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Statistiken über Chemikalienmanagement

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Daten von Oktober 2012. Neueste Daten: Weitere Informationen von Eurostat, Haupttabellen und Datenbank.
Abbildung 1: Gesamtproduktionsmengen von Chemikalien, 1996-2011
(in Mio. Tonnen) – Quelle: Eurostat (tsdph320)
Abbildung 2: Produktion umweltschädlicher Chemikalien, 1996-2011 (1)
(in Mio. Tonnen) – Quelle: Eurostat (ten00011)
Abbildung 3: Produktion toxischer Chemikalien, 1996-2011 (1)
(in Mio. Tonnen) – Quelle: Eurostat (tsdph320)

Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts begannen in der Europäischen Union (EU) die Arbeiten an der Erstellung von Statistiken zu gefährlichen Stoffen mit der Entwicklung von einer Reihe von Indikatoren für Umweltbelastungen durch Chemikalien. In jüngerer Zeit folgten Indikatoren, die die Wirksamkeit der Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH (auf Englisch)) überwachen sollen. In diesem Artikel werden zwei von Eurostat erarbeitete und zusammengestellte Indikatoren vorgestellt, die sich auf die Produktion einiger wichtiger Industriechemikalien beziehen.

Wichtigste statistische Ergebnisse

Gesamtproduktion von Chemikalien

Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der chemischen Produktion der EU-27 und der EU-15 gemessen an der Produktionsmenge (Quantität). Chemikalien werden hauptsächlich in den westeuropäischen Ländern produziert: Größter Chemikalienhersteller in der EU-27 im Jahr 2011 war Deutschland, gefolgt von Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich. Auf diese vier Mitgliedstaaten zusammengenommen entfiel fast die Hälfte der chemischen Produktion der EU-27; rechnet man außerdem noch die Produktion Belgiens, der Tschechischen Republik, Spaniens, der Niederlande, Ungarns, Polens und Finnlands hinzu, steigt der Anteil dieser 11 EU-Mitgliedstaaten auf 88 %.

Die Produktionsmenge von Chemikalien in der EU-27 erhöhte sich zwischen 2002 und 2007 kontinuierlich und stieg insgesamt um 9,7 % auf einen Höchststand von 362 Mio. Tonnen. Während der Wirtschafts- und Finanzkrise ging die Produktion 2008 um 24 Mio. Tonnen (bzw. 6,6 %) und 2009 um weitere 46 Mio. Tonnen (bzw. 13,6 %) zurück. 2010 glich der Aufschwung der Wirtschaftstätigkeit die 2009 verzeichneten Verluste mehr als aus, und die Chemikalienproduktion in der EU-27 nahm 2011 weiter zu (allerdings recht moderat), sie belief sich auf 347 Mio. Tonnen und lag damit immer noch um etwa 15 Mio. Tonnen unter dem Höchststand vor der Krise.

Produktion umweltschädlicher Chemikalien

In Abbildung 2 ist die Entwicklung der Produktionsmengen an umweltschädlichen chemischen Stoffen nach den Auswirkungen der Stoffe auf die Umwelt in fünf Klassen unterteilt. Insgesamt stieg die Produktion dieser Chemikalien in der EU-27 im Zeitraum von 2002 bis 2007 um 10,1 % auf einen Höchstwert von 194 Mio. Tonnen. In den beiden darauf folgenden Jahren sank die Produktion um 32 Mio. Tonnen (oder 16.5 %) und erreichte 2009 einen Tiefstand von 162 Mio. Tonnen. Wie bei der Gesamtproduktion von Chemikalien war 2010 ein starker Anstieg zu verzeichnen, dem 2011 ein leichter Produktionsanstieg folgte, was dazu führte, dass die Produktion umweltschädlicher Chemikalien (188 Mio. Tonnen) um 3,1 % unter dem Höchststand von 2007 lag.

