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Industrie und Baugewerbe – konjunkturelle Entwicklung

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Dieser Artikel geht auf die aktuellen Statistiken über die Entwicklungen in der Industrie und im Baugewerbe in der Europäischen Union (EU) ein. Für die Konjunkturstatistik (KS) werden Indizes erstellt, die eine sofortige Bewertung des Wirtschaftsklimas in Industrie und Baugewerbe ermöglichen, indem sie einen ersten Überblick über die aktuelle Entwicklung in verschiedenen Wirtschaftszweigen bieten. Die Konjunkturstatistik zeigt die Entwicklungen im zeitlichen Verlauf an, so dass Veränderungsraten berechnet werden können, die in der Regel Gegenüberstellungen für einen Monat oder ein Quartal mit dem vorhergehenden Monat oder Quartal oder dem entsprechenden Vorjahreszeitraum enthalten. Die Konjunkturstatistik enthält keine Angaben zum Ausmaß der Wirtschaftstätigkeit, wie den monetären Wert der Produktion (Wertschöpfung oder Umsatz) oder die tatsächlichen Preise.

Wichtigste statistische Ergebnisse

Abbildung 1: Indizes der Produktion und der inländischen Erzeugerpreise der Industrie (ohne Baugewerbe), EU-27, 2001-2011
(2005 = 100) – Quelle: Eurostat (sts_inppd_m) und (sts_inpr_m)
Abbildung 2: Index der industriellen Einfuhrpreise, Euroraum, 2005-2011 (1)
(2005=100) – Quelle: Eurostat (sts_inpi_m)
Tabelle 1: Jährliche Wachstumsraten für die Industrie (ohne Baugewerbe), 2006-2010
(in %) – Quelle: Eurostat (sts_inprgr_a)und (sts_inppdgr_a)
Abbildung 3: Jährliche Wachstumsrate für den Produktionsindex der Industrie, EU-27, 2010 (1)
(in %) – Quelle: Eurostat (sts_inprgr_a)
Abbildung 4: Produktionsindex für das Baugewerbe, EU-27, 2001-2011 (1)
(2005=100) – Quelle: Eurostat (sts_copr_m)
Tabelle 2: Jährliche Wachstumsraten für das Baugewerbe, 2006-2010
(in %) – Quelle: Eurostat (sts_coprgr_a) und (sts_copigr_a)

Industrie

Die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise sowie die nachfolgende Erholung der gewerblichen Wirtschaft der EU-27 zeichnen sich in den beiden wichtigsten Indizes der Industrie, dem Produktionsindex und dem Index für die inländischen Erzeugerpreise der Industrie, deutlich ab. Über mehrere Jahre hinweg entwickelten sich Produktion und Preise in der gesamten EU-27 relativ stabil (siehe Abbildung 1); ab dem zweiten Halbjahr 2007 jedoch beschleunigte sich der Preisanstieg, während sich die Zunahme der Industrieproduktion verlangsamte. Die monatliche Veränderungsrate des Industrieproduktionsindex kehrte sich im Februar 2008 ins Negative, während der Index der inländischen Erzeugerpreise im Juli 2008 sechs Monate später einen Höhepunkt erreichte. Die Produktion entwickelte sich mehr als ein Jahr lang rückläufig und wies erst im April 2009 wieder eine positive Veränderungsrate auf, während die inländischen Erzeugerpreise ab Mai 2009 relativ konstant stiegen.

Der Rückgang derIndustrieproduktion in der EU-27 von dem relativen Spitzenwert im Februar 2008 verlief besonders steil; mit dem relativen Tiefpunkt vom März 2009 erreichte dieser Index seinen niedrigsten Stand seit Januar 1998. Demgegenüber lagen die Erzeugerpreise im Juli 2009 zwar um 8,1 % unter dem relativen Spitzenwert des Vorjahres, bewegten sich aber in ähnlicher Höhe wie der Wert vom Oktober 2007 vor Eintreten der Wirtschafts- und Finanzkrise. Nach wie vor spiegelt dies neben anderen Faktoren den vergleichsweise hohen Preis von Mineralöl sowie verwandter Energieprodukte und Zwischenerzeugnisse wider.

