, beispielsweise der Europäischen Zentralbank (EZB), der OECD oder der UN wahrnehmen können.

Die Verordnung (EG) Nr. 223/2009 wurde durch die Verordnung (EU) 759/2015 geändert. Ihr Ziel ist es, das ESS zu stärken und ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit der europäischen Statistik zu gewährleisten. Insbesondere sieht diese Änderungsrichtlinie vor, dass die Leiter der NSÄ die Tätigkeiten der einzelnen Staaten zur Vorbereitung europäischer Statistiken koordinieren und dass sie die alleinige Verantwortung für Entscheidungen über Prozesse, statistische Methoden, Standards und Verfahren sowie über Inhalt und Zeitplan der Veröffentlichungen für alle europäischen Statistiken tragen. Die Leiter der NSÄ dürfen Weisungen von staatlichen oder anderen Einrichtungen weder einholen noch entgegennehmen; der Generaldirektor von Eurostat hat die gleichen Rechte und Pflichten. Die Verfahren für die Einstellung und Ernennung der Leiter der NSÄ und des Generaldirektors von Eurostat müssen transparent sein und dürfen nur auf fachlichen Kriterien beruhen. Darüber hinaus enthält die Verordnung einige Elemente, die von der Europäischen Kommission umgesetzt werden müssen; dabei geht es insbesondere um die fachliche Unabhängigkeit des Generaldirektors von Eurostat, um einen jährlich stattfindenden statistischen Dialog und darum, das Vertrauen in die Statistik zu gewährleisten.

Ziele und Instrumente

Eurostat will:

  • andere europäische Organe und die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten mit den Informationen versorgen, die sie zur Planung, Durchführung, Überwachung und Bewertung der europäischen Politik benötigen;
  • Statistiken in der europäischen Öffentlichkeit und in europäischen Unternehmen sowie bei allen in die Entscheidungsfindung eingebundenen wirtschaftlichen und sozialen Akteuren verbreiten;
  • eine Reihe von Standards, Methoden und Organisationsstrukturen umsetzen, die im Einklang mit den Grundsätzen des Verhaltenskodex für europäische Statistiken die Erstellung vergleichbarer, verlässlicher und relevanter Statistiken in der gesamten EU ermöglichen;
  • die Funktionsweise des ESS verbessern, die Mitgliedstaaten unterstützen und bei der Entwicklung statistischer Systeme auf internationaler Ebene behilflich sein.

Eurostat und seine Partner im ESS haben sich zum Ziel gesetzt, relevante, objektive, zuverlässige und vergleichbare statische Daten bereitzustellen. Der Zugang zu hochwertigen Statistiken ist ebenso wie Eurostats Verpflichtung zu vertrauenswürdigem Verhalten gesetzlich verankert. Europäische Statistiken sollen allen Nutzern unterschiedslos zur Verfügung gestellt werden, so dass öffentliche Verwaltungen, Forscher, Gewerkschaften, Studierende, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen (NGO) und andere einfach und kostenlos auf Daten zugreifen können. Die Abfrage der neuesten Statistiken sowie eines immer umfangreicher werdenden Datenarchivs wird durch Datenbanken gewährleistet, die über die Eurostat-Website kostenlos zugänglich sind.

Welche Daten erhoben und an Eurostat übermittelt werden, wird in einem klar definierten politischen Prozess auf europäischer Ebene vereinbart, in den die EU-Mitgliedstaaten eng eingebunden sind. Um Statistiken erstellen zu können, die zwischen den einzelnen Ländern vergleichbar sind, werden Konzepte und Definitionen, aber auch technische Standards und Infrastrukturen benötigt. Eine der zentralen Aufgaben von Eurostat ist es, diesen Harmonisierungs- und Standardisierungsprozess zu steuern und zu vereinfachen.

ESGAB und ESAC

Zur Stärkung der Rechenschaftspflicht des ESS erarbeitet das Europäische Beratungsgremium für die Statistische Governance (ESGAB), das 2008 eingerichtet wurde, einen jährlichen Bericht für das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung des Verhaltenskodex für europäische Statistiken durch Eurostat und das gesamte ESS. Das Beratungsgremium setzt sich aus sieben unabhängigen Mitgliedern zusammen. Die Jahresberichte des ESGAB sind auf seiner Website verfügbar.

Der ebenfalls 2008 eingerichtete Europäische Beratende Ausschuss für Statistik (ESAC) unterstützt das Europäische Parlament, den Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission und gewährleistet, dass der Nutzerbedarf und die für die Datenlieferanten entstehenden Kosten berücksichtigt werden. Dazu berät er die Europäische Kommission bei der Prioritätensetzung aus der Sicht der Nutzer. Der Ausschuss hat 24 Mitglieder, die Nutzer, Auskunftspflichtige und andere Interessenträger im Bereich der europäischen Statistik (Wissenschaft, Sozialpartner und Zivilgesellschaft) sowie institutionelle Nutzer (z. B. den Europäischen Rat und das Europäische Parlament) vertreten.

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Weblinks