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Archive:Verbraucherpreisindizes – Inflation und vergleichende Preisniveaus

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Daten von September 2011. Neueste Daten: Weitere Informatonen von Eurostat, Haupttabellen und Datenbank

Der Anstieg des Preisniveaus von Waren und Dienstleistungen in einer Volkswirtschaft wird als Inflation bezeichnet und in der Regel anhand des Verbraucherpreisindexesoder des Indexes der Einzelhandelspreise gemessen. Für die Beobachtung der Preisentwicklung innerhalb der Europäischen Union (EU) wurde ein spezieller Verbraucherpreisindex entwickelt, der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI).

Bei einer Inflation in einer Volkswirtschaft verliert das Geld an Kaufkraft, und die Verbraucher können nicht mehr dieselbe Menge an Waren und Dienstleistungen (zum selben Geldbetrag) kaufen. Wenn hingegen die Preise fallen, sollten die Verbraucher mehr Waren und Dienstleistungen kaufen können; diese Entwicklung wird auch als Deflation bezeichnet. Bei unverändertem Preisniveau (oder einer relativ niedrigen Inflationsrate) spricht man von einer Phase der Preisstabilität.

Für einen Vergleich der Preise zwischen den Ländern spielen nicht nur die Veränderungen des Preisniveaus, sondern auch Veränderungen der Wechselkurse eine Rolle; diese beiden Faktoren beeinflussen zusammengenommen die Preis- und Kostenwettbewerbsfähigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten.

Kaufkraftparitäten werden zur Schätzung von Unterschieden des Preisniveaus verschiedener Länder herangezogen; aus diesen können Preisniveauindizes berechnet werden. Preisniveauindizes können auch als Basis für eine Analyse der Preiskonvergenz verwendet werden.

Abbildung 1: Gesamt-HVPI, durchschnittliche jährliche Inflationsrate, 2000-2010
(in %) – Quelle: Eurostat (prc_hicp_aind) und (prc_ipc_a)
Tabelle 1: Gesamt-HVPI, durchschnittliche jährliche Inflationsrate, 2000-2010
(in %) – Quelle: Eurostat (prc_hicp_aind) und (prc_ipc_a)
Abbildung 2: HVPI nach Hauptkategorien, durchschnittliche jährliche Inflationsrate EU-27, 2010
(in %) – Quelle: Eurostat (prc_hicp_aind)
Tabelle 2: Vergleichende Preisniveaus, 2000-2010 (1)
(Konsum der privaten Haushalte einschl. indirekter Steuern,
EU-27=100) – Quelle: Eurostat (tsier010)
Abbildung 3: Preiskonvergenz zwischen den EU-Mitgliedstaaten, 2000-2010
(in %, Variationskoeffizient der vergleichenden Preisniveaus des Konsums der privaten Haushalte einschl. indirekter Steuern)
– Quelle: Eurostat (tsier020)

Wichtigste statistische Ergebnisse

Im Vergleich zur Entwicklung in der Vergangenheit stiegen die Verbraucherpreisindizes in den letzten beiden Jahrzehnten nur moderat. Die Inflationsrate für die EU (bewegliches Aggregat je nach der Zahl der Mitgliedstaaten) ging in den 90-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf 1,2 % im Jahr 1999 zurück und pendelte sich zwischen 2000 und 2007 bei ca. 2 % jährlich ein.

2008 betrug die durchschnittliche jährliche Inflationsrate in der EU 3,7 %. Dieser starke Preisanstieg kann weitgehend auf die rasche Erhöhung der Energie- und Nahrungsmittelpreise zwischen Herbst 2007 und Herbst 2008 zurückgeführt werden. Tatsächlich verzeichneten die Verbraucherpreise für Nahrungsmittel 2008 mit einem Anstieg von durchschnittlich 6,7 % in der EU historisch hohe Inflationsraten; diese Erhöhung war vor allem bedingt durch die spürbare Verteuerung von Milcherzeugnissen, Speiseölen und Fetten.

