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Statistiken über biologische Vielfalt

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Daten von September 2012. Neueste Daten: Weitere Informationen von Eurostat, Haupttabellen und Datenbank.
Abbildung 1: Schutzgebiete für die biologische Vielfalt: Angemessenheit der Standorte, 2010
(in %) – Quelle: Europäische Umweltagentur/ Europäisches Themenzentrum für die biologische Vielfalt, Eurostat (env_bio1)
Abbildung 2: Indizes weit verbreiteter Vogelarten, EU, 1990-2010 (1)
(aggregierter Index aus Populationsschätzwerten ausgewählter Gruppen von Brutvogelarten, 1990=100) – Quelle: EBCC/RSPB/BirdLife/Statistics Netherlands, Eurostat (env_bio2)

biologische Vielfalt bezeichnet die Anzahl, Verschiedenartigkeit und Variabilität lebender Organismen einschließlich der Menschheit. Die Menschheit ist darauf angewiesen, die biologische Vielfalt zu erhalten, da durch den Reichtum natürlicher Ressourcen der Erde die Versorgung der Menschen mit Nahrungsmitteln, Energie, Rohstoffen, reiner Luft und sauberem Wasser sichergestellt wird und somit die Grundvoraussetzungen für Leben und für die Fortentwicklung von Volkswirtschaften und Gesellschaften erfüllt werden. Eine Verringerung oder ein Verlust an biologischer Vielfalt kann nicht nur die natürliche Umwelt, sondern auch wirtschaftliche und soziale Ziele gefährden. Aufgrund der Herausforderungen, die mit der Erhaltung der biologischen Vielfalt verbunden sind, hat dieses Problem internationale Bedeutung erlangt. In diesem Artikel werden zwei Indikatoren für die biologische Vielfalt in der Europäischen Union (EU) untersucht, nämlich Informationen über Schutzgebiete und Vogelpopulationen.

Wichtigste statistische Ergebnisse

Habitate

Die Mitgliedstaaten schlagen vor, welche Gebiete zur Erhaltung der biologischen Vielfalt nach der Habitat-Richtlinie der EU unter Schutz gestellt werden sollen; ihre Fläche wird als prozentualer Anteil der Gesamtfläche der einzelnen Länder angegeben. Im Jahr 2010 waren dies rund 14 % des Gebiets der EU-27. Außerdem waren Vorschläge zur Ausweisung von Schutzgebieten nach der Vogelschutzrichtlinie übermittelt worden. Wegen Überschneidungen der beiden Arten von Schutzgebieten wurde die auf der Grundlage der beiden Richtlinien ausgewiesene Fläche auf insgesamt rund 18 % der Landfläche der EU-27 geschätzt. Aus den Zahlen für die Mitgliedstaaten geht hervor, dass die Bandbreite bei den nach der Habitat-Richtlinie ausgewiesenen Schutzgebieten von 31 % der Gesamtfläche in Slowenien und 30 % in Bulgarien bis zu weniger als 10 % der Gesamtfläche in Frankreich, den Niederlanden, Dänemark und dem Vereinigten Königreich reicht. Im Allgemeinen werden die biogeografischen Regionen in den Mitgliedstaaten durch die geschützten Gebiete angemessen abgedeckt. Im Durchschnitt der EU-27 beinhalteten sie 2010 89 % der ausreichend abgedeckten Arten und Lebensräume; nur Zypern meldete einen Grad der Angemessenheit von unter 50 % – siehe Abbildung 1.

Vögel

Zwischen 1990 und 2000 war ein allgemein rückläufiger Trend bei der Vielfalt der weit verbreiteten Ackerlandvogelarten wie auch der Waldvogelarten zu beobachten – siehe Abbildung 2. Diese Entwicklung nach unten setzte sich bei den Ackerlandvogelarten fort, wobei es bei der Zahl der weit verbreiteten Ackerlandvogelarten zu einem relativ starken Rückgang kam (-25 % zwischen 1990 und 2010); diese Entwicklung kann größtenteils auf Veränderungen bei der Bodennutzung und landwirtschaftlichen Verfahren zurückgeführt werden. Während der Rückgang bei den heimischen Waldvogelarten zwischen 1990 und 2000 in der EU bei 19 % lag, war in den letzten Jahren eine Erholung der Waldvogelbestände zu verzeichnen; der Index stieg im Jahr 2010 von einem relativen Tiefstand von 81 auf 88. Der Index aller heimischen Vogelarten ist von 1995 bis 2010 relativ stabil geblieben und lag etwa 6 % bis 12 % unter dem Stand des Jahres 1990; 2010 lag er bei 89.

Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Habitate

Zu Gebieten, die auf der Grundlage der Habitat-Richtlinie als Schutzgebiete ausgewiesen sind, liegen jährliche Daten vor. Diese Daten werden als Prozentsatz der Einhaltung der Verpflichtung zum Schutz von Lebensräumen und Arten dargestellt, die typisch für die größeren biogeografischen Regionen der EU sind. Der Indikator basiert auf der Größe der Fläche, die die Länder als Schutzgebiete für natürliche und naturnahe Lebensräume sowie für wildlebende Tiere und Pflanzen der Anhänge I und II der Habitat-Richtlinie vorschlagen. Der Index der Angemessenheit misst, inwieweit die von den Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung die in diesen Anhängen aufgeführten Arten und Lebensräume adäquat abdecken, und zwar im Verhältnis zu dem Anteil an der biogeografischen Region, der in das Hoheitsgebiet des betreffenden Landes fällt.

Vögel

Vögel gelten als gute Indikatoren für die biologische Vielfalt und die Integrität von Ökosystemen, da sie tendenziell nahe der Spitze der Nahrungskette stehen, weite Gebiete abdecken und ihren Standort wechseln können, wenn sich die Bedingungen in ihrer Umgebung nachteilig verändern. Sie reagieren auf Veränderungen in ihren Lebensräumen und Ökosystemen.

Die in diesem Artikel vorgestellten Indikatoren für Vögel messen Entwicklungen der Vogelpopulationen. Sie sollen die durchschnittlichen Gesamtveränderungen der Populationsgröße weit verbreiteter Vogelarten abbilden und Gesundheit und Funktionsweise der Ökosysteme widerspiegeln, in denen diese Arten vorkommen. Der Populationsindex weit verbreiteter Vögel ist ein aggregierter Index aus Schätzungen der Populationstrends einer ausgewählten Gruppe heimischer Vogelarten (mit dem Basisjahr 1990 oder dem Jahr des Beitritts des betreffenden Mitgliedstaats zu der Regelung). Die Indizes werden für jede Art gesondert berechnet und zu einem EU-Indikator für mehrere Arten miteinander kombiniert, indem unter Heranziehung eines geometrischen Durchschnitts mit gleichem Gewicht der Durchschnitt der Indizes gebildet wird. Dieser Durchschnitt wird von den Indizes und nicht von der Häufigkeit der Vögel gebildet, um die einzelnen Arten in dem jeweiligen Indikator mit gleichem Gewicht zu berücksichtigen.

Der EU-Index basiert auf Trenddaten aus 20 Mitgliedstaaten (Daten für Griechenland, Zypern, Litauen, Luxemburg, Malta, Rumänien und Slowenien sind nicht verfügbar), die aus jährlichen nationalen Brutvogelstudien abgeleitet und im Rahmen des gesamteuropäischen Brutvogelmonitorings (PECBMS) gewonnen werden; diese Daten gelten als gute Proxy-Variablen für die gesamte EU-27.

Vorgelegt werden die folgenden drei unterschiedlichen Indizes:

  • weit verbreitete Ackerlandvögel (37 Arten),
  • weit verbreitete Waldvögel (33 Arten),
  • alle weit verbreiteten Vogelarten (148 Arten).

Die Vogelarten der ersten beiden Kategorien sind während der Brutzeit und zur Futtersuche in hohem Maße auf die von der Landwirtschaft geprägten Lebensräume oder auf Waldlebensräume angewiesen. Beiden Gruppen gehören Standvogel- sowie Zugvogelarten an. Der aggregierte Index umfasst Ackerland- und Waldvogelarten sowie weitere weit verbreitete Vogelarten, die in vielen verschiedenen Lebensräumen vorkommen können oder sich besonders gut an das Leben in Städten angepasst haben.

Kontext

Die natürliche Umwelt besteht zu einem Großteil aus öffentlichen Gütern, d.h. aus Gütern, die weder einen Marktwert noch einen Preis haben. Deshalb macht sich der Verlust der biologischen Vielfalt für die Wirtschaftssysteme häufig nicht bemerkbar. Die natürliche Umgebung bietet jedoch auch immaterielle Werte, wie die ästhetische Freude am Anblick von Landschaften und wildlebenden Tieren, sowie Erholungsmöglichkeiten. Um dieses Erbe für künftige Generationen zu bewahren, ist die EU bestrebt, politische Strategien zu fördern, mit denen der Schutz der biologischen Vielfalt durch nachhaltige Entwicklung sichergestellt werden soll; dies betrifft unter anderem die Bereiche Landwirtschaft, ländlicher und städtischer Raum, Energieversorgung und Verkehr.