Der Anteil der umweltschädlichen Chemikalien an der Gesamtproduktion von Chemikalien in der EU-27 veränderte sich in den letzten zehn Jahren nicht wesentlich: Ihr Anteil stieg von 53,4 % im Jahr 2002 auf 54,2 % im Jahr 2011 (und erreichte in den dazwischen liegenden Jahren einen Höchststand von 55,5 %). Es gab jedoch erhebliche Unterschiede bei der Entwicklung der Produktion der einzelnen Klassen. Der größte (relative) Anstieg der Produktion in der EU-27 war zwischen 2001 und 2011 bei Chemikalien mit signifikanter chronischer Wirkung auf die Umwelt zu verzeichnen (die Produktion stieg während des Betrachtungszeitraums um 70,6 %); aber auch bei der Produktion von Chemikalien mit schwerwiegender chronischer Wirkung war ein Anstieg festzustellen (17,4 %). Bei Chemikalien mit geringeren Auswirkungen auf die Umwelt – nämlich mit chronischen Auswirkungen und mit signifikanten akuten Auswirkungen – war kaum eine Änderung der Produktion im Betrachtungszeitraum zu verzeichnen, während die Produktion von Chemikalien mit moderater chronischer Wirkung um 12,2 % zurückging.

Produktion toxischer Chemikalien

In Abbildung 3 ist die Entwicklung der Produktionsmengen an toxischen chemischen Stoffen nach fünf Toxizitätsklassen aufgeschlüsselt. Die Entwicklung der Produktion toxischer Chemikalien verlief ähnlich der der umweltschädlichen Chemikalien; nach einem Anstieg von 2002 bis 2007 war ein deutlicher Rückgang der Produktion im Zusammenhang mit der Finanz- und Wirtschaftskrise zu verzeichnen, auf den 2010 wiederum ein starker Anstieg folgte; 2011 schließlich war die Produktion nahezu unverändert.

Die Produktion toxischer Chemikalien (d. h. aller fünf Toxizitätsklassen zusammen) in der EU-27 stieg im Zeitraum von 2002 bis 2007 um 6,8 % auf einen Spitzenwert von 218 Mio. Tonnen. Im Jahr 2008 ging die Produktion um 15 Mio. Tonnen (7,0 %) zurück, 2009 nahm sie um weitere 23 Mio. Tonnen (11,3 %) ab und sank auf 180 Mio. Tonnen. 2010 glich der Aufschwung der Wirtschaftstätigkeit die 2009 verzeichneten Verluste aus, und die Produktion toxischer Chemikalien lag nach einem leichten Rückgang 2009 im Jahr 2011 auf demselben Niveau wie 2008 (203 Mio. Tonnen).

Der Gesamtanteil toxischer Chemikalien (alle fünf Klassen) an der Chemikalienproduktion der EU-27 bewegte sich in den letzten zehn Jahren ganz allmählich abwärts. Der Anteil toxischer Chemikalien ging von 61,9 % der gesamten Chemikalienproduktion im Jahr 2002 (Höchststand) auf 60,5 % im Jahr 2010 zurück (trotz eines vorübergehenden Anstiegs 2009) und fiel 2011 deutlich auf 58,7 %. Der Gesamtrückgang dieses Anteils kann darauf zurückgeführt werden, dass die Produktion toxischer Chemikalien zwischen 2002 und 2011 unverändert blieb (-0,5 %), während die Produktion nicht toxischer Chemikalien anstieg (13,9 %); diese Entwicklung liegt auch dem deutlichen Rückgang des Anteils toxischer Chemikalien im Jahr 2011 bei relativ moderatem Rückgang ihres Produktionsniveaus zugrunde. Die Zeitreihe von 2002 bis 2011 liefert daher nur wenige Anhaltspunkte für eine nennenswerte Entkopplung der Produktion von Chemikalien, die die Gesundheit des Menschen gefährden und/oder die Ökosysteme schädigen, von der gesamten Industriechemikalienproduktion.

