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Archive:Eurostat und das Europäische Statistische System

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Letzte Textaktualisierung: Februar 2015. Aktualisierung des Artikels geplant: Dezember 2016. Die englische Version ist teilweise aktueller.

Eurostat ist das statistische Amt der Europäischen Union (EU) mit Sitz in Luxemburg. Es hat die Aufgabe, der EU europäische Statistiken zu liefern, die Vergleiche zwischen Ländern und Regionen ermöglichen.

Eurostat

Eurostat ist eine der Generaldirektionen der Europäischen Kommission und wird von einem Generaldirektor und einem Stellvertretenden Generaldirektor geleitet. Seit dem 1. Januar 2012 sind sieben Direktoren für die einzelnen Tätigkeitsbereiche Eurostats zuständig:

  • Zusammenarbeit im Europäischen Statistischen System; Internationale statistische Zusammenarbeit; Ressourcen

Methoden und übergreifende Dienste im Bereich Statistik und IT

  • Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Preise und Schlüsselindikatoren
  • Statistik der Staatsfinanzen (GFS) und deren Qualität
  • Sektorale und regionale Statistiken
  • Sozialstatistik
  • Globale Unternehmensstatistik

Im Jahr 2015 gibt es bei Eurostat rund 860 Stellen. Davon sind 75 % von Beamten besetzt, 6 % von durch die EU-Mitgliedstaaten abgeordnete Sachverständige und 19 % von anderem Personal. Die Eurostat bereitgestellten operativen Mittel beliefen sich 2014 auf 53,4 Mio EUR. Der Haushalt wurde für die Durchführung des Europäischen Statistischen Programms (ESP) eingesetzt. Zusätzlich zu seinem eigenen Haushalt erhält Eurostat Mittel (sonstige subdelegierte Mittel) von anderen Generaldirektionen der Europäischen Kommission, die 2014 16,4 Mio. EUR umfassten. Zudem erhielt Eurostat 1 Mio. EUR für das zweite Jahr der vorbereitenden Maßnahme „Europäische Beobachtungsstelle für Preise und Gewinnspannen im Agrarsektor“.

Das Europäische Statistische System (ESS)

Seit der Einrichtung eines europäischen statistischen Amtes im Jahr 1952 war klar, dass sich Planung und Durchführung der europäischen Politik auf verlässliche und vergleichbare Statistiken stützen müssen. Der Bedarf an vergleichbaren Statistiken auf EU-Ebene führte zum schrittweisen Aufbau des (auf Englisch) Europäischen Statistischen Systems (ESS).

Beim ESS handelt es sich um eine Partnerschaft der statistischen Stelle der EU, d. h. der Europäischen Kommission (Eurostat), der nationalen statistischen Ämter (NSÄ) und anderer einzelstaatlicher Stellen, die in jedem EU-Mitgliedstaat für die Entwicklung, Erstellung und Verbreitung europäischer Statistiken zuständig sind. Diese Partnerschaft umfasst auch die EFTA-Länder.

Das ESS arbeitet als Netzwerk, in dem Eurostat in enger Zusammenarbeit mit den nationalen statistischen Stellen die Leitfunktion bei der Harmonisierung der Statistiken übernimmt. Im Mittelpunkt der Arbeiten des ESS stehen Politikbereiche der EU – mit der Ausweitung der Politikfelder der EU wurden jedoch fast alle statistischen Bereiche in diese Harmonisierung einbezogen.

Das ESS koordiniert seine Arbeit auch mit den Kandidatenländern und auf europäischer Ebene mit anderen europäischen Kommissionsdienststellen und Agenturen und dem Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) sowie internationalen Organisationen, wie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), den Vereinten Nationen (UN), dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank.

Rechtsrahmen von Eurostat

Am 17. September 2012 nahm die Europäische Kommission einen Beschluss über Eurostat (2012/504/EU) an, mit dem der frühere Beschluss über Eurostat (97/281/EG) aufgehoben wurde. In diesem Beschluss wird bekräftigt, dass Eurostat nach den statistischen Grundsätzen der fachlichen Unabhängigkeit, der Unparteilichkeit, der Objektivität, der Zuverlässigkeit, der statistischen Geheimhaltung und der Kostenwirksamkeit europäische Statistiken entwickelt, erstellt und verbreitet; außerdem wird auf den Verhaltenskodex für europäische Statistiken — Ausgabe 2011 verwiesen.

