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Archive:BIP auf regionaler Ebene

Revision as of 15:44, 25 September 2014 by EXT-A-Redpath (talk | contribs)
Daten von März 2014. Neueste Daten: Weitere Informationen von Eurostat, Haupttabellen und Datenbank. Aktualisierung des Artikels geplant: Juni 2015.

Dieser Artikel ist Teil einer Reihe von Statistikartikeln auf der Grundlage des Eurostat-Jahrbuchs der Regionen. Er enthält eine regionale Analyse der wirtschaftlichen Entwicklungen in der Europäischen Union (EU), die grundsätzlich auf dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) basiert, das als ein wichtiges Maß für die Untersuchung der wirtschaftlichen Entwicklung und des Wirtschaftswachstums betrachtet wird. Außerdem werden Informationen zur regionalen Arbeitsproduktivität und zur Einkommensverteilung präsentiert.

Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen liefern wichtige Informationen für eine regionale Wirtschaftsanalyse und dienen außerdem als Grundlage für die Mittelzuweisung im Rahmen der Kohäsionspolitik der EU (ausführliche Informationen finden Sie unter Kohäsionspolitik – Anpassung an die Strategie Europa 2020 im einleitenden Artikel). Obwohl die Kohäsionspolitik sämtliche Regionen in der EU abdeckt, fließt der Großteil der Mittel aus den Strukturfonds in diejenigen NUTS-2-Regionen, deren BIP je Einwohner weniger als 75 % des EU-28-Durchschnitts beträgt (Grundlage für die Zuweisung von Kohäsionsfondsmitteln ist das durchschnittliche BIP je Einwohner im Dreijahreszeitraum von 2007 bis 2009).

Wichtigste statistische Ergebnisse

Bis zum Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise wurden die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den europäischen Regionen stets geringer, da sich die „ärmeren“ Regionen den „reicheren“ Regionen immer mehr annäherten. Jedoch hatte diese Krise weitreichende Auswirkungen auf viele Regionen, und im Zeitraum danach konnten zunehmende Ungleichheiten zwischen den Regionen beobachtet werden, vor allem in den von der Krise am stärksten betroffenen Gebieten.

Die in diesem Artikel vorgestellten Statistiken zu regionalen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen beziehen sich im Zeitraum bis 2011 in der Regel auf die NUTS-Ebene 2; für das BIP je Einwohner werden Daten auf der detaillierteren NUTS-3-Ebene dargestellt. Für die Schweiz sind Daten nur auf nationaler Ebene verfügbar, während es sich bei den Statistiken für die vier französischen Überseeregionen um Schätzungen handelt.

Regionales BIP je Einwohner

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist ein Maß für die gesamte Wirtschaftstätigkeit einer Region, eines Landes oder einer Gruppe von Ländern und wird weithin zur Analyse der Wirtschaftsleistung und der Konjunkturphasen (wie Rezession, Aufschwung oder Hochkonjunktur) verwendet. Das BIP wird zunächst in der jeweiligen Landeswährung berechnet und anschließend durch Kaufkraftparitäten (KKP) umgerechnet. Dadurch werden die unterschiedlichen Preisniveaus in den EU-Mitgliedstaaten berücksichtigt, was aussagekräftigere Vergleiche ermöglicht. Die Verwendung von KKP (anstelle von Markt-Wechselkursen) ermöglicht die Umrechnung dieser Indikatoren in eine gemeinsame künstliche Währung, den sogenannten Kaufkraftstandard (KKS). Auf diese Weise kann die Kaufkraft in den einzelnen Regionen der EU-Mitgliedstaaten, die unterschiedliche Währungen verwenden und in denen unterschiedliche Preisniveaus herrschen, verglichen werden. Weitere Informationen zur Verwendung von KKP finden Sie im Abschnitt Datenquellen und Datenverfügbarkeit weiter unten.

Das durchschnittliche BIP gibt jedoch weder einen Hinweis auf die Verteilung des Wohlstands zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in einer Region, noch gibt es Aufschluss über das Einkommen, das den privaten Haushalten in einer Region letztlich zur Verfügung steht. Grund dafür sind die Pendlerströme, die bewirken können, dass Arbeitnehmer unter Umständen zum BIP in einer Region (in der sie arbeiten) und zum Haushaltseinkommen in einer anderen Region (in der sie leben) beitragen.


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Messung von Wohlstand und Einkommen nach Wohn- oder Arbeitsort?


Ein regionaler Vergleich der Wirtschaftstätigkeit ist möglich, indem man das regionale BIP der Bevölkerung der jeweiligen Region gegenüberstellt; an dieser Stelle wird die Unterscheidung zwischen Arbeitsort und Wohnort bedeutsam. Das BIP misst die in den Grenzen eines Landes oder einer Region erbrachte Wirtschaftstätigkeit unabhängig davon, ob diese Leistung von Gebietsansässigen oder Gebietsfremden erbracht wurde. Demzufolge basiert das regionale BIP je Einwohner auf einer arbeitsortbezogenen Zahl (das in der Region erwirtschaftete BIP), die durch eine wohnortbezogene Zahl (die in der Region wohnhafte Bevölkerung) dividiert wird.

Diese unerwünschte Eigenschaft macht sich bei einem erheblichen Pendlersaldo, d. h. dem Verhältnis zwischen Ein- und Auspendlern, besonders deutlich bemerkbar. Gebiete mit einer relativ hohen Zahl an Einpendlern verzeichnen häufig ein extrem hohes regionales BIP je Einwohner im Vergleich zu den umliegenden Regionen. Dies gilt vor allem für Wirtschaftszentren wie die Regionen London (Vereinigtes Königreich), Wien (Österreich), Hamburg (Deutschland), Praha (Tschechische Republik) und Luxembourg. Angesichts dieser Besonderheit ist das hohe BIP je Einwohner, das in einigen Regionen mit Einpendlerüberschuss erzielt wird, nicht zwangsläufig mit einem entsprechend hohen Einkommensniveau der Menschen gleichzusetzen, die ihren Wohnsitz in diesen Regionen haben.

Somit ist es manchmal von größerem Interesse, Kennzahlen zu analysieren, die sich auf die Verteilung des Haushaltseinkommens konzentrieren, d. h. einen haushaltsbasierten Ansatz bei der Untersuchung der Verteilung des Wohlstands zu verwenden. Analog zu den auf das BIP je Einwohner bezogenen Daten wurden die Werte für das Einkommen je Einwohner angepasst, um die Preisniveauunterschiede zwischen den Ländern zu berücksichtigen. Diese Statistiken werden in Kaufkraftkonsumstandard (KKKS) dargestellt, einer künstlichen Währungseinheit, die durch Umrechnung des Einkommens der privaten Haushalte anhand von Kaufkraftstandards für die Konsumausgaben erhalten wird. Es ist jedoch zu beachten, dass diese Zahlen nur einen begrenzten Einblick in den Wohlstand einer Region liefern, da kostenlose oder durch lokale oder nationale Verwaltungsstellen teilfinanzierte öffentliche Waren und Dienstleistungen nicht mit eingerechnet wurden.