Von 2002 bis 2007 wurden in der EU-27 zwischen 35 und 38 Mio. Tonnen an krebserzeugenden, erbgutverändernden und fortpflanzungsgefährdenden Chemikalien (CMR-Chemikalien) produziert, die die höchste Toxizitätsklasse bilden. Zwischen 2007 und 2008 ging die Produktion um 5 Mio. Tonnen (oder 14,3 %) auf 32 Mio. Tonnen zurück und blieb 2009 auf diesem Niveau. 2010 stieg die Produktion der CMR-Chemikalien wieder auf 39 Mio. Tonnen an – sie lag damit über dem Niveau, das vor der Wirtschafts- und Finanzkrise verzeichnet worden war; 2011 blieb die Produktion auf diesem Niveau.

Der relative Anteil der CMR-Chemikalien an der gesamten Chemikalienproduktion der EU-27 fiel von dem Höchststand von 10,8 % im Jahr 2004 auf 9,4 % im Jahr 2008; der größte Rückgang war zwischen 2007 und 2008 zu verzeichnen. Anschließend stieg der relative Anteil der CMR-Chemikalien wieder, insbesondere 2009 (auf 11,0 %) und in geringerem Maße auch 2010 (auf 11,5 %). Die neuesten verfügbaren Daten zeigen, dass der Anteil der CMR-Chemikalien an der gesamten Chemikalienproduktion 2011 leicht gefallen ist (auf 11,2 %). Eine eingehendere Analyse ergibt, dass die meisten CMR-Chemikalien in kleineren Mengen hergestellt wurden, was jedoch durch größere Produktionsmengen bei Chlorverbindungen, z. B. Vinylchlorid, ausgeglichen wurde.

Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Die in diesem Artikel vorgestellten Indikatoren werden von den jährlichen Statistiken über die Produktion von Gütern (Prodcom) abgeleitet. Die statistischen Daten zu toxischen Chemikalien decken die Jahre seit 1995 ab, während zu umweltschädlichen Stoffen seit 1996 Statistiken zur Verfügung stehen. Aggregate für die EU-27 liegen ab dem Bezugsjahr 2002 vor.

Die Informationen über die Produktion umweltschädlicher Chemikalien und die Produktion toxischer Chemikalien wurden jeweils zu fünf Wirkungsklassen aggregiert. Diesen Klassen der Umweltbelastungen und der Toxizität für die Gesundheit des Menschen liegen offizielle Klassifikationen zugrunde, die in EU-Rechtsvorschriften festgelegt sind und auf Beurteilungen wissenschaftlicher Sachverständiger beruhen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Indikatoren keinen Aufschluss über die tatsächlichen, mit der Verwendung von Chemikalien verbundenen Risiken geben, sondern lediglich die Produktionsmengen abbilden. Produktion und Verbrauch sind nicht gleichzusetzen mit Exposition, da einige Chemikalien innerhalb von geschlossenen Systemen bzw. als Zwischenprodukt in kontrollierten Lieferketten eingesetzt werden.

Die Produktion umweltschädlicher Chemikalien wird nach den Auswirkungen der Stoffe auf die Umwelt in fünf Klassen unterteilt. Beginnend mit der am stärksten belastenden Gruppe sind dies:

  • ernstzunehmende nachhaltige Umweltauswirkungen;
  • signifikante chronische Wirkung auf die Umwelt;
  • moderate chronische Wirkung auf die Umwelt;
  • chronische Wirkung auf die Umwelt;
  • signifikante akute Wirkung auf die Umwelt.

Anhand der Produktion umweltschädlicher Chemikalien wird der Fortschritt bei der Verlagerung von umweltschädlicheren Chemikalien zu weniger umweltschädlichen Chemikalien überwacht, wobei der Schwerpunkt auf der aquatischen Toxizität liegt. Ziel ist es, die inhärente Ökotoxizität chemischer Stoffe, ihr Bioakkumulationspotenzial und ihre Persistenz in der Umwelt zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck wurden stoffspezifische Daten zur Ökotoxizität, zur biologischen Abbaubarkeit und zum biologischen Akkumulationspotenzial genutzt. Die Produktion umweltschädlicher Chemikalien stützt sich im Wesentlichen auf die offizielle Umweltklassifikation für Stoffe; ferner sind bestimmte Risikosätze für chronische Humantoxizität berücksichtigt.