In dem Beschluss werden die Aufgaben von Eurostat aktualisiert und die Zuständigkeiten und die Unabhängigkeit des Generaldirektors von Eurostat, der zum Chefstatistiker ernannt wird, festgelegt. Zu den Aufgaben des Chefstatistikers gehört es, anderen Generaldirektionen Empfehlungen zu geben, nachdem er zu ihren Plänen bezüglich der Erstellung von Statistiken konsultiert wurde.

Allgemein wird in dem Beschluss die Rolle Eurostats bei der Lenkung, Planung und Koordination anderer statistischer Tätigkeiten innerhalb der Europäischen Kommission festgelegt. Ferner wird die Bedeutung der Überwachung und Beurteilung der Qualität der Daten sowie der Berichterstattung über die Qualität hervorgehoben und auf die Förderung und Anwendung eines Kennzeichnungsverfahrens für europäische Statistiken Bezug genommen.

Europäische Statistik und AESS – Rechtsrahmen

Mit der Verordnung (EG) Nr. 223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 über europäische Statistiken wurde ein neuer Rechtsrahmen für die Entwicklung, Erstellung und Verbreitung europäischer Statistiken geschaffen. Laut der Verordnung werden europäische Statistiken nach den in Artikel 338 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union festgelegten und im Verhaltenskodex für europäische Statistiken weiter ausgearbeiteten statistischen Grundsätzen entwickelt. Im Vertrag heißt es: „Die Erstellung der Unionsstatistiken erfolgt unter Wahrung der Unparteilichkeit, der Zuverlässigkeit, der Objektivität, der wissenschaftlichen Unabhängigkeit, der Kostenwirksamkeit und der statistischen Geheimhaltung; der Wirtschaft dürfen dadurch keine übermäßigen Belastungen entstehen.“

Mit Artikel 7 dieser Verordnung wird der Ausschuss für das Europäische Statistische System (AESS) eingesetzt, der das Herzstück des ESS bildet: „Er gibt dem ESS fachliche Anleitung bei der Entwicklung, Erstellung und Verbreitung europäischer Statistiken.“ Den Vorsitz im AESS hat die Europäische Kommission (Eurostat) inne; der Ausschuss besteht aus Vertretern der nationalen statistischen Ämter der Mitgliedstaaten. Die nationalen statistischen Ämter der EWR- und der EFTA-Länder nehmen als Beobachter teil, eine Möglichkeit, die auch Vertreter anderer europäischer/internationaler Organisationen, beispielsweise der Europäischen Zentralbank (EZB), der OECD oder der UN wahrnehmen können.

Mit ihrem Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 223/2009 im Jahr 2012 ging die Europäische Kommission die in der Mitteilung KOM(2011) 211 „Ein robustes Qualitätsmanagement für die europäischen Statistiken“ ermittelten Herausforderungen in Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit der europäischen Statistik an. Das Legislativverfahren ist nun fast abgeschlossen. Der Wortlaut entspricht den Zielen der Überarbeitung des europäischen Statistikgesetzes, wie im Vorschlag der Europäischen Kommission formuliert. Danach soll die Überarbeitung zu einer Stärkung des ESS und zur Aufrechterhaltung eines hohen Glaubwürdigkeitsniveaus der europäischen Statistik führen.

In der Änderungsverordnung wird insbesondere festgelegt, dass die Leiter der NSÄ alle Aktivitäten für die europäische Statistik auf nationaler Ebene koordinieren und für die Entscheidung über Prozesse, statistische Methoden, Standards und Verfahren sowie für den Inhalt und die zeitliche Planung von Pressemitteilungen und Veröffentlichungen allein verantwortlich sind. Die Leiter der NSÄ dürfen weder von den nationalen Regierungen noch von anderen Stellen Weisungen einholen oder entgegennehmen. Genauso hat der Generaldirektor von Eurostat dieselben Rechte und Pflichten. Das Einstellungsverfahren für die Leiter der NSÄ und den Generaldirektor von Eurostat muss transparent sein und auf professionellen Kriterien beruhen.