Das BIP in den EU-28 belief sich 2011 auf 12 712 Mrd. EUR, was einem durchschnittlichen Wert von 25 100 KKS je Einwohner entsprach. Karte 1 zeigt das BIP je Einwohner in den einzelnen NUTS-2-Regionen als prozentualen Anteil am EU-28-Durchschnitt (EU-28 = 100); Regionen mit Werten über diesem Niveau werden als relativ „reiche“ Regionen und Regionen unter diesem Niveau als relativ „arme“ Regionen eingestuft.

Das BIP je Einwohner war im Jahr 2011 in Inner London 11-mal höher als in der Region Nord-Est in Rumänien

In den NUTS-2-Regionen reichte die Spanne beim BIP je Einwohner in KKS im Jahr 2011 von 321 % des EU-28-Durchschnitts in Inner London bis 29 % in der Region Nord-Est in Rumänien. Somit war das BIP je Einwohner in Inner London nahezu 11-mal höher als in der rumänischen Region Nord-Est (unter Berücksichtigung der Preisniveauunterschiede). Wie zuvor bereits erwähnt, ist Vorsicht bei der Interpretation dieser Zahlen geboten, da das BIP je Einwohner durch die Pendlerströme beeinflusst werden kann, und in Regionen wie Inner London wird die Wirtschaftstätigkeit durch die Pendlerzuströme auf ein Niveau angehoben, das über dem liegt, das von der ansässigen Bevölkerung erwirtschaftet werden kann.

Unter den zehn NUTS-2-Regionen mit dem höchsten BIP je Einwohner befanden sich sieben Hauptstadtregionen

Unter den zehn Regionen in der EU-28 mit dem höchsten BIP je Einwohner befanden sich sieben Hauptstadtregionen: Neben Inner London waren dies Luxembourg (als einzelne Region auf dieser Analyseebene) sowie die Hauptstadtregionen von Belgien, der Slowakei, Frankreich, Schweden und der Tschechischen Republik. Für jede dieser Regionen ist das höhere BIP je Einwohner sehr wahrscheinlich auf den Einpendlerüberschuss zurückzuführen, da beispielsweise die Hauptsitze großer Unternehmen und Finanzdienstleister vermehrt in Hauptstadtregionen zu finden sind. Zwei der drei weiteren Regionen auf den oberen zehn Rängen wurden ebenfalls als weitgehend städtische Gebiete charakterisiert: Hamburg und Oberbayern (wozu die Stadt München zählt) in Deutschland. Bei der dritten Region handelte es sich um Groningen, eine recht kleine Universitätsstadt im Nordosten der Niederlande (diese Region verfügt über zwei relativ große Seehäfen, über Off-Shore-Gasfelder und spezialisierte Unternehmen im Bereich der Energieerzeugung und der chemischen Produktion).

Karte 1: Bruttoinlandsprodukt
(BIP) je Einwohner, in Kaufkraftstandard
(KKS), nach NUTS-2-Regionen, 2011 (1)
(in % des EU-28-Durchschnitts, EU-28 = 100) - Quelle: Eurostat (nama_r_e2gdp) und (nama_r_e3popgdp)

Bei vielen der Regionen mit einem relativ hohen durchschnittlichen BIP je Einwohner (in Karte 1 durch die dunkelste Schattierung dargestellt) handelte es sich um Hauptstadtregionen oder angrenzende Regionen. Die verbleibenden Regionen mit einem BIP je Einwohner, das den EU-28-Durchschnitt um mindestens 25,00 % übertraf, lagen häufig in einem Band, das sich ausgehend von den Benelux-Ländern über Deutschland bis nach Westösterreich und anschließend nach Norditalien erstreckte. Es gab jedoch auch einige Inselregionen mit einem jeweils relativ hohen BIP je Einwohner; dies galt für País Vasco in Nordspanien, die Inselregion Åland in Finnland, Övre Norrland im hohen Norden Schwedens und North Eastern Scotland (im Vereinigten Königreich).

Zwischen 2010 und 2011 rangierte die österreichische Hauptstadtregion nicht mehr unter den oberen zehn Regionen

Die einzigen Änderungen bei der regionalen Rangfolge des BIP je Einwohner gegenüber 2010 betrafen Oberbayern, das in die oberen zehn Plätze aufstieg, und die Hauptstadtregion von Österreich, die mit Rang elf nicht mehr unter den oberen zehn Regionen rangierte. Am anderen Ende des Skala lag Severozapaden in Bulgarien 2011 auf dem vorletzten Platz (diese Region hatte 2010 mit dem niedrigsten BIP je Einwohner den letzten Platz belegt); 2011 bildete die Region Nord-Est in Rumänien das Schlusslicht.

Hauptbegünstigte aus dem Kohäsionsfonds sind Regionen mit einem durchschnittlichen BIP je Einwohner unter 75,00 % des EU-Durchschnitts

Regionen mit einem durchschnittlichen BIP je Einwohner unter 75,00 % des EU-28-Durchschnitts profitieren am meisten vom Kohäsionsfonds. 2011 fielen insgesamt 76 NUTS-2-Regionen in diese Kategorie. Es ist zu beachten, dass für die Festlegung der Grundlage für die Förderfähigkeit im Programmplanungszeitraum 2014-2020 das durchschnittliche BIP je Einwohner im Dreijahreszeitraum von 2007 bis 2009 herangezogen worden war. Unter diesen 76 Regionen verzeichnete knapp über ein Viertel (20 Regionen) im Jahr 2011 ein durchschnittliches BIP je Einwohner unter 50,00 % des EU-28-Durchschnitts. Die jeweiligen Regionen lagen in Osteuropa und verteilten sich auf vier EU-Mitgliedstaaten: sechs Regionen in Rumänien, jeweils fünf Regionen in Bulgarien und Polen sowie vier Regionen in Ungarn.

In den EFTA-Ländern (nur nationale Daten für die Schweiz und keine Daten für Liechtenstein) lag das regionale BIP je Einwohner mit Werten zwischen 103 % des EU-28-Durchschnitts in Hedmark og Oppland und 189 % in Oslo og Akershus (beides Regionen in Norwegen) systematisch über dem EU-28-Durchschnitt. In zwei weiteren norwegischen Regionen betrug das BIP je Einwohner mehr als 25,00 % des EU-28-Durchschnitts (Agder og Rogaland und Vestlandet), während sich der Landesdurchschnitt des BIP je Einwohner in der Schweiz auf 155 % des EU-28-Durchschnitts belief. In den Kandidatenländern (keine Daten für Montenegro und Serbien) war das BIP je Einwohner allgemein wesentlich niedriger: 36 % des EU-28-Durchschnitts in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, während das BIP je Einwohner in der Türkei zwischen 20 % in den südöstlichen Regionen Van, Muş, Bitlis und Hakkari und 80 % in İstanbul betrug.

