Statistics Explained

Statistiken über biologische Vielfalt

Daten von Month/year. Neueste Daten: Weitere Informatonen von Eurostat, Haupttabellen und Datenbank

Der Begriff biologische Vielfalt bezeichnet die Anzahl, Verschiedenartigkeit und Variabilität lebender Organismen einschließlich der Menschheit. Da Menschen, was Nahrungsmittel, Energie, Rohstoffe, reine Luft und sauberes Wasser als Voraussetzungen für menschliches Leben und als Motor der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung anbelangt, auf den auf der Erde herrschenden Reichtum natürlicher Ressourcen angewiesen sind, müssen die Menschen den Verlust der biologischen Vielfalt verhüten. Eine Verringerung oder ein Verlust an biologischer Vielfalt kann nicht nur die natürliche Umwelt, sondern auch wirtschaftliche und soziale Ziele gefährden. Aufgrund der Herausforderungen, die mit der Erhaltung der biologischen Vielfalt verbunden sind, hat dieses Problem internationale Bedeutung erlangt. In diesem Artikel werden einige Hauptindikatoren für biologische Vielfalt vorgestellt, beispielsweise die Zahl der Schutzgebiete und Vogelpopulationen. Ferner wird die Entwicklung dieser Indikatoren in der Europäischen Union (EU) untersucht.

Abbildung 1: Schutzgebiete biologische Vielfalt: Angemessenheit der Standorte, 2010
(in %) – Quelle:Eurostat (env_bio1)

Wichtigste statistische Ergebnisse

Habitate

Gemäß der Habitat-Richtlinie der EU schlagen die Mitgliedstaaten Schutzgebiete für die Erhaltung der biologischen Vielfalt vor, die als Prozentsatz der Gesamtfläche der einzelnen Länder angegeben werden. Im Jahr 2010 waren dies rund 14 % des Gebiets der EU-27. Außerdem wurden Vorschläge zur Ausweisung von Schutzgebieten nach der Vogelschutzrichtlinie übermittelt. Wegen Überschneidungen der beiden Arten von Schutzgebieten wurde die auf der Grundlage der beiden Richtlinien ausgewiesene Fläche Mitte des Jahres 2010 auf insgesamt rund 18 % der Landfläche der EU-27 geschätzt. Aus den Zahlen für die Mitgliedstaaten geht hervor, dass die Bandbreite bei den nach der Habitat-Richtlinie ausgewiesenen Schutzgebieten von 31 % der Gesamtfläche in Slowenien und 30 % in Bulgarien bis zu weniger als 10 % der Gesamtfläche in Frankreich, den Niederlanden, Dänemark und dem Vereinigten Königreich reicht. Im Großen und Ganzen bilden diese Schutzgebiete die in den Mitgliedstaaten vorkommenden biogeografischen Regionen angemessen ab: 2010 waren im Durchschnitt der EU-27 89 % der Arten und Lebensräume in ausreichendem Umfang vertreten; nur Zypern meldete einen Suffizienzindex von unter 50 % (siehe Abbildung 1).

Vögel

Abbildung 2: Indizes weit verbreiteter Vogelarten, EU, 1990-2009 (1)
aggregierter Index aus Populationsschätzwerten ausgewählter Gruppen von Brutvogelarten, 1990=100) – Quelle: Eurostat (env_bio2)

Seit 1990 ist ein allgemein rückläufiger Trend bei der Vielfalt der weit verbreiteten Ackerlandvogelarten wie auch der Waldvogelarten, gemessen an den Indizes weit verbreiteter Vögel, zu beobachten (siehe Abbildung 2). Der relativ drastische Rückgang (-20 % zwischen 1990 und 2009) der Zahl weit verbreiteter Ackerlandvogelarten könnte auf Veränderungen bei Bodennutzung und landwirtschaftlichen Produktionsverfahren zurückzuführen sein. Noch drastischer fiel der Einbruch bei den weit verbreiteten Waldvogelarten zwischen 1990 und 2000 bei der Betrachtung der gesamten EU aus (-21 % zwischen 1990 und 2000). In den zurückliegenden Jahren haben sich die Waldvogelbestände jedoch erholt: Der Index war nach dem relativ niedrigen Niveau von 79 bis 2009 wieder auf 87 geklettert. Der Index aller weit verbreiteter Vogelarten ist seit 1995 mit rund 10 % unter dem Stand von 1990 relativ stabil geblieben und lag 2009 bei 90.

Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Habitate

Zu den Gebieten, die auf der Grundlage der Habitat-Richtlinie als Schutzgebiete ausgewiesen sind, liegen jährliche Daten vor. Diese Daten werden als Prozentsatz der Einhaltung der Verpflichtung zum Schutz von Lebensräumen und Arten dargestellt, die typisch für die größeren biogeografischen Regionen der EU sind. Der Indikator basiert auf der Größe der Fläche, die die Länder als Schutzgebiete für natürliche und naturnahe Lebensräume sowie für wildlebende Tiere und Pflanzen der Anhänge I und II der Habitat-Richtlinie vorschlagen. Der Suffizienzindex misst, inwieweit die von den Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung die in diesen Anhängen aufgeführten Arten und Lebensräume adäquat abdecken, und zwar im Verhältnis zum Anteil an der biogeografischen Region, der in das Hoheitsgebiet des betreffenden Landes fällt.

Vögel

Vögel gelten als gute Proxy-Variablen für die Vielfalt und die Integrität von Ökosystemen, da sie tendenziell nahe der Spitze der Nahrungskette stehen, über weite Gebiete verbreitet sind und ihren Standort wechseln können, wenn sich die Bedingungen in ihrer Umgebung nachteilig verändern. Sie reagieren auf Veränderungen in ihren Lebensräumen und Ökosystemen. Die in diesem Artikel vorgestellten Indikatoren für Vögel messen Entwicklungen der Vogelpopulationen.

Die Indikatoren sollen die durchschnittlichen Gesamtveränderungen der Populationsgröße weit verbreiteter Vogelarten abbilden und Gesundheit und Funktionsweise der Ökosysteme widerspiegeln, in denen diese Arten vorkommen. Der Populationsindex weit verbreiteter Vögel ist ein aggregierter Index aus Schätzungen der Populationstrends einer ausgewählten Gruppe heimischer Vogelarten (mit dem Basisjahr 1990 oder dem Jahr des Beitritts des betreffenden Mitgliedstaats zu der Regelung). Die Indizes werden für jede Art gesondert berechnet und zu einem EU-Indikator für mehrere Arten miteinander kombiniert, indem unter Heranziehung eines geometrischen Durchschnitts mit gleichem Gewicht der Durchschnitt der Indizes gebildet wird. Damit die einzelnen Arten im jeweiligen Indikator das gleiche Gewicht erhalten, wird der Durchschnitt von den Indizes und nicht von der Häufigkeit der Vögel gebildet. Der EU-Index basiert auf Trenddaten aus 20 Mitgliedstaaten (Daten für Griechenland, Zypern, Litauen, Luxemburg, Malta, Rumänien und Slowenien sind nicht verfügbar), die aus jährlichen nationalen Brutvogelstudien abgeleitet und im Rahmen des gesamteuropäischen Brutvogelmonitorings (PECBMS) gewonnen werden; diese Daten gelten als gute Proxy-Variablen für die gesamte EU.

Vorgelegt werden die folgenden drei unterschiedlichen Indizes:

  • weit verbreitete Ackerlandvögel (36 Arten),
  • weit verbreitete Waldvögel (33 Arten),
  • alle weit verbreiteten Vogelarten (145 Arten).

Die Vogelarten der ersten beiden Kategorien sind während der Brutzeit und zur Futtersuche in hohem Maße auf die von der Landwirtschaft geprägten Lebensräume oder auf Waldlebensräume angewiesen. Beiden Gruppen gehören Standvogel- sowie Zugvogelarten an. Der aggregierte Index umfasst Ackerland- und Waldvogelarten sowie weitere weit verbreitete Vogelarten, die in vielen verschiedenen Lebensräumen vorkommen können oder sich besonders gut an das Leben in Städten angepasst haben.

Kontext

Die Menschen sind, was materielle Güter wie Nahrungsmittel, Energie, Holz, Rohstoffe, reine Luft und sauberes Wasser als Voraussetzungen für menschliches Leben und als Motor der wirtschaftlichen Entwicklung anbelangt, auf natürliche Ressourcen und auf die auf der Erde vorkommende Artenvielfalt angewiesen. Die natürliche Umwelt besteht zu einem Großteil aus öffentlichen Gütern, d. h. aus Gütern, die weder einen Marktwert noch einen Preis haben. Deshalb macht sich der Verlust der biologischen Vielfalt für die Wirtschaftssysteme häufig nicht bemerkbar. Die natürliche Umgebung bietet jedoch auch immaterielle Werte, wie die ästhetische Freude am Anblick von Landschaften und wildlebenden Tieren, sowie Freizeit und Erholung. Um dieses Erbe für künftige Generationen zu bewahren, ist die EU bestrebt, politische Strategien zu fördern, mit denen der Schutz der biologischen Vielfalt durch nachhaltige Entwicklung sichergestellt werden soll; dies betrifft unter anderem die Bereiche Landwirtschaft, ländlicher und städtischer Raum, Energieversorgung und Verkehr.