Der Indikator für toxische Chemikalien wird auch unter dem Thema „Gesundheit der Bevölkerung“ als Indikator für nachhaltige Entwicklung veröffentlicht. Er wird als operatives Ziel und Vorgabe für die Gesundheitsdeterminanten eingestuft. Aggregierte Produktionsmengen toxischer Chemikalien können in fünf Toxizitätsklassen unterteilt werden. Beginnend mit der gefährlichsten sind dies:

  • krebserzeugende, erbgutverändernde und fortpflanzungsgefährdende Chemikalien (CMR-Chemikalien);
  • chronisch toxische Chemikalien;
  • sehr toxische Chemikalien;
  • toxische Chemikalien;
  • schädliche Chemikalien.

Dieser Indikator misst die Fortschritte beim Übergang von der Produktion von stärker toxischen zu weniger toxischen chemischen Stoffen und leistet damit einen Beitrag zur Umsetzung eines wichtigen Ziels der REACH-Verordnung: der Minimierung von Risiken durch den Ersatz von gefährlichen Stoffen durch weniger gefährliche Stoffe.

2009 gab Eurostat in Zusammenarbeit mit den für Industrie und Umwelt zuständigen Generaldirektionen der Europäischen Kommission eine Grundlagenstudie mit Indikatoren für die Überwachung der Wirksamkeit der REACH-Verordnung heraus. 2012 veröffentlichte Eurostat eine aktualisierte Fassung dieser Studie sowie eine Zusammenfassung.

Kontext

Das sechste Umweltaktionsprogramm (6. UAP) (auf Englisch), das den Zeitraum von 2002 bis 2012 abdeckt, sieht eine vollständige Überprüfung der EU-Politik im Bereich des Chemikalienmanagements vor. Mit der Durchführung der REACH-Verordnung soll ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sichergestellt werden, unter anderem, indem alternative Methoden für die Bewertung der Gefährlichkeit von Stoffen und der freie Verkehr von Stoffen im Binnenmarkt gefördert und die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationstätigkeit der chemischen Industrie der EU gestärkt werden. Der Ausbau der Erkenntnisse über die gefährlichen Eigenschaften chemischer Stoffe im Rahmen der REACH-Verordnung soll die Bedingungen für einen sicheren Einsatz dieser Stoffe in den Lieferketten verbessern und auf die Substitution gefährlicher Stoffe durch weniger gefährliche Stoffe hinwirken, um die Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu verringern.

Statistische Indikatoren, die Informationen über die Produktion toxischer und umweltschädlicher Chemikalien liefern, können dazu verwendet werden, den Fortschritt bei der Verwirklichung mehrerer Ziele zu messen. Hierzu gehören das Kernziel der öffentlichen Gesundheit (gesunde Lebensjahre und Lebenserwartung) im Rahmen der Strategie der Europäischen Union für nachhaltige Entwicklung (auf Englisch) sowie das Ziel der Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt.

Am 31. Mai 2012 verabschiedete die Europäische Kommission eine Mitteilung über „Kombinationswirkungen von Chemikalien“ (COM(2012) 252 final), mit der sichergestellt werden soll, dass Risiken im Zusammenhang mit chemischen Mischungen genau verstanden und beurteilt werden – wodurch das traditionelle Konzept der Grenzwerte für einzelne Chemikalien im Wasser, in der Luft und in hergestellten Waren erweitert wird und die möglicherweise toxischen Auswirkungen dieser Chemikalien in Mischungen untersucht werden.

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Haupttabellen

Indikatoren
Öffentliche Gesundheit
Unterthema: GESUNDHEITSDETERMINANTEN
9. Index der Produktion von toxischen Chemikalien, nach Giftigkeitsklasse (QP)
Produktion umweltgefährdender Chemikalien, nach Klasse der Umweltauswirkung (ten00011)
Produktion von toxischen Chemikalien, nach Giftigkeitsklasse (tsdph320)

Quelldaten für die Tabellen und Abbildungen (MS Excel)

Weblinks

Siehe auch