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Die Regionen im Blickpunkt:


Luxembourg (LU00), Luxemburg

Luxembourg (Stadt), Luxemburg
Bei der Hauptstadtregion Luxembourg handelt es sich um eine einzelne NUTS-2-Region. Mit rund 266 % des EU-28-Durchschnitts verzeichnete diese Region eines der höchsten BIP je Einwohner im Jahr 2011.
Dieser Wert ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Obwohl Luxemburg allgemein als eines der weltweit reichsten Länder (je Einwohner) gilt, wird ein Großteil seiner Wirtschaftsleistung durch Pendler aus den umliegenden Ländern Belgien, Deutschland und Frankreich erbracht. Dadurch wird ein Teil des in Luxemburg erwirtschafteten Wohlstands in diese Länder zurückgeführt, da die Pendler ihr verfügbares Einkommen sicherlich teilweise in ihrem Wohnsitzland ausgeben.
© Foto: Marcin Szala

Berlin in Deutschland war die einzige Hauptstadtregion mit einem BIP je Einwohner unter dem landesweiten Durchschnitt

Abbildung 1 zeigt die Verteilung des BIP je Einwohner im Jahr 2011. In der Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten mit mehreren Regionen war das durchschnittliche BIP je Einwohner in den Hauptstadtregionen allgemein am höchsten; einzige Ausnahmen aus dieser Regel waren Deutschland, Spanien, Italien und die Niederlande. Darunter wurde in Berlin als einziger Hauptstadtregion ein BIP je Einwohner verzeichnet, das unter dem Landesdurchschnitt lag. In Spanien war das BIP je Einwohner nur in País Vasco höher als in der Comunidad de Madrid. In Italien verzeichnete die Hauptstadtregion Lazio das siebthöchste BIP je Einwohner unter den NUTS-2-Regionen Italiens. In den Niederlanden lag das BIP je Einwohner sowohl in Groningen als auch in Utrecht über dem für die Hauptstadtregion Noord-Holland erfassten Wert.

Abbildung 1: Regionale Unterschiede beim Bruttoinlandsprodukt
(BIP) je Einwohner, in Kaufkraftstandard
(KKS), nach NUTS-2-Regionen, 2011 (1)
(in % des EU-28-Durchschnitts, EU-28 = 100) - Quelle: Eurostat (nama_r_e2gdp)

Im Gegensatz dazu waren die Hauptstadtregionen der Tschechischen Republik, von Irland, Griechenland, Ungarn, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien und der Slowakei die einzigen Regionen in diesen EU-Mitgliedstaaten, in denen das BIP je Einwohner 2011 über den EU-28-Durchschnitt angestiegen ist; in Bulgarien lag jede Region, einschließlich der Hauptstadtregion, unter dem EU-28-Durchschnitt.

Schweden war der einzige mehrere Regionen umfassende Mitgliedstaat, für den das BIP je Einwohner in allen Regionen über dem EU-28-Durchschnitt lag

Schweden war der einzige mehrere Regionen umfassende EU-Mitgliedstaat, für den das durchschnittliche BIP je Einwohner in allen NUTS-2-Regionen 2011 über dem EU-28-Durchschnitt lag; dasselbe galt für die Regionen der Ebene 2 in Norwegen. In Dänemark, Irland (mit nur zwei Regionen der NUTS-Ebene 2), Österreich und Finnland unterschritt das BIP je Einwohner in jeweils nur einer Region den EU-28-Durchschnitt.

In Frankreich und im Vereinigten Königreich verzeichnete die Mehrzahl der Regionen 2011 ein durchschnittliches BIP je Einwohner unter dem EU-28-Durchschnitt, wobei der nationale Durchschnitt in diesen beiden Ländern durch die relativ hohen Werte in den jeweiligen Hauptstadtregionen angehoben wurde. Beispielsweise war das durchschnittliche BIP je Einwohner in Inner London 2,2-mal höher als in Berkshire, Buckinghamshire und Oxfordshire (der Region mit dem zweithöchsten BIP je Einwohner im Vereinigten Königreich). In der Slowakei und der Tschechischen Republik waren die Unterschiede zwischen der Hauptstadtregion und der Region mit dem zweithöchsten BIP je Einwohner noch größer (relativ gesehen); in Bratislavský kraj war das durchschnittliche BIP je Einwohner 2,6-mal höher als in Západné Slovensko, während Praha einen 2,3-fachen Wert gegenüber Jihovýchod verzeichnete.

Genauere regionale Analyse: BIP je Einwohner in NUTS-3-Regionen

Wohlstand von Hauptstadtregionen zeigt sich bei einer größeren Detailgenauigkeit noch deutlicher

Karte 2: Bruttoinlandsprodukt
(BIP) je Einwohner, in Kaufkraftstandard
(KKS), nach NUTS-3-Regionen, 2011 (1)
(in % des EU-28-Durchschnitts, EU-28 = 100) - Quelle: Eurostat (nama_r_e3gdp) und (nama_r_e3popgdp)

Karte 2 zeigt das BIP je Einwohner für 2011 auf einer genaueren, nach NUTS-3-Regionen aufgeschlüsselten Ebene. Verständlicherweise ergeben sich aus der Gesamtanalyse Ähnlichkeiten zur Analyse nach NUTS-2-Regionen in Karte 1, wenngleich einige NUTS-3-Regionen ein atypisches Muster beim BIP je Einwohner im Vergleich zu den Regionen der höheren Ebene (NUTS 2) aufwiesen, zu der sie gehören. Diese Unterschiede sind häufig durch Pendlerströme aus dem Umland in zentrale NUTS-3-Regionen bedingt, da sich die Wirtschaftstätigkeit bevorzugt in den am dichtesten bebauten Gebieten konzentriert. So wurde beispielsweise für Warschau (Miasto Warszawa, NUTS-Ebene 3) in der polnischen Hauptstadtregion Mazowieckie der NUTS-Ebene 2 ein durchschnittliches BIP je Einwohner (in KKS) ermittelt, das nahezu doppelt so hoch war wie der EU-28-Durchschnitt, während in keiner der übrigen polnischen NUTS-3-Regionen innerhalb dieser NUTS-2-Region ein Wert über dem EU-28-Durchschnitt erreicht wurde.