Die Strategie für biologische Vielfalt basiert auf der Durchführung von zwei wegweisenden Richtlinien, der Habitat-Richtlinie (92/43/EWG) vom 21. Mai 1992 und der Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) vom 2. April 1979. Im Zuge der Umsetzung dieser Richtlinien entstand ein kohärenter ökologischer Verbund von Schutzgebieten in Europa mit dem Namen Natura 2000. Die EU strebt eine Ausweitung des Natura-2000-Netzes mit gegenwärtig rund 26 000 Gebieten und einer Landfläche von mehr als 750 000 km² (930 000 km² mit Meeresschutzgebieten) an, in denen Pflanzen- und Tierarten sowie ihre Lebensräume geschützt werden. Der Aufbau des Natura-2000-Netzes kann als der erste Aktionsschwerpunkt zum Schutz der natürlichen Lebensräume betrachtet werden. In den EU-Rechtsvorschriften sind jedoch mit der Umsetzung einer strikten Regelung zum Schutz bestimmter Tierarten (z. B. von Polarfuchs und Pardelluchs (Iberischer Luchs), die beide vom Aussterben bedroht sind) auch Maßnahmen im Rahmen eines zweiten Schwerpunkts vorgesehen.

1998 nahm die EU eine Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt an. Im Zuge dieser Strategie wurden 2001 vier Aktionspläne zu den Aspekten Erhaltung der natürlichen Ressourcen, Landwirtschaft, Fischerei sowie Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit vereinbart. Die Europäische Kommission unterstrich in ihrer Mitteilung (KOM(2006) 216) zur „Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 – und darüber hinaus“ die Bedeutung des Schutzes der biologischen Vielfalt als Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung und legte einen Aktionsplan zur Bewältigung der Herausforderung vor, die Belange der biologischen Vielfalt in die übrigen Politikbereiche zu integrieren.

Im Mai 2011 veröffentlichte die Europäische Kommission die Mitteilung ‘{{Template:EurLex|code=CELEX:52011DC0244:DE:NOT|title=„Biologische Vielfalt - Naturkapital und Lebensversicherung: EU-Strategie zum Schutz der Biodiversität bis 2020“ (KOM(2011) 244), die darauf abzielt, den Verlust biologischer Vielfalt und von Ökosystemdienstleistungen bis zum Jahr 2020 einzudämmen. Dieses Ziel soll mit Hilfe von sechs Einzelzielen und 20 Maßnahmen erreicht werden. Der Verlust der biologischen Vielfalt gilt in der EU als enorme Herausforderung, da derzeit jede vierte Art vom Aussterben bedroht ist und 88 % der Fischbestände überfischt oder stark abgefischt sind. Die sechs Einzelziele sind folgende:

  • vollständige Umsetzung der EU-Naturschutzvorschriften zum Schutz der biologischen Vielfalt,
  • besserer Schutz für Ökosysteme und stärkere Nutzung grüner Infrastruktur,
  • nachhaltigere Land- und Forstwirtschaft,
  • bessere Nutzung der Fischbestände,
  • schärfere Kontrollen invasiver gebietsfremder Arten,
  • größerer Beitrag der EU zur Vermeidung des globalen Verlustes der biologischen Vielfalt.

Diese Strategie steht im Einklang mit zwei im März 2010 eingegangenen Verpflichtungen:

  • das Ziel für 2020: Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt und der Verschlechterung der Ökosystemdienstleistungen in der EU bis 2020 und deren weitestmögliche Wiederherstellung bei gleichzeitiger Erhöhung des Beitrags der Europäischen Union zur Abwendung des Verlusts an biologischer Vielfalt weltweit.
  • die Vision für 2050: Bis 2050 soll der Zustand erreicht werden, dass die biologische Vielfalt in der Europäischen Union und die mit ihr verbundenen Ökosystemleistungen – ihr natürliches Kapital – sowohl aufgrund des Eigenwerts der biologischen Vielfalt als auch wegen ihres wesentlichen Beitrags zum Wohlergehen der Menschen und zum wirtschaftlichen Wohlstand geschützt, wertgeschätzt und angemessen wiederhergestellt sind und somit die mit dem Verlust an biologischer Vielfalt einhergehenden verhängnisvollen Veränderungen abgewendet werden.

Diese Strategie entspricht außerdem globalen Verpflichtungen, die führende Politiker in Nagoya im Oktober 2010 im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt mit der Verabschiedung eines Maßnahmenpakets gegen den Verlust der biologischen Vielfalt für das kommende Jahrzehnt eingingen.

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Haupttabellen

Biodiversity (t_env_biodiv)

Datenbank

Biodiversity (env_biodiv)
Protected Areas for biodiversity: Habitats Directive (env_bio1)
Protection of natural resources - Common bird index (env_bio2)
Fish catches from stocks outside of 'safe biological limits' (env_biofish1)

Weitere Informationen

Quelldaten für die Tabellen, Abbildungen und Karten (MS Excel)

Weblinks

Siehe auch