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Archive:Statistiken der öffentlichen Finanzen

Daten von April 2012 und August 2011. Neueste Daten: Weitere Informationen von Eurostat, Haupttabellen und Datenbank.

In diesem Artikel wird untersucht, wie sich wichtige Indikatoren der öffentlichen Finanzen in der Europäischen Union (EU) und im Euro-Währungsgebiet (ER-17) entwickelt haben. Im Mittelpunkt stehen dabei die öffentlichen Defizite (Defizit des Sektors Staat), der Bruttoschuldenstand des Sektors Staat, die Einnahmen und Ausgaben dieses Sektors sowie Steuern und Sozialbeiträge, die die Haupteinnahmequellen des Staates darstellen.

Diese Statistiken liefern wichtige Indikatoren für die Bestimmung des Zustands der Volkswirtschaft eines Mitgliedstaats. Im Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) der EU haben sich die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, ihr öffentliches Defizit und den öffentlichen Schuldenstand unterhalb bestimmter Grenzen zu halten. Das öffentliche Defizit eines Mitgliedstaats darf 3% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) des Landes nicht übersteigen, der öffentliche Schuldenstand darf maximal 60 % des BIP eines Landes ausmachen. Wenn ein Mitgliedstaat diese Grenzwerte überschreitet, wird das so genannte Verfahren bei einem übermäßigen Defizit eingeleitet. Dieses umfasst mehrere Schritte, darunter die Möglichkeit der Verhängung von Sanktionen, mit denen der betreffende Mitgliedstaat veranlasst werden soll, geeignete Abhilfemaßnahmen zu treffen. Dieselben Grenzwerte für öffentliches Defizit und öffentlichen Schuldenstand gelten auch als Kriterien für die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) und somit für den Beitritt zum Euroraum. Zudem enthält die neueste Fassung der integrierten Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung (die im Rahmen der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum geändert wurden) Vorgaben, die die Qualität und Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen sicherstellen sollen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat viele europäische Regierungen vor große Herausforderungen gestellt. Die wichtigsten Probleme betreffen die Fähigkeit der öffentlichen Verwaltungen, ihren Schuldendienst zu leisten und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit die öffentlichen Ausgaben unter Kontrolle gebracht werden, während gleichzeitig das Wirtschaftswachstum gefördert werden soll.

Abbildung 1: Finanzierungssaldo des Sektors Staat, 2010 und 2011 (1)
Finanzierungsdefizit oder Finanzierungsüberschuss des Sektors Staat, konsolidiert, in % des BIP) – Quelle: Eurostat (tsieb080)

Wichtigste statistische Ergebnisse

Tabelle 1: Finanzierungssaldo und Schuldenstand des Staates, 2008-2011 (1)
(in % des BIP) -– Quelle: Eurostat (tsieb080) und (tsieb090)
Abbildung 2: Gesamtverschuldung des Staates, 2010 und 2011 (1)
(konsolidierter Bruttoschuldenstand des Sektors Staat, in % des BIP) – Quelle: Eurostat (tsieb090)
Abbildung 3: Entwicklung der Gesamtausgaben und Gesamteinnahmen, 2001-2011 (1)
(in % des BIP) - Quelle: Eurostat (gov_a_main)
Abbildung 4: Entwicklung der Gesamtausgaben und Gesamteinnahmen, 2001-2011 (1)
(in Mrd. EUR) – Quelle: Eurostat (gov_a_main)
Abbildung 5: Staatseinnahmen und -ausgaben, 2011 (1)
(in % des BIP) - Quelle: Eurostat (gov_a_main)
Abbildung 6: Zusammensetzung der Gesamteinnahmen, 2011 (1)
(in % der Gesamteinnahmen) – Quelle: Eurostat (gov_a_main)
Abbildung 7: Hauptbestandteile der Staatseinnahmen, 2011 (1)
(in % der Gesamteinnahmen) – Quelle: Eurostat (gov_a_main)
Abbildung 8: Zusammensetzung der Gesamtausgaben, 2011 (1)
(in % der Gesamtausgaben) – Quelle: Eurostat (gov_a_main)
Abbildung 9: Hauptbestandteile der Staatsausgaben, 2011 (1)
(in % der Gesamtausgaben) – Quelle: Eurostat (gov_a_main)
Abbildung 10: Ausgaben des Staates nach dem Aufgabenbereich (COFOG), 2010 (1)
(in % des BIP) – Quelle: Eurostat (gov_a_exp)
Abbildung 11: Hauptkategorien der Steuern und Sozialbeiträge, EU-27, 2001-2011 (1)
(in % des BIP) – Quelle: Eurostat (gov_a_main)
Abbildung 12: Hauptkategorien der Steuern und Sozialbeiträge, 2011 (1)
(in % des BIP) – Quelle: Eurostat (gov_a_main)
Abbildung 13: Öffentliche Auftragsvergabe, 2004 und 2009 (1)
(Wert der öffentlich ausgeschriebenen Aufträge in % des BIP) – Quelle: Eurostat (gov_oth_procur), Dienststellen der Europäischen Kommission
Abbildung 14: Staatliche Beihilfen, 2009 (1)
(in % des BIP) – Quelle: Eurostat (gov_oth_staid), Dienststellen der Europäischen Kommission