Unter den NUTS-3-Regionen betrug das BIP je Einwohner zwischen 612 % des EU-28-Durchschnitts in Inner London - West (Vereinigtes Königreich) und 21 % des EU-28-Durchschnitts in Vaslui (Rumänien); das Verhältnis zwischen den beiden Enden der Verteilung war 2011 demnach fast 30:1 (dieser Wert war leicht höher als im Vorjahr, da das BIP je Einwohner in Inner London - West schneller anstieg).

Deutsche Regionen dominierten auf den obersten Rängen beim BIP je Einwohner der NUTS-Ebene 3

28 NUTS-3-Regionen verzeichneten 2011 ein durchschnittliches BIP je Einwohner, das mindestens doppelt so hoch war wie der EU-28-Durchschnitt. Auf Rang eins lag Inner London - West (mit einem durchschnittlichen BIP je Einwohner, das 3,5-mal so hoch war wie in Inner London - East), gefolgt von Wolfsburg, Kreisfreie Stadt (Hauptsitz des Volkswagen Konzerns), deren BIP je Einwohner mehr als das Vierfache des EU-28-Durchschnitts betrug. Von den 28 Regionen mit einem mindestens doppelt so hohen BIP je Einwohner wie der EU-28-Durchschnitt lagen 21 Regionen in Deutschland. In diese Kategorie fielen auch die Hauptstadtregionen von Belgien, Frankreich, Luxemburg (als einzelne Region auf dieser Analyseebene), den Niederlanden und des Vereinigten Königreichs sowie die französische Region Hauts-de-Seine (in der Nachbarschaft von Paris) und die niederländische Region Overig Groningen.

Am anderen Ende der Skala lag das BIP je Einwohner in 24 NUTS-3-Regionen unter 30 % des EU-28-Durchschnitts. Abgesehen von der Region Nógrád im Norden Ungarns befanden sich sämtliche dieser Regionen in Bulgarien (15 Regionen) oder Rumänien (8 Regionen).

Veränderung des BIP je Einwohner zwischen 2008 und 2011

Während der Finanz- und Wirtschaftskrise sank das BIP je Einwohner in den EU-28 von 25 000 KKS im Jahr 2008 auf 23 500 KKS im Jahr 2009, bevor es sich 2010 mit 24 400 KKS teilweise erholte. Anschließend stieg dieser Indikator 2011 mit durchschnittlich 25 100 KKS auf ein Niveau, das leicht über dem Spitzenwert vor der Krise lag. Diejenigen Regionen, die relativ schnell expandierten und deren BIP je Einwohner im Vergleich zum EU-28-Durchschnitt um mehr als 5,0 Prozentpunkte stieg, sind in Karte 3, die die Veränderung des BIP je Einwohner zwischen 2008 und 2011 (bezogen auf den EU-28-Durchschnitt) zeigt, in der dunkelsten Schattierung dargestellt.

Karte 3: Veränderung des Bruttoinlandsprodukts
(BIP) je Einwohner, in Kaufkraftstandard
(KKS), nach NUTS-2-Regionen, 2008-2011 (1)
(Unterschied in den Prozentpunkten zwischen 2011 und 2008; bezogen auf den EU-28-Durchschnitt) - Quelle: Eurostat (nama_r_e2gdp)

Die nationale wirtschaftliche Entwicklung scheint eine bedeutende Rolle bei der Bestimmung der regionalen Wirtschaftsleistung zu spielen

Interessant ist, dass trotz der großen Unterschiede des durchschnittlichen BIP je Einwohner in den einzelnen Regionen einiger EU-Mitgliedstaaten die Veränderung der Wirtschaftstätigkeit im Zeitraum von 2008 bis 2011 ein relativ einheitliches Muster aufweist. Unter den EU-Mitgliedstaaten mit mehreren Regionen stieg das BIP je Einwohner in allen Regionen in Belgien, Bulgarien, Deutschland, Ungarn, Österreich, Polen und der Slowakei (abgesehen von einer Region, in der das BIP je Einwohner im selben Tempo wie in der EU zunahm) schneller als der EU-28-Durchschnitt. Auch in den meisten Regionen Frankreichs konnte ein Anstieg des BIP je Einwohner (im Vergleich zum EU-28-Durchschnitt) beobachtet werden. Dagegen wurde ein systematischer Rückgang des BIP je Einwohner (bezogen auf den EU-28-Durchschnitt) in allen Regionen in Irland, Griechenland, Spanien, Kroatien, den Niederlanden, Portugal, Slowenien und im Vereinigten Königreich verzeichnet. Abgesehen von den Regionen Abruzzo und Provincia Autonoma di Bolzano/Bozen sank das BIP je Einwohner (bezogen auf den EU-28-Durchschnitt) in allen übrigen Regionen Italiens.

Stärkstes regionales Wirtschaftswachstum in den Hauptstadtregionen der Slowakei und Polens sowie im Südwesten Deutschlands

Die höchsten Wachstumsraten beim BIP je Einwohner im Zeitraum 2008-2011 (bezogen auf den EU-28-Durchschnitt) wurden für die Hauptstadtregionen der Slowakei und Polens ermittelt, mit einem Anstieg von 18,9 Prozentpunkten in Bratislavský kraj und 17,3 Prozentpunkten in Mazowieckie. Auch in neun weiteren Regionen stieg dieser Indikator um mindestens 10,0 Prozentpunkte mehr als der EU-28-Durchschnitt: Acht dieser Regionen lagen in Deutschland (die meisten im Süden Bayerns), während die neunte die polnische Region Dolnośląskie war, die im Südwesten von Polen liegt mit Wrocław als größter Stadt.

Demgegenüber sank das BIP je Einwohner zwischen 2008 und 2011 in insgesamt 69 Regionen um mindestens 5,0 Prozentpunkte (bezogen auf den EU-28-Durchschnitt). Darunter befanden sich 20 Regionen mit einem Rückgang um mindestens 10,0 Prozentpunkte: Diese waren vorwiegend in Griechenland (10 Regionen) und im Vereinigten Königreich (8 Regionen) zu finden, obwohl auch die Illes Balears (Spanien) und Groningen (Niederlande) mit einem merklichen Wirtschaftsabschwung zu kämpfen hatten.

Arbeitsproduktivität

In der regionalen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ist die Arbeitsproduktivität definiert als Bruttowertschöpfung in Euro zu Basispreisen je Beschäftigtem. Karte 4 zeigt die Werte für diesen Indikator nach NUTS-2-Regionen im Jahr 2011 bezogen auf den EU-28-Durchschnitt. Bei erheblichen Pendlerströmen zwischen den Regionen ist die Bruttowertschöpfung je Beschäftigtem in Regionen mit Einpendlerüberschuss höchstwahrscheinlich niedriger als das entsprechende Verhältnis beim BIP je Einwohner, d. h., bei der Analyse der Arbeitsproduktivität werden die Unterschiede zwischen den Regionen voraussichtlich geringer. Idealerweise sollte bei der Ermittlung der regionalen Arbeitsproduktivität die Gesamtzahl der geleisteten Arbeitsstunden (statt der Beschäftigtenzahl) herangezogen werden; für diese Größe liegen derzeit jedoch nicht von allen EU-Mitgliedstaaten Zahlen vor.