2009 lag die jährliche Inflationsrate für die EU bei 1,0 %; dies steht in Zusammenhang mit den zwischen Sommer 2008 und Sommer 2009 rückläufigen Nahrungsmittelpreisen. Die Energiepreise sanken in der Zeit von Dezember 2008 bis November 2009; wobei der größte Rückgang im Juli 2009 stattfand (-10,4 % gegenüber demselben Monat des Vorjahres).

2010 schien sich der Preisanstieg in der EU leicht zu beschleunigen, denn die jährliche Inflationsrate lag bei 2,1 %, also in etwa auf dem Niveau in den Jahren bis zur Finanz- und Wirtschaftskrise. Im April 2011 erreichte die Inflationsrate (gegenüber dem Vorjahreszeitraum) 3,3 %, und zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels im August 2011 betrug der Wert 2,9 %. 2010 lag die jährliche Inflationsrate für zwei Hauptkategorien über 5 %, nämlich für Verkehr und Alkohol und Tabak – siehe Abbildung 2 – während es für den Bereich Kommunikation fast keine Veränderung gab (-0,1 %).

Irland (-1,6 %) und Lettland (-1,2 %) meldeten 2010 Preisrückgänge, der rascheste Preisanstieg in den Mitgliedstaaten wurde hingegen in Rumänien beobachtet (6,1 %); einen stärkeren Preisanstieg verzeichneten die Türkei und Island – siehe Tabelle 1.

Das relative Preisniveau des Konsums der privaten Haushalte ist in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. 2010 reichte die Bandbreite von 51 in Bulgarien bis 143 in Dänemark (EU-27=100). Erhebliche Zunahmen ihrer vergleichenden Preisniveaus beobachteten mehrere Länder, die der EU 2004 bzw. 2007 beigetreten sind, insbesondere die Slowakei, die Tschechische Republik, Estland, Ungarn und Rumänien, aber auch Luxemburg, in den zehn Jahren zwischen 2000 und 2010. Dagegen meldeten nur wenige Mitgliedstaaten einen Rückgang ihrer vergleichenden Preisniveaus, insbesondere das Vereinigte Königreich, das im Jahr 2000 20 % über dem Durchschnitt der EU-27 lag, wies 2010 Durchschnittswerte auf. Während dieser Jahre kam es zu einer Konvergenz der Preisniveaus innerhalb der EU-27 insgesamt: Der Variationskoeffizient der vergleichenden Preisniveaus sank von 33,3 % im Jahr 2000 auf 23,9 % im Jahr 2008, stieg 2009 auf 25,7 % und sank dann 2010 erneut leicht auf 25,1 %. Im Zeitraum 2000 bis 2010 wiesen die Preisniveaus im Euroraum ein homogeneres Bild auf als in der EU-27 insgesamt.

Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Inflation

Die harmonisierten Verbraucherpreisindizes sollen die Veränderungen der Preise der von privaten Haushalten erworbenen Waren und Dienstleistungen im Zeitverlauf messen. Diese Indizes decken praktisch alle Waren und Dienstleistungen ab, die Haushalte bei monetären Transaktionen erwerben können; selbst genutztes Wohneigentum ist jedoch noch nicht inbegriffen. Die Waren und Dienstleistungen werden nach der internationalen Klassifikation der Verwendungszwecke des Individualverbrauchs eingeteilt, die der Zusammenstellung der harmonisierten Verbraucherpreisindizes angepasst wurde (COICOP/HVPI). Auf der untersten Ebene dieser Systematik veröffentlicht Eurostat rund 100 Teilindizes für Verbraucherpreise, die zu Indizes für größere Kategorien von Waren und Dienstleistungen zusammengefasst werden können. Die Inflationsrate ist ein Beispiel hierfür; sie wird als Veränderungsrate des Gesamt-HVPI berechnet.