Zudem enthält die Fassung mehrere Elemente, die die Europäische Kommission umsetzen muss. Sie beziehen sich insbesondere auf die berufliche Unabhängigkeit des Generaldirektors von Eurostat, den jährlichen statistischen Dialog und die Verpflichtung der Europäischen Kommission, zuverlässige Statistiken zu erstellen.

Die geänderte Verordnung dürfte im zweiten Quartal 2015 veröffentlicht werden.

Ziele und Instrumente

Eurostat will

  • andere europäische Organe und die Regierungen der Mitgliedstaaten mit den Informationen versorgen, die sie zur Konzipierung, Durchführung, Überwachung und Bewertung der europäischen Politik benötigen
  • Statistiken in der europäischen Öffentlichkeit und in europäischen Unternehmen sowie bei allen in die Entscheidungsfindung eingebundenen wirtschaftlichen und sozialen Akteuren verbreiten
  • eine Reihe von Standards, Methoden und Organisationsstrukturen umsetzen, die im Einklang mit den Grundsätzen des Verhaltenskodex für europäische Statistiken die Erstellung vergleichbarer, verlässlicher und relevanter Statistiken in der gesamten EU ermöglichen
  • die Funktionsweise des Europäischen Statistischen Systems verbessern, die Mitgliedstaaten unterstützen und bei der Entwicklung statistischer Systeme auf internationaler Ebene behilflich sein

Eurostat und seine Partner im ESS haben sich zum Ziel gesetzt, relevante, objektive, zuverlässige und vergleichbare statistische Daten bereitzustellen. Tatsächlich sind der Zugang zu hochwertigen Statistiken ebenso wie Eurostats Verpflichtung zur Vertrauenswürdigkeit gesetzlich verankert. Europäische Statistiken sollten allen Arten von Nutzern unterschiedslos zur Verfügung gestellt werden, so dass beispielsweise öffentliche Verwaltungen, Forscher, Gewerkschaften, Studierende, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen (NGO) kostenlos und einfach auf Daten zugreifen können. Die Abfrage der neuesten Statistiken sowie eines immer umfangreicher werdenden Datenarchivs wird durch über die Eurostat-Website kostenlos zugängliche Eurostat-Datenbanken gewährleistet.

Die erhobenen und an Eurostat übermittelten Daten sind das Ergebnis eines klar definierten politischen Prozesses auf europäischer Ebene, in den die EU-Mitgliedstaaten eng eingebunden sind. Um Statistiken erstellen zu können, die zwischen den einzelnen Ländern vergleichbar sind, werden Konzepte und Definitionen, aber auch technische Standards und Infrastrukturen benötigt. In der Tat ist es eine der zentralen Aufgaben Eurostats, diesen Harmonisierungs- und Standardisierungsprozess zu steuern und zu vereinfachen.

Das Europäische Beratungsgremium für die Statistische Governance (ESGAB) und der Europäische Beratende Ausschuss für Statistik (ESAC)

Zur Stärkung der Rechenschaftspflicht des ESS erarbeitet das Europäische Beratungsgremium für die Statistische Governance (ESGAB), das 2008 eingerichtet wurde, einen jährlichen Bericht für das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung des Verhaltenskodex für europäische Statistiken durch Eurostat und das ESS insgesamt. Das Beratungsgremium setzt sich aus sieben unabhängigen Mitgliedern zusammen. Die jährlichen Berichte des ESGAB sind auf seiner Website zu finden.

Der 2008 eingerichtete Europäische Beratende Ausschuss für Statistik (ESAC), unterstützt das Europäische Parliament, den Rat und die Europäische Kommission und gewährleistet so, dass der Bedarf der Nutzer und die von den Datenanbietern getragenen Kosten berücksichtigt werden, und berät die Europäische Kommission bei der Prioritätensetzung aus der Sicht des Nutzers.

Der Ausschuss hat 24 Mitglieder, die Nutzer, Auskunftgebende und andere Interessenträger im Bereich der europäischen Statistik (auch Wissenschaft, Sozialpartner und Zivilgesellschaft) sowie institutionelle Nutzer (z. B. den Europäischen Rat und das Europäische Parlament) vertreten.

Weitere Informationen

Veröffentlichungen

Weblinks