Die industriellen Einfuhrpreise für den Euroraum erreichten im Juli 2008 einen Höhepunkt, und zwar unabhängig davon, ob die Importe von außerhalb des Euroraums oder aus Mitgliedstaaten des Eurogebiets stammten. Danach gingen die Preise für Einfuhren aus Ländern des Euroraums neun Monate in Folge um insgesamt 7,4 % zurück, während die Preise für Einfuhren aus nicht dem Euroraum angehörenden Ländern noch einen Monat länger rückläufig waren; insgesamt betrug der Rückgang 14,2 %. Nach dem im Frühjahr 2009 erreichten Tiefststand zogen die Preise für Importe aus Ländern des Euroraums ab Juni 2011 um 12.4 % und von außerhalb des Euroraums ab Juli 2011 um 22,0 % an; in beiden Fällen lagen die Einfuhrpreise damit um mehr als 4 % über ihrem vor Eintreten der Wirtschafts- und Finanzkrise erreichten Höchststand (siehe Abbildung 2).

In der gesamten EU schrumpfte die Industrietätigkeit, was sich daran ablesen lässt, dass die Produktion 2009 in allen Mitgliedstaaten unter dem Wert des Vorjahres lag. Die Spanne des Rückgangs reichte von -3,7 % in Polen bis -23,9 % in Estland (siehe Tabelle 1). Die darauf folgende Erholung war ebenfalls umfassend; nur Zypern und Griechenland verzeichneten 2010 einen weiteren Konjunkturrückgang, während die Zuwachsrate in Estland mit 20,3 % am höchsten ausfiel.

Der Abschwung hatte auch nahezu alle Industriezweige erfasst: Der einzige Industriezweig (auf der Ebene der Abteilungen der NACE Rev. 2) in der EU-27 ohne Wachstumrückgang gegenüber dem Vorjahr war 2009 die Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen mit einer Zunahdme von 3,4 %. Die Erholung im Jahr 2010 fiel ebenfalls relativ flachendeckend aus, denn in dem genannten Jahr überstieg die Produktion in den meisten Industriezweigen die des Vorjahres. Es gab sechs Ausnahmen (auf der Ebene der Abteilungen der NACE Rev. 2), bei denen die Produktion 2010 weiter schrumpfte; dies betraf mit einem Rückgang von 5,9 % vor allem die Tabakverarbeitung (siehe Abbildung 3).

Baugewerbe

Zwar war die Größenordnung etwas geringer, doch hielt der Abschwung der Wirtschaftstätigkeit im Baugewerbe in der EU-27 länger an als in der Industrie. Die Produktion im Baugewerbe der EU-27 erreichte im März 2007 einen Höhepunkt und ging dann fünf Monate lang zurück. An diesen ersten Abschwung schloss sich eine vorübergehende Phase der leichten Erholung an, die bis Januar 2008 anhielt. Danach wurden beträchtliche Rückgänge verzeichnet und im Februar 2010, knapp drei Jahre nach dem anfänglichen Abschwung, ein Tiefststand erreicht. Von Januar 2008 bis Februar 2010 sank der Produktionsindex des Baugewerbes in der EU-27 um insgesamt 18,6 % ab und erreichte ein zuletzt im Juni 1998 verzeichnetes Niveau.

Als dominierender Unterindex im Produktionsindex des Baugewerbes wies der des Hochbaus erwartungsgemäß eine ähnliche Entwicklung auf wie der Index für das gesamte Baugewerbe, auch wenn der Rückgang von Ende 2006 bis Anfang 2010 mit insgesamt 20,6 % in der EU-27 noch etwas stärker ausfiel (siehe Abbildung 4). Im Bereich des Tiefbaus verlief die Entwicklung uneinheitlich. Von März bis November 2008 entsprach der Produktionsrückgang im Tiefbau der EU-27 in etwa dem im Hochbau. Bis April 2009 wurde jedoch erneut ein Wachstum verzeichnet, möglicherweise ausgelöst durch verstärkte öffentliche Ausgaben als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Produktion im Tiefbau blieb fast das ganze Jahr 2009 über stabil, bevor sie zwischen November 2009 und März 2010 erneut sank. In der Folgezeit verharrte sie auf einem weitgehend unveränderten Niveau.

Der lang anhaltende und tiefgreifende Abschwung des Baugewerbes betraf praktisch die ganze EU-27; außer Polen verzeichneten alle Mitgliedstaaten in den letzten drei Jahren (2008 bis 2010) mindestens ein Jahr lang eine rückläufige Produktion in diesem Bereich; in zehn Mitgliedstaaten fielen die Veränderungsraten in allen drei Jahren negativ aus. Als besonders langwierig erwies sich die anhaltende Kontraktion in Dänemark, Irland und Spanien, wo viermal in Folge negative jährliche Veränderungsraten verzeichnet wurden; in Ungarn, wo diese Raten nunmehr seit fünf Jahren negativ ausfallen, und in Portugal, wo zuletzt 2001 eine positive jährliche Veränderungsrate gemessen wurde. Die Produktion des Baugewerbes ging 2010 in Spanien und Lettland um 20 % oder mehr und in Irland und Griechenland um 30 % oder mehr zurück. Hingegen wiesen sieben Mitgliedstaaten 2010 einen Produktionsanstieg im Baugewerbe aus; dabei wurden Höchststände von 7,2 % im Vereinigten Königreich und von 11,8 % in Finnland verzeichnet.

Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Konjunkturstatistiken (KS) werden im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1165/98 vom 19. Mai 1998 über Konjunkturstatistiken erstellt. Aus der Umsetzung dieser Verordnung ergaben sich wesentliche Änderungen und Verbesserungen hinsichtlich der Verfügbarkeit und Aktualität von Indikatoren. Die Verordnung über Konjunkturstatistiken wurde in Reaktion auf neue Bedürfnisse der Nutzer geändert und angepasst; dies geschah in der Regel im Zusammenhang mit der Entwicklung der Währungsunion und insbesondere entsprechend den konkreten Anforderungen der Europäischen Zentralbank (EZB).

Indikatoren, die sowohl für die Industrie als auch für das Baugewerbe verwendet werden, sind der Produktionsindex und die Arbeitsinputindikatoren, die sich auf Beschäftigung, Löhne und Gehälter sowie geleistete Arbeitsstunden beziehen. Für die Industrie gibt es zusätzliche KS-Indikatoren, die Umsatz, Auftragseingang und Erzeugerpreise betreffen und für den gesamten Markt, den inländischen und den ausländischen Markt erstellt werden; bei Letzterem wird außerdem die Entwicklung in den Märkten des Euroraums und den Märkten des Nicht-Euroraums untersucht. In ähnlicher Weise wird bei den industriellen Einfuhrpreisen zwischen Importen aus dem Eurogebiet und aus Ländern außerhalb des Euroraums unterschieden. Beim Baugewerbe wird im Produktionsindex zwischen Hoch- und Tiefbau unterschieden und es werden zusätzliche Indikatoren für Baugenehmigungen sowie Kosten- und Preisindizes des Baugewerbes erfasst.

Konjunkturstatistiken können in unterschiedlicher Form vorgelegt werden. Bruttoindizes oder nicht bereinigte Indizes sind die Grundform eines Index. Bei der arbeitstäglichen Bereinigung wird der Index so bereinigt, dass die Kalendermerkmale eines Monats berücksichtigt werden. Die Anzahl der Arbeitstage in einem Monat hängt ab vom Zeitpunkt bestimmter gesetzlicher Feiertage (Ostern kann je nach Jahr im März oder April sein), der möglichen Überschneidung von gesetzlichen Feiertagen mit arbeitsfreien Tagen (z. B. 1. Mai fällt auf einen Sonntag), der Tatsache, ob das Jahr ein Schaltjahr ist, und von anderen Faktoren. Die Saisonbereinigung oder Bereinigung um saisonale Schwankungen soll es ermöglichen, dass nach der Bereinigung um kalendarische Effekte die Auswirkungen von in der Vergangenheit beobachteten, bekannten saisonalen Faktoren berücksichtigt werden können. Im Fall des Produktionsindex hat z. B. der jährliche Sommerurlaub einen negativen Einfluss auf die Industrieproduktion. Der Trend ist eine langsame Veränderung über viele Jahre hinweg, die im Allgemeinen mit strukturellen Ursachen des jeweiligen Phänomens in Verbindung steht. Der Zyklus ist eine quasi-periodische Schwankung. Er ist durch abwechselnde Zeiträume mit mehr oder minder starken Schwankungen gekennzeichnet, die möglicherweise, jedoch nicht immer, Aufschwünge und Rezessionen einschließen. Wenn diese Komponente der Zeitreihe relativ stark ist, ist die Trend-Zyklus-Reihe im Allgemeinen besser für die Analyse längerfristiger Entwicklungen in der Vergangenheit geeignet. Bei der Analyse von Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit ist dieser Vorteil jedoch weniger eindeutig. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Trend-Zyklus-Werte für jüngere Perioden umfangreicheren Änderungen unterliegen können als die entsprechenden saisonbereinigten Werte. Letztere sind daher möglicherweise für die Analyse aktueller Entwicklungen besser geeignet; dies trifft insbesondere im Bereich von Wendepunkten zu.