Karte 4: Bruttowertschöpfung
(BWS) zu Basispreisen, je Beschäftigtem, nach NUTS-2-Regionen, 2011 (1)
(in % des EU-28-Durchschnitts, EU-28 = 100) - Quelle: Eurostat (nama_r_e3vab95r2), (nama_gdp_c) und (nama_r_e2em95hr2)

Finanzzentren verzeichnen die höchste Arbeitsproduktivität

Die höchste Bruttowertschöpfung je Beschäftigtem wurde 2011 in Inner London verzeichnet, wobei in dieser Region auch das BIP je Einwohner am höchsten war. Eine relativ hohe Arbeitsproduktivität kann durch die effiziente Nutzung von Arbeitskraft (ohne zusätzlichen Input) bedingt sein oder aus der Mischung der eine Volkswirtschaft ausmachenden Wirtschaftstätigkeiten resultieren (da die Arbeitsproduktivität in manchen Wirtschaftszweigen höher ist als in anderen). Beispielsweise spielt der Finanzdienstleistungssektor, der durch eine besonders hohe Produktivität gekennzeichnet ist, in der Wirtschaft von London eine außerordentlich wichtige Rolle. Luxembourg (als einzelne Region auf dieser Analyseebene) sowie Southern and Eastern Ireland (wozu Dublin zählt) — beides auf Finanzdienstleistungen spezialisierte Regionen- — rangierten hinsichtlich der Arbeitsproduktivität ebenfalls auf den oberen zehn Plätzen. Zu den übrigen Regionen unter den oberen zehn zählten vier niederländische Regionen (darunter die Hauptstadtregion Noord-Holland und die wettbewerbsfähigste Region in der EU — Utrecht — sowie Groningen und Zeeland) sowie die Hauptstadtregionen Île de France, Région de Bruxelles-Capitale / Brussels Hoofdstedelijk Gewest und Stockholm.

Niedrigere Arbeitsproduktivität in Mitgliedstaaten, die der EU 2004 oder später beigetreten sind

In den Mitgliedstaaten, die der EU 2004 oder später beigetreten sind, gab es keine einzige Region, in der die Bruttowertschöpfung je Beschäftigtem über dem EU-28-Durchschnitt lag. Zypern (als einzelne Region auf dieser Analyseebene) und die beiden Hauptstadtregionen Bratislavský kraj und Praha verzeichneten im Jahr 2011 mit jeweils rund 80 % des EU-28-Durchschnitts die höchsten Werte für die Bruttowertschöpfung je Beschäftigtem unter den NUTS-2-Regionen dieser 13 Mitgliedstaaten.

In 45 NUTS-2-Regionen betrug die Bruttowertschöpfung je Beschäftigtem 2011 weniger als die Hälfte des EU-28-Durchschnitts. Diese Regionen lagen vorwiegend in Ost- und Nordeuropa, mit Ausnahme der Region Centro in Portugal. Eine Arbeitsproduktivität unter 50 % des EU-28-Durchschnitts (in Karte 4 durch die hellste Schattierung dargestellt) wurde in allen Regionen Bulgariens und Ungarns, in den drei baltischen Mitgliedstaaten (jeweils als einzelne Region auf dieser Analyseebene), in allen polnischen und rumänischen Regionen mit Ausnahme der jeweiligen Hauptstadtregionen Mazowieckie und Bucureşti - Ilfov, in vier Regionen der Tschechischen Republik und in zwei Regionen der Slowakei verzeichnet.

Primäreinkommen der Haushalte

In den letzten Jahren nahm die Debatte über die Lebensqualität in Europa zu. Viele Menschen waren der Ansicht, dass sich ihr Lebensstandard seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise vor allem aufgrund sinkender Reallöhne, einer höheren Arbeitslosigkeit, stärkerer Belastungen durch Steuern und Sozialabgaben, geringerer Sozialleistungen oder rasch steigender Preise (z. B. für energieverbrauchsrelevante Produkte) verschlechtert habe.

Karte 5 zeigt eine Übersicht über das Primäreinkommen je Einwohner in den NUTS-2-Regionen von 26 EU-Mitgliedstaaten (für Kroatien und Malta lagen keine Daten vor). Im Jahr 2011 lag das Primäreinkommen in einem Bereich zwischen dem Spitzenwert 32 600 KKKS je Einwohner in Inner London (Vereinigtes Königreich) und 3200 KKKS in der Region Nord-Est in Rumänien, was einem Faktor von 10,2:1 entspricht. Demnach wurden das höchste und das niedrigste Primäreinkommen jeweils in derselben Region verzeichnet, in der auch das BIP je Einwohner am höchsten bzw. am niedrigsten war.

Karte 5: Primäreinkommen der privaten Haushalte, in Kaufkraftkonsumstandard
(KKKS), nach NUTS-2-Regionen, 2011 (1)
(KKKS je Einwohner) - Quelle: Eurostat (nama_r_ehh2inc) und (nama_inc_c)

Hohes Primäreinkommen in Süddeutschland sowie allgemein in Hauptstädten und deren Umfeld

13 Regionen verzeichneten 2011 ein Primäreinkommen je Einwohner von mindestens 25 000 KKKS. Die Mehrzahl (acht) davon befanden sich in Deutschland, darunter Oberbayern mit dem zweithöchsten Wert (die einzige andere Region mit einem Primäreinkommen je Einwohner von über 30 000 KKKS). Die sieben weiteren deutschen Regionen lagen, mit Ausnahme von Hamburg, vorwiegend im Süden des Landes. Neben Inner London waren die vier übrigen Regionen außerhalb Deutschlands mit einem Primäreinkommen je Einwohner von mindestens 25 000 KKKS die beiden Regionen im Umfeld der belgischen Hauptstadt (Prov. Vlaams-Brabant und Prov. Brabant Wallon) sowie die Hauptstadtregionen Île de France (mit dem dritthöchsten Primäreinkommen je Einwohner) und Luxembourg (als einzelne Region auf dieser Detailebene). Analog zum BIP je Einwohner ist einer der auffälligsten Aspekte der Verteilung in Karte 5, dass das Primäreinkommen je Einwohner in Regionen, die eine Hauptstadt umfassen oder im Umfeld einer Hauptstadt gelegen sind, relativ hoch war.