Die Indizes werden anhand eines einheitlichen Ansatzes mit einheitlichen Definitionen berechnet und liefern vergleichbare Messwerte für die Inflation der Verbraucherpreise in allen Ländern sowie für verschiedene Ländergruppen, z. B. EU, Euroraum und Europäischer Wirtschaftsraum (EWR). Es gibt drei wichtige HVPI-Aggregate: den Verbraucherpreisindex für die Währungsunion, der für die Länder des Euroraums gilt, den Europäischen Verbraucherpreisindex (EVPI) für alle EU-Mitgliedstaaten und den Verbraucherpreisindex des Europäischen Wirtschaftsraums, der zusätzlich zu den EU-Mitgliedstaaten noch Island und Norwegen einbezieht. Zu beachten ist, dass bei diesen Aggregaten Veränderungen in der Zusammensetzung der jeweils abgedeckten Ländergruppe durch die Verwendung eines Kettenindex Rechnung getragen wird; so ist Slowenien beim Verbraucherpreisindex für die Währungsunion erst ab 2007 berücksichtigt, Zypern und Malta ab 2008, die Slowakei erst ab 2009 und Estland erst ab 2011.

Die harmonisierten Verbraucherpreisindizes werden mit einem einheitlichen Basisjahr dargestellt (derzeit 2005=100). Normalerweise werden anhand der Indizes prozentuale Veränderungen ermittelt, die den Preisanstieg/-rückgang in dem betreffenden Zeitraum angeben. Die Preisänderungen in den Tabellen und Abbildungen dieses Artikels werden als Jahresdurchschnittswerte angegeben, die Basisindizes werden jedoch von Eurostat monatlich erstellt und veröffentlicht. Die Veröffentlichung der harmonisierten Verbraucherpreisindizes erfolgt rund 14 bis 16 Tage nach Ende des Berichtsmonats. Die meisten Daten liegen seit Mitte der 90-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Reihen vor.

Vergleichende Preisniveaus

Im Rahmen des Eurostat-OECD-Programms Kaufkraftparitäten (KKP) werden in regelmäßigen Abständen die Preise von Waren und Dienstleistungen des privaten Verbrauchs erhoben, und zwar in den EU-Mitgliedstaaten, in den EFTA-Ländern, in den Kandidatenländern (Montenegro, Kroatien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und der Türkei) und in drei westlichen Balkanländern (Albanien, Bosnien und Herzegowina und Serbien). Jeder Erhebungszyklus umfasst sechs Erhebungen, die sich auf eine bestimmte Gruppe von Produkten des privaten Verbrauchs beziehen, wobei zwei Erhebungen pro Jahr durchgeführt werden und der gesamte Zyklus somit drei Jahre umfasst. Die letzten Erhebungen wurden 2008, 2009 und 2010 durchgeführt, und die 2008 und 2009 erfassten Preise wurden unter Heranziehung detaillierter Verbraucherpreisindizes 2010 aktualisiert.

Anhand von KKP werden Preisniveauunterschiede zwischen den Ländern geschätzt; dabei handelt es sich um aggregierte Preisrelationen, die anhand von Preisvergleichen innerhalb einer breiten Palette von Waren und Dienstleistungen berechnet werden. Sie dienen der Berechnung von Preisniveauindizes, die im Verhältnis der Kaufkraftparitäten zu den Wechselkursen ermittelt werden. Preisniveauindizes können für eine Reihe von Ausgabenaggregaten auf der Grundlage der Ausgabenklassifikation der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ermittelt werden. Die unterschiedlichen Preisniveaus für Waren und Dienstleistungen sollten auf der Grundlage der Konsumausgaben der privaten Haushalte analysiert werden. Eurostat gibt detaillierte Informationen über Preisniveauindizes für über 30 verschiedene Gruppen von Waren und Dienstleistungen heraus. Vergleichende Preisniveauindizes für die EU-Mitgliedstaaten werden ausgedrückt im Verhältnis zum durchschnittlichen Preisniveau der EU-27. Liegt der Preisniveauindex eines bestimmten Mitgliedstaats über 100, bedeutet dies, dass die Preise in diesem Mitgliedstaat im Durchschnitt über denen des EU-Mittels liegen. Beträgt der Preisniveauindex hingegen weniger als 100, sind auch die durchschnittlichen Preise unter dem Mittel für die EU-27 insgesamt.