2011 ging das öffentliche Defizit (konsolidierter Finanzierungssaldo des Staates als Anteil des BIP) gegenüber 2010 sowohl in der EU-27 als auch im Euroraum (ER-17) zurück, während sich der öffentliche Schuldenstand erhöhte.

Öffentliches Defizit

In der EU-27 schrumpfte das Defizit der öffentlichen Haushalte im Verhältnis zum BIP von -6,5 % im Jahr 2010 auf -4,5 % im Jahr 2011, im Euroraum verringerte es sich von -6,2 % auf -4,1 %. Diese Defizitquoten lagen 2011 in 17 Mitgliedstaaten über dem Referenzwert von -3 % des BIP. In zehn Mitgliedstaaten überschritt das öffentliche Defizit die 3 %-Grenze im gesamten Berichtszeitraum 2008-2011. Die höchsten öffentlichen Defizite (in % des BIP) verzeichneten im Jahr 2011 Irland (-13,1 %), Griechenland (-9,1 %), Spanien (-8,5 %) und das Vereinigte Königreich (-8,3 %). 2010 verringerte sich das öffentliche Defizit im Verhältnis zum BIP oder es erhöhte sich der betreffende Finanzierungsüberschuss in 25 Mitgliedstaaten. 2011 verzeichneten Ungarn, Estland und Schweden einen Finanzierungsüberschuss des Sektors Staat. In sieben Mitgliedstaaten - Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Luxemburg, Malta, Österreich und Finnland - kam es 2011 zu Defiziten, die unterhalb der 3 % Grenze lagen (siehe Abbildung 1). Bei zwei Mitgliedstaaten – Zypern und Slowenien – lagen die erfassten Defizite 2011 über denen vom Vorjahr.

Öffentlicher Schuldenstand

In der EU-27 erhöhte sich die Verschuldung der öffentlichen Haushalte im Verhältnis zum BIP von 80,0 % zum Jahresende 2010 auf 82,5 % Ende 2011 und im Euroraum von 85,3 % auf 87,2 %. Insgesamt 14 Mitgliedstaaten meldeten 2011 eine Schuldenquote von mehr als 60 % des BIP. Ende 2011 wurden die niedrigsten öffentlichen Schuldenquoten in Estland (6,0 %), Bulgarien (16,3 %) und Luxemburg (18,2 %) verzeichnet (siehe Abbildung 2). Im Vergleich zum Vorjahr stieg die öffentliche Schuldenquote 2011 in 21 EU-Mitgliedstaaten, während sie in sechs Mitgliedstaaten zurückging, nämlich in Deutschland, Estland, Lettland, Luxemburg, Ungarn und Schweden. Den kräftigsten Anstieg der Schuldenquote gegenüber dem Vorjahr verzeichneten 2011 Griechenland mit 20,4 Prozentpunkten, Irland mit 15,7 Prozentpunkten, Portugal mit 14,4 Prozentpunkten und Zypern mit 10,2 Prozentpunkten.