Am anderen Ende der Skala lag in 40 NUTS-2-Regionen das Primäreinkommen je Einwohner unter 10 000 KKKS (die neuesten Daten für die französische Überseeregion Guyane stammten aus dem Jahr 2009). Unter den zehn Regionen mit den niedrigsten Primäreinkommen je Einwohner in der EU im Jahr 2011 befanden sich neun bulgarische und rumänische Regionen, die verbleibende Region war Lettland (als einzelne Region auf dieser Analyseebene). Unter den übrigen 30 Regionen, in denen das Primäreinkommen je Einwohner weniger als 10 000 KKKS betrug, waren die beiden anderen baltischen Mitgliedstaaten (ebenfalls jeweils als einzelne Region), weitere Regionen in Bulgarien und Rumänien, mehrere Regionen in Ungarn und Polen sowie eine Region in der Slowakei zu finden. Auch zwei weitere Regionen, jeweils eine in Griechenland und Portugal, fielen in dieser Kategorie, da die Einkommen in diesen beiden Ländern infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise beträchtlich gesunken waren.

Verfügbares Einkommen

Abbildung 2 zeigt das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte, mit anderen Worten den Betrag, den die Menschen ausgeben oder sparen können (nach Zahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen und nach Erhalt von Sozialleistungen). Das verfügbare Einkommen je Einwohner im Jahr 2011 war mit 23 800 KKKS in Luxembourg (als einzelne Region auf dieser Analyseebene) am höchsten. Dieser Wert lag knapp über den für Oberbayern (Deutschland) und Inner London (Vereinigtes Königreich) erfassten Werten. Dies waren die drei einzigen Regionen in der EU, deren verfügbares Einkommen je Einwohner 2011 mehr als 23 000 KKKS betrug.

In Luxemburg war das verfügbare Einkommen 2011 am höchsten

Das höchste verfügbare Einkommen je Einwohner in Luxemburg war 5,5-mal höher als das in der Region Nord-Est in Rumänien (4 300 KKKS). Im Vergleich zum Verhältnis zwischen der Region mit dem höchsten und der Region mit dem niedrigsten Primäreinkommen (das bei 10,2:1 lag) haben sich die Unterschiede somit nahezu halbiert. Tatsächlich ist das verfügbare Einkommen je Einwohner in den meisten Regionen infolge staatlicher Eingriffe (Umverteilung) allgemein niedriger als der entsprechende Wert für das Primäreinkommen je Einwohner. Dies gilt insbesondere für Regionen, in denen einige der Höchstverdiener zu finden sind (häufig Hauptstadtregionen), da Steuern und Sozialbeiträge in der Regel einkommensabhängig steigen.

Abbildung 2: Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte, in Kaufkraftkonsumstandard
(KKKS), nach NUTS-2-Regionen, 2011 (1)
(KKKS je Einwohner) - Quelle: Eurostat (nama_r_ehh2inc)

In Abbildung 2 ist zu erkennen, dass das verfügbare Einkommen in Hauptstadtregionen häufig am höchsten war, wobei dieses Muster in den EU-Mitgliedstaaten mit den höchsten Werten für das verfügbare Einkommen weniger deutlich zutage trat. In Belgien und Deutschland lag das verfügbare Einkommen je Einwohner in der Hauptstadtregion unter dem landesweiten Durchschnitt, während es in Österreich dem nationalen Wert entsprach. In den Hauptstadtregionen von Spanien, Italien, den Niederlanden und Finnland lag das verfügbare Einkommen je Einwohner über dem jeweiligen nationalen Durchschnitt, allerdings gab es in jedem dieser Länder mindestens eine Region, in der das verfügbare Einkommen je Einwohner höher war.

Abgesehen von den Hauptstadtregionen war die Verteilung des verfügbaren Einkommens in den Regionen der meisten EU-Mitgliedstaaten relativ gleichförmig

Mit Ausnahme der Hauptstadtregionen bewegte sich die Verteilung des verfügbaren Einkommens je Einwohner in allen Regionen eines Mitgliedstaats häufig innerhalb einer engen Spanne. Dies war vor allem in Österreich und den nordischen Mitgliedstaaten der Fall, in denen die Verteilung relativ gleichförmig war. Demgegenüber konnten die größten Schwankungen zwischen den Regionen eines Mitgliedstaats in Frankreich und in Italien beobachtet werden (auch hier mit Ausnahme der Großstadtregionen). In Frankreich war dies, zumindest teilweise, auf die relativ niedrigen Werte in den Überseeregionen zurückzuführen, während sich die Unterschiede in Italien durch das beträchtliche Einkommensgefälle zwischen dem Norden und dem Süden bedingten.

Vergleicht man das Primäreinkommen mit dem verfügbaren Einkommen, zeigt sich die häufig ausgleichende Einflussnahme staatlicher Eingriffe, die zu einer Annäherung des verfügbaren Einkommens je Einwohner zwischen „reichen“ und „armen“ Regionen führen können. In Belgien beispielsweise hatten die Einwohner der relativ wohlhabenden Region Prov. Vlaams-Brabant ein um 7 100 KKKS niedrigeres Primäreinkommen, während das Primäreinkommen der Einwohner von Prov. Hainaut (ein ehemaliges industrielles Kerngebiet, das auf Kohlebergbau sowie die Eisen- und Stahlproduktion spezialisiert war) durchschnittlich um 1 900 KKKS geringer war. In gleicher Weise gab es in Italien einen Einkommenstransfer von den nördlichen in die südlichen Regionen. Erkennbar waren solche Transfers auch in die vorwiegend ländlichen Gebiete Zentral- und Westspaniens, in die ehemaligen industriellen Kerngebiete und die weit im Westen liegenden Regionen im Vereinigten Königreich und in die östlichen Regionen in Deutschland, Polen und Ungarn.

In den meisten NUTS-2-Regionen war das verfügbare Einkommen je Einwohner niedriger als das Primäreinkommen je Einwohner, jedoch profitierten 51 Regionen in einem so hohen Maß von Sozialleistungen und anderen Transfers, dass das verfügbare Einkommen je Einwohner hier über dem Primäreinkommen lag. Dies war der Fall in allen 13 griechischen Regionen, mit Ausnahme einer Region (Notio Aigaio), in sieben Regionen des Vereinigten Königreichs, in sechs Regionen in Polen, jeweils fünf in Bulgarien, Portugal und Rumänien, vier in Ungarn, zwei in Deutschland und in je einer Region in Irland, Spanien, Frankreich, Italien und der Slowakei.