Die Strategie der EU für biologische Vielfalt basiert auf der Durchführung zweier wegweisender Richtlinien, der Habitat-Richtlinie (92/43/EWG) vom 21. Mai 1992 und der Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) vom 2. April 1979. Im Zuge der Umsetzung dieser Richtlinien entstand ein kohärenter ökologischer Verbund von Schutzgebieten in Europa mit dem Namen Natura 2000 (auf Englisch). Im Juli 2012 umfasste das Natura-2000-Netz rund 26 400 Gebiete und eine Landfläche von 768 000 km² (986 000 km² mit Meeresschutzgebieten), in denen Pflanzen- und Tierarten sowie ihre Lebensräume geschützt werden. Der Aufbau des Natura-2000-Netzes kann als der erste Aktionsschwerpunkt zum Schutz der natürlichen Lebensräume betrachtet werden, und die EU strebt eine Ausweitung des Natura-2000-Netzes an. In den EU-Rechtsvorschriften sind jedoch mit der Umsetzung einer strikten Regelung zum Schutz bestimmter Tierarten (z. B. von Polarfuchs und Pardelluchs (Iberischer Luchs), die beide vom Aussterben bedroht sind) auch Maßnahmen im Rahmen eines zweiten Schwerpunkts vorgesehen.

1998 nahm die EU eine Strategie zur Erhaltung der Artenvielfalt an. Im Zuge dieser Strategie wurden 2001 vier Aktionspläne zu den Aspekten Erhaltung der natürlichen Ressourcen, Landwirtschaft, Fischerei sowie Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit vereinbart. Die Europäische Kommission veröffentlichte eine Mitteilung (KOM(2006) 216 endg.) über die „Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt bis zum 2010 – und darüber hinaus“; hierin unterstrich sie die Bedeutung des Schutzes der biologischen Vielfalt als Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung und legte einen Aktionsplan zur Bewältigung der Herausforderung vor, die Belange der biologischen Vielfalt in die übrigen Politikbereiche zu integrieren.

Im Mai 2011 verabschiedete die Europäische Kommission eine Mitteilung über „Lebensversicherung und Naturkapital: Eine Biodiversitätsstrategie der EU für das Jahr 2020„ (KOM(2011) 244 endg.); diese Strategie zielt darauf ab, den Verlust der biologischen Vielfalt und die Verschlechterung der Ökosystemleistungen in der EU bis 2020 abzuwenden. Dieses Ziel soll mit Hilfe von sechs Einzelzielen und 20 Maßnahmen erreicht werden. Der Verlust der biologischen Vielfalt gilt in der EU als enorme Herausforderung, da derzeit jede vierte Art vom Aussterben bedroht ist und 88 % der Fischbestände überfischt oder stark abgefischt sind. Die sechs Einzelziele sind folgende:

  • vollständige Umsetzung der EU-Naturschutzvorschriften zum Schutz der biologischen Vielfalt,
  • besserer Schutz für Ökosysteme und stärkere Nutzung grüner Infrastruktur,
  • nachhaltigere Land- und Forstwirtschaft,
  • bessere Nutzung der Fischbestände,
  • schärfere Kontrollen invasiver gebietsfremder Arten,
  • größerer Beitrag der EU zur Vermeidung des globalen Verlustes der biologischen Vielfalt.

Diese Strategie steht im Einklang mit zwei im März 2010 eingegangenen Verpflichtungen:

  • dem Leitziel für 2020: Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt und der Verschlechterung der Ökosystemdienstleistungen in der EU bis 2020 und deren weitestmögliche Wiederherstellung bei gleichzeitiger Erhöhung des Beitrags der EU zur Abwendung des Verlusts an biologischer Vielfalt weltweit;
  • der Vision für 2050: Bis 2050 soll der Zustand erreicht werden, dass die biologische Vielfalt in der EU und die mit ihr verbundenen Ökosystemleistungen – ihr natürliches Kapital – sowohl aufgrund des Eigenwerts der biologischen Vielfalt als auch wegen ihres wesentlichen Beitrags zum Wohlergehen der Menschen und zum wirtschaftlichen Wohlstand geschützt, wertgeschätzt und angemessen wiederhergestellt sind und somit die mit dem Verlust an biologischer Vielfalt einhergehenden verhängnisvollen Veränderungen abgewendet werden.

Diese Strategie entspricht außerdem globalen Verpflichtungen, die führende Politiker in Nagoya (Japan) im Oktober 2010 im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt mit der Verabschiedung eines Maßnahmenpakets gegen den Verlust der biologischen Vielfalt für das kommende Jahrzehnt eingingen. Bei Redaktionsschluss (September 2012) hatten 92 Länder dieses Protokoll der Vereinten Nationen unterzeichnet und fünf Länder es bereits ratifiziert.

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Haupttabellen

Biologische Vielfalt (t_env_biodiv)

Datenbank

Biologische Vielfalt (env_biodiv)
Geschützte Gebiete für biologische Vielfalt: Habitat-Richtlinie (env_bio1)
Schutz der natürlichen Ressourcen – Index weit verbreiteter Vogelarten (env_bio2)
Fischfang aus Beständen, die sich außerhalb „sicherer biologischer Grenzen“ befinden (env_biofish1)

Quelldaten für Tabellen und Abbildungen (MS Excel)

Other information

Weblinks

Siehe auch