Je nach Indikator müssen die EU-Mitgliedstaaten bereinigte oder unbereinigte Daten an Eurostat übermitteln. Sofern die Mitgliedstaaten unbereinigte Daten übermitteln, berechnet Eurostat die Saisonbereinigung. Die nationalen statistischen Ämter der Mitgliedstaaten sind für die Datensammlung und die Berechnung der nationalen Zeitreihen zuständig, während Eurostat für die Aggregierung auf Ebene der EU-27 und des Euroraums verantwortlich ist.

NACE Rev. 2, die neueste Fassung der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige, wurde 2009 in der Konjunkturstatistik eingeführt. Die Verwendung der NACE Rev. 2 erforderte nicht nur eine Änderung der Datenerhebungspraxis, sondern auch die Neuberechnung oder Schätzung von Zeitreihen auf der Grundlage der NACE Rev. 2, in der Regel zurück bis zum Jahr 2000. Zeitgleich mit der Einführung der NACE Rev. 2 erfolgte die Umstellung auf ein neues Basisjahr (2005) für die KS-Indizes, um die wirtschaftlichen Strukturen besser widerspiegeln zu können; bei den früheren Indizes wurde das Jahr 2000 als Basisjahr zugrunde gelegt.

Kontext

Ein Grund für die zunehmende Bedeutung und Verwendung der Konjunkturstatistiken besteht darin, dass die Informationsströme globaler geworden sind und die Veröffentlichung der neuesten Daten eines Indikators gravierende Auswirkungen auf die Finanzmärkte oder auf Entscheidungen von Zentralbanken und Unternehmen haben kann. Konjunkturstatistiken sind eine wichtige Grundlage für alle, die den Konjunkturverlauf beobachten oder aktuelle Veränderungen in einem bestimmten Industriezweig, im Baugewerbe oder im Dienstleistungssektor verfolgen möchten.

KS-Indikatoren von zentraler Bedeutung sind die Wichtigsten europäischen Wirtschaftsindikatoren (WEWI), die die EZB zur Durchführung der Geldpolitik im Euroraum benötigt. Vier WEWI betreffen die Konjunkturstatistiken für die Industrie: Produktion, Auftragseingänge, Erzeugerpreise für die Binnenmärkte und Einfuhrpreise. Zwei weitere WEWI betreffen die Konjunkturstatistiken für das Baugewerbe: Produktion und Baugenehmigungen.

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Haupttabellen

Industrie (NACE Rev.2) (t_sts_ind)
Industrie, Produktionsindizes (NACE Rev.2) (t_sts_ind_prod)
Industrie, Umsatzindizes (NACE Rev.2) (t_sts_ind_tovt)
Industrie, Auftragseingangsindizes (NACE Rev.2) (t_sts_ind_nord)
Industrie, Erzeugerpreisindizes (NACE Rev. 2) (t_sts_ind_pric)
Industrie, Einfuhrpreisindizes (NACE Rev.2) (t_sts_ind_impi)
Industrie, Arbeitsinputindizes (NACE Rev.2) (t_sts_ind_labo)
Baugewerbe, Hoch und Tiefbau (NACE F) (t_sts_cons)
Produktion des Baugewerbes (teiis500)
Kostenindex des Baugewerbes - Neue Wohngebäude (teiis510)
Arbeitseinsatzindikatoren des Baugewerbes (teiis520)
Baugenehmigungen (teiis540)

Datenbank

Industrie (NACE Rev.2) (sts_ind)
Industrie, Produktionsindizes (NACE Rev.2) (sts_ind_prod)
Industrie, Umsatzindizes (NACE Rev.2) (sts_ind_tovt)
Industrie, Auftragseingangsindizes (NACE Rev.2) (sts_ind_nord)
Industrie, Erzeugerpreisindizes (NACE Rev. 2) (sts_ind_pric)
Industrie, Einfuhrpreisindizes (NACE Rev. 2) (sts_ind_impi)
Industrie, Arbeitsinputindizes (NACE Rev.2) (sts_ind_labo)
Baugewerbe, Hoch und Tiefbau (NACE F) (sts_cons)
Baugewerbe, Produktionsindizes (NACE Rev.2) (sts_cons_pro)
Construction new orders index (sts_cons_ord)
Baugewerbe, Arbeitsinputindizes (NACE Rev.2) (sts_cons_lab)
Neue Wohngebäude, Preisindizes (sts_cons_pri)
Baugenehmigungen, Indizes (sts_cons_per)

Spezieller Bereich

Methodik / Metadaten

Quelldaten für die Tabellen, Abbildungen und Karten (MS Excel)

Weblinks

Siehe auch