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Die Regionen im Blickpunkt:


Mazowieckie (PL12), Polen

Schlossplatz in Warschau
In der Hauptstadtregion von Polen stieg das verfügbare Einkommen je Einwohner mit durchschnittlich 2600 KKKS zwischen 2008 und 2011 im Vergleich zu den anderen NUTS-2-Regionen der EU-28 am stärksten.
Außerdem rangierte eine weitere polnische Region, Śląskie, unter den drei EU-Regionen mit dem höchsten Anstieg beim verfügbaren Einkommen, und in allen 16 polnischen NUTS-2-Regionen (mit Ausnahme von zwei Regionen) nahm das verfügbare Einkommen um mindestens 1000 KKKS zu.
© Foto: Shalom Alechem

Die stärksten Zuwächse beim verfügbaren Einkommen wurden in Deutschland und Polen verzeichnet

Karte 6 zeigt die Veränderung des verfügbaren Einkommens je Einwohner in den NUTS-2-Regionen zwischen 2008 und 2011; für Kroatien, Malta, Zypern und die französischen Überseeregionen lagen keine Daten vor. Am auffälligsten sind die relativ hohen Zuwächse beim verfügbaren Einkommen in Deutschland und Polen, die beiden EU-Mitgliedstaaten, die von der Finanz- und Wirtschaftskrise am wenigsten betroffen waren. Der höchste Anstieg des verfügbaren Einkommens in allen NUTS-2-Regionen, für die Daten verfügbar waren, wurde für die polnische Hauptstadtregion Mazowieckie verzeichnet.

Karte 6: Veränderung des verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte, in Kaufkraftkonsumstandard
(KKKS), nach NUTS-2-Regionen, 2008-2011 (1)
(Differenz zwischen 2011 und 2008 in KKKS je Einwohner) - Quelle: Eurostat (nama_r_ehh2inc)

Neben den deutschen und den polnischen Regionen konnten nur die bulgarische Region Yugoiztochen sowie die Hauptstadtregionen von Ungarn, Finnland und der Slowakei zwischen 2008 und 2011 einen Anstieg des verfügbaren Einkommens um mindestens 1 500 KKKS je Einwohner vermelden (in der dunkelsten Schattierung dargestellt).

In allen griechischen Regionen mit Ausnahme von einer Region fiel das verfügbare Einkommen um über 1 000 KKKS

In 29 Regionen der EU-28 fiel das verfügbare Einkommen je Einwohner zwischen 2008 und 2011 um mehr als 1 000 KKKS (in Karte 6 durch die hellste Schattierung dargestellt). Der deutlichste Rückgang des verfügbaren Einkommens wurde in einigen der EU-Mitgliedstaaten beobachtet, die von der Finanz- und Wirtschaftskrise am stärksten betroffen waren: In Griechenland waren das fast alle Regionen (auch hier war Notio Aigaio wieder die einzige Ausnahme). Des Weiteren erlebten das Vereinigte Königreich (acht Regionen, einschließlich Inner und Outer London), Spanien (vier Regionen) sowie die Hauptstadtregionen von Irland und Rumänien den stärksten Rückgang.

Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) auf nationaler und regionaler Ebene legt die Methodik für die regionalen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen in der EU fest. Das ESVG 95 stimmt mit dem System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen der Vereinten Nationen (SNA 1993) überein. Infolge einer internationalen Vereinbarung zur Aktualisierung des SNA im Jahr 2008 wurde das ESVG ebenfalls überarbeitet. Die entsprechenden Änderungen werden in einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Union (Verordnung (EU) Nr. 549/2013) dargelegt. Weitere Informationen zum Übergang vom ESVG 95 zum ESVG 2010 finden Sie auf der Website von Eurostat.

Indikatordefinitionen

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist eine zentrale Kennzahl der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und stellt die wirtschaftliche Lage eines Landes oder einer Region dar. Seine Berechnung erfolgt unter Verwendung verschiedener Ansätze: der Entstehungsrechnung, der Verwendungsrechnung und der Verteilungsrechnung. Die Verwendungsrechnung kann auf regionaler Ebene jedoch nicht angewendet werden, da hier die regionalen Aus- und Einfuhren ermittelt werden müssten, was in den EU-Mitgliedstaaten nicht möglich ist.

Das Primäreinkommen der privaten Haushalte ist das direkt durch Markttransaktionen geschaffene Einkommen. Hierzu zählen allgemein Einkommen aus bezahlter und selbständiger Arbeit sowie Einkommen in Form von Zinsen, Dividenden und Vermietungen; zahlbare Zinsen und Mieten werden als negative Posten erfasst.

Das verfügbare Einkommen wird vom Primäreinkommen abgeleitet, indem alle Sozialleistungen und Mitteltransfers (durch staatliche Umverteilung) addiert und Einkommen- und Vermögensteuern sowie Sozialbeiträge und ähnliche Transfers subtrahiert werden; es stellt somit den Betrag dar, über den die Menschen real verfügen können.

Kaufkraftparitäten

Das regionale BIP wird in der Währung der jeweiligen Region (und damit des jeweiligen Landes) berechnet. Zur besseren Vergleichbarkeit kann es in eine gemeinsame Währung, z. B. Euro oder Dollar, umgerechnet werden.

Wechselkurse drücken zahlreiche Faktoren aus, die Angebot und Nachfrage auf Devisenmärkten beeinflussen, darunter internationaler Handel, Inflationsprognosen und Zinsgefälle. In den Wechselkursen werden jedoch nicht alle Preisniveauunterschiede zwischen Ländern reflektiert. Um diese Unterschiede auszugleichen, kann das BIP mit Hilfe von Umrechnungsfaktoren, als Kaufkraftparitäten (KKP) bezeichnet, in eine gemeinsame künstliche Währung, den sogenannten Kaufkraftstandard (KKS) umgerechnet werden. Dadurch ist es möglich, die Kaufkraft unterschiedlicher Währungen zu vergleichen. Selbst in einer Währungsunion wie dem Euroraum bildet eine gemeinsame Währung die vom jeweiligen nationalen Preisniveau abhängigen Kaufkraftunterschiede der einzelnen Länder ab.

Im weiteren Sinne führt die Verwendung von KKS-Reihen anstelle der Reihen auf der Grundlage des Euro in der Regel zu einer Nivellierung, da die Regionen mit einem sehr hohen BIP je Einwohner (in EUR) gewöhnlich auch ein vergleichsweise hohes Preisniveau aufweisen (so sind beispielsweise die Lebenshaltungskosten im Zentrum von Paris oder London im Allgemeinen höher als in den ländlichen Gebieten der EU). Die Berechnung des BIP je Einwohner auf der Grundlage von KKS-Reihen anstelle von Euro-Reihen kann zu beträchtlichen Unterschieden in der Rangfolge der Regionen führen.