Kontext

Harmonisierte Verbraucherpreisindizes werden unter anderem für währungspolitische Zwecke und für die Bewertung der Inflationskonvergenz gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union genutzt. Insbesondere aber dienen sie zur Messung der Inflation im Euroraum; Preisstabilität ist das Hauptziel der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB hat Preisstabilität als mittelfristigen Anstieg des harmonisierten Verbraucherpreisindex für den Euroraum gegenüber dem Vorjahr von knapp unter 2 % definiert.

Kaufkraftparitäten (KKP) sind Indikatoren für Unterschiede im Preisniveau verschiedener Länder. Sie geben an, wie viele Währungseiheiten eine bestimmte Menge von Waren und Dienstleistungen in verschiedenen Ländern kostet. KKP können als Währungsumrechnungskurse herangezogen werden, um in Landeswährung ausgedrückte Ausgaben in eine künstliche gemeinsame Währung umzurechnen (den Kaufkraftstandard oder KKS), wodurch der Effekt von Preisniveauunterschieden zwischen den Ländern ausgeschaltet wird. So können anhand von KKP Aggregate der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen in vergleichbare Volumenaggregate umgerechnet werden, um beispielsweise das Bruttoinlandsprodukt (BIP) verschiedener Länder zu vergleichen, ohne dass die Zahlen durch unterschiedliche Preisniveaus in diesen Ländern verzerrt werden. Besonders wichtig für die Europäische Kommission sind die KKP für die Erstellung der Liste der Regionen, die für Leistungen des Strukturfonds in Frage kommen, sowie für die Festlegung der Höhe der Mittel für die einzelnen Regionen. Ein Kriterium für die Zuteilung dieser Mittel basiert auf dem durch KKP umgerechneten BIP, das dann in KKS pro Kopf ausgedrückt wird.

KKP können auch zur Analyse relativer Preisniveaus in den Ländern herangezogen werden. Zu diesem Zweck werden die KKP durch den nominalen Wechselkurs geteilt, um einen Preisniveauindex (PNI) zu erhalten, der das Preisniveau eines Landes relativ zu dem eines anderen ausdrückt: Vergleichende Preisniveaus aller EU-Mitgliedstaaten werden als Preisniveauindizes ausgewiesen, ausgedrückt im Verhältnis zum durchschnittlichen Preisniveau der EU-27. Preisniveauindizes können auch als Basis für eine Analyse der Preiskonvergenz verwendet werden. Zu diesem Zweck wird der Variationskoeffizient der Preisniveauindizes für mehrere Länder berechnet (z. B. für die EU-Mitgliedstaaten). Ein im Zeitverlauf abnehmender Koeffizient deutet auf konvergierende Preisniveaus hin. Eurostat veröffentlicht eine jährliche Schätzung der Preiskonvergenz auf der Grundlage der Entwicklung des Variationskoeffizienten im Zeitverlauf.

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Haupttabellen

Datenbank

HVPI zu konstanten Steuersätzen (prc_hicp_ct)
HVPI (2005 = 100) - Monatliche Daten (Index) (prc_hicp_midx)
HVPI (2005 = 100) - Monatliche Daten (jährliche Veränderungsrate) (prc_hicp_manr)
HVPI (2005 = 100) - Monatliche Daten (monatliche Veränderungsrate) (prc_hicp_mmor)
HVPI (2005 = 100) - Monatliche Daten (Veränderungsrate des 12-Monatsdurchschnitts) (prc_hicp_mv12r)
HVPI (2005 = 100) - Jährliche Daten (Durchschnittsindex und Veränderungsrate) (prc_hicp_aind)
HVPI - Ländergewichte (prc_hicp_cow)
HVPI - Gewichte der Indizes (prc_hicp_inw)
HVPI (1996 = 100) - Monatliche Daten (Index) (prc_hicp_midx96)
Kaufkraftparitäten (KKP) und vergleichende Preisniveauindizes für die Aggregate des ESVG95 (prc_ppp_ind)
Preiskonvergenzanzeige (Variationskoeffizient der vergleichenden Preisniveauindizes für Konsumausgaben der privaten Haushalte, in %) (prc_ppp_conv)

Spezieller Bereich

Methodik / Metadaten

Quelldaten für die Tabellen, Abbildungen und Karten (MS Excel)

Weitere Informationen

Weblinks

Siehe auch