Öffentliche Einnahmen und Ausgaben

Die Bedeutung des Sektors Staat in der Volkswirtschaft lässt sich an der Höhe seiner gesamten Einnahmen und Ausgaben und an dem auf ihn entfallenden Prozentsatz des BIP messen. In der EU-27 beliefen sich die Gesamteinnahmen des Sektors Staat 2011 auf 44,6 % des BIP (eine Erhöhung gegenüber 44,1 % des BIP 2010) und die Gesamtausgaben auf 49,1 % des BIP (ein Rückgang von 50,6 % im Jahr 2010): Im Euroraum betrugen die Staatsausgaben 2011 insgesamt 49,4 % des BIP und die Staatseinnahmen insgesamt 45,3 % des BIP (siehe Abbildung 3).

In absoluten Zahlen nahmen die Gesamtausgaben des Sektors Staat im Zeitraum 2001-2010 ständig zu, sowohl in der EU-27 als auch im Euroraum (siehe Abbildung 4). Von 2010 bis 2011 ging dieser Wert in absoluten Zahlen sowohl in der EU-27 als auch im Eurogebiet leicht zurück. Die Einnahmen des Sektors Staat nahmen bis 2007 in der EU-27 und im Euroraum ebenfalls stetig zu, blieben 2008 relativ unverändert, sanken 2009 und erhöhten sich 2010 und 2011 erneut.

Der Umfang der Staatsausgaben und -einnahmen ist unter den EU-Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich (siehe Abbildung 5). Am höchsten (über 100 %) war die Summe aus Staatseinnahmen und -ausgaben im Verhältnis zum BIP 2011 in Dänemark, Finnland, Frankreich, Belgien, Schweden und Ungarn. Dasselbe gilt im Rahmen der EFTA-Länder für Norwegen. Relativ niedrig fiel das das genannte Verhältnis mit weniger als 80 % des BIP in sieben Mitgliedstaaten aus, nämlich in Bulgarien, Litauen, der Slowakei, Rumänien, Lettland, Estland und Spanien, während unter den EFTA-Ländern die Schweiz mit 68,9 % (2010 – letztes Jahr, für das Daten vorliegen) in diesem Zusammenhang die niedrigste Quote meldete.

Überall in der EU-27 stellen Steuern und Sozialbeiträge die Hauptbestandteile der Staatseinnahmen insgesamt dar (siehe Abbildung 6). 2011 entfielen auf Steuern 58,2 % der Gesamteinnahmen in der EU-27 (55,1 % im Eurogebiet) und die Sozialbeiträge beliefen sich auf 31,2 % der Gesamteinnahmen (34,6 % im Euroraum). Betrachtet man die einzelnen Mitgliedstaaten, fällt auf, dass sich die verschiedenen Einnahmekategorien in ihrer relativen Bedeutung erheblich unterscheiden. Beispielsweise machten 2011 Steuern weniger als 50 % der Staatseinnahmen in Ungarn, der Tschechischen Republik und der Slowakei aus, aber nahezu 85 % in Dänemark (siehe Abbildung 7).

Der größte Anteil der öffentlichen Ausgaben in der EU-27 entfiel 2011 auf die Einkommensumverteilung in Form von monetären Sozialleistungen oder sozialen Sachleistungen (siehe Abbildungen 8 und 9). Diese Sozialtransfers entsprachen 43,4 % der Gesamtausgaben in der EU-27 (46,8 % im Euroraum). Die Entlohnung der Arbeitnehmer belief sich auf 22,0 % der öffentlichen Ausgaben (21,5 % im Eurogebiet). Auf gezahltes Vermögenseinkommen – von dem der größte Teil aus Zinszahlungen besteht – entfielen 6,0 % der öffentlichen Ausgaben in der EU-27 (6,2 % im Euroraum). Dieser Anteil stieg in Griechenland auf 13,9 % und in Island auf 10,1 % der Gesamtausgaben.

Die Ausgaben des Sektors Staat lassen sich anhand der Klassifikation der Aufgabenbereiche des Staates (COFOG) weiter untergliedern. 2010 entfiel in allen EU-Mitgliedstaaten der größte Anteil der Staatsausgaben auf Sozialschutzmaßnahmen – durchschnittlich 19,9 % des BIP in der EU-27. Dieses Muster traf auf sämtliche Mitgliedstaaten mit Ausnahme Irlands zu; dort führten Kapitaltransfers