Kontext

Messung der wirtschaftlichen Entwicklung

Die wirtschaftliche Entwicklung wird gemeinhin anhand des BIP dargestellt, das im regionalen Zusammenhang zur Bestimmung der makroökonomischen Tätigkeit und des Wachstums herangezogen werden kann und das als Grundlage für Vergleiche zwischen Regionen dient. Auch aus politischer Sicht ist das BIP eine wichtige Kennzahl, da es bei der Festlegung der Höhe des Beitrags, den ein Mitgliedstaat in den EU-Haushalt einzahlt, eine wichtige Rolle spielt. Außerdem werden Dreijahresdurchschnitte des BIP herangezogen, um zu entscheiden, welche Regionen Fördermittel aus den Strukturfonds der Europäischen Union erhalten.

Das BIP je Einwohner wird häufig als stellvertretender Indikator für den allgemeinen Lebensstandard betrachtet. Jedoch kann das BIP als einzige Informationsquelle nicht immer als verlässliche Grundlage für alle politische Debatten dienen, da es keinen Aufschluss über externe Wirkungen wie ökologische Nachhaltigkeit oder soziale Inklusion gibt, die zunehmend als wichtige Triebkräfte für die Bestimmung der Lebensqualität angesehen werden.

Diese Problematik bildete den Schwerpunkt etlicher internationaler Initiativen, und im August 2009 nahm die Europäische Kommission eine Mitteilung mit dem Titel Das BIP und mehr: die Messung des Fortschritts in einer Welt im Wandel (KOM(2009) 433 endgültig) an, in der eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung und Ergänzung der BIP-Messwerte dargelegt wird. Daraus geht hervor, dass vieles dafür spricht, das BIP durch Statistiken zur Berücksichtigung anderer wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Fragestellungen zu ergänzen, die ebenfalls entscheidende Bedeutung für das Wohlergehen der Menschen haben. Die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit solchen ergänzenden Indikatoren werden in einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen mit dem Titel Progress on ‘GDP and beyond’ actions (SWD(2013) 303 final) (auf Englisch) dargelegt. Darin wird das öffentliche Interesse zur Einbeziehung breiter gefasster BIP-Messwerte, auch auf regionaler und lokaler Ebene, bestätigt.

Wirtschaftspolitik

Wie im einleitenden Artikel dargelegt, zielt die Regionalpolitik der EU darauf ab, Solidarität und Zusammenhalt zu fördern, damit jede Region ihr Potenzial vollständig zur Entfaltung bringen kann. Dadurch sollen Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung verbessert und der Lebensstandards in „ärmeren“ Regionen möglichst schnell auf den EU-Durchschnitt angehoben werden.

Regionale Ungleichheiten können durch viele Faktoren bedingt sein, darunter geografische Abgelegenheit oder geringe Bevölkerungsdichte, sozialer und wirtschaftlicher Wandel oder Altlasten aus früheren Wirtschaftssystemen. Diese Ungleichheiten können sich unter anderem in sozialer Benachteiligung, schlechter medizinischer Versorgung oder Bildungsangeboten geringerer Qualität, in höherer Arbeitslosigkeit oder einer unzureichenden Infrastruktur zeigen.

Die Regionalpolitik der EU soll die Europa-2020-Agenda unterstützen, deren allgemeines Ziel es ist, ein nachhaltiges Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern. In diesem Sinn erhalten alle EU-Regionen im Einklang mit den Zielen der Strategie Europa 2020 Mittel im Rahmen der regionalen Förderung. Die Förderung konzentriert sich vornehmlich auf Initiativen zur Steigerung der Wirtschaftsleistung, beispielsweise die Bereiche Forschung und Innovation, nachhaltige Entwicklung und Schaffung günstiger Bedingungen zur Gründung kleiner Unternehmen.

Mehr als ein Drittel des EU-Haushalts wird für die Kohäsionspolitik bereitgestellt, deren Ziel es ist, wirtschaftliche, soziale und territoriale Ungleichheiten innerhalb der EU zu beseitigen, zum Beispiel durch die Unterstützung der Umstrukturierung von im Niedergang begriffenen Industriegebieten oder der Diversifizierung ländlicher Gebiete. Auf diese Weise möchte die Regionalpolitik der EU Regionen wettbewerbsfähiger machen, ihr wirtschaftliches Wachstum fördern und neue Arbeitsplätze schaffen. Bei der Regionalpolitik der EU handelt es sich somit um eine Investitionspolitik, mit der die Schaffung von Arbeitsplätzen, Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftswachstum, eine verbesserte Lebensqualität und eine nachhaltige Entwicklung gefördert werden sollen. Mit den diesbezüglichen Investitionen wird die Verwirklichung der Ziele der Strategie Europa 2020 unterstützt. Jedoch ist die Regionalpolitik auch Ausdruck der Solidarität der EU mit weniger entwickelten Ländern und Regionen, da bevorzugt Länder, Regionen und Wirtschaftszweige Fördermittel erhalten, in denen mit der finanziellen Unterstützung am meisten bewirkt werden kann.

Für den Zeitraum 2014-2020 wurde die Kohäsionspolitik der EU einer Neuausrichtung unterzogen, um eine maximale Wirkung in den Bereichen Wachstum und Beschäftigung zu erzielen. Die EU sieht im Zeitraum 2014-2020 Investitionen von insgesamt 351 Mrd. EUR in die europäischen Regionen vor. Es wird weiterhin in alle Regionen investiert, jedoch wurden politische Reformen verabschiedet, die eine Anpassung des Grads der Unterstützung entsprechend den neuen Klassifizierungen von Regionen festlegen:

  • weniger entwickelte Regionen (BIP < 75 % des EU-27-Durchschnitts);
  • Übergangsregionen (BIP 75 % bis 90 % des EU-27-Durchschnitts);
  • stärker entwickelte Regionen (BIP > %90 % des EU-27-Durchschnitts).

Die Regionalpolitik der EU zielt darauf, alle Regionen — durch Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Anhebung der Lebensstandards in den ärmsten Regionen auf den EU-Durchschnitt — bei der Entfaltung ihres vollen Potenzials zu unterstützen (Konvergenz). Ziel der regionalen Wirtschaftspolitik ist es, Investitionen in die Regionen durch Verbesserung der Zugänglichkeit, Bereitstellung hochwertiger Dienstleistungen und Erhaltung der Umwelt zu fördern und somit Innovation und Unternehmertun und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu unterstützen. Dabei sollen Ungleichheiten überwunden werden, die sich in sozialer Benachteiligung, mangelhaften Wohnbedingungen, schlechter Ausbildung und Gesundheitsfürsorge, höherer Arbeitslosigkeit oder einer unzureichenden Infrastrukturausstattung zeigen.

Siehe auch

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Haupttabellen

Regionale Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen — ESA95 (t_reg_eco)
Regionale Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen — ESA95 (t_nama_reg)

Datenbank

Regionale Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen — ESA95 (reg_eco)
Regionale Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen — ESA95 (nama_reg)

Spezieller Bereich

Methodik / Metadaten

Quelldaten für die Abbildungen und Karten (MS Excel)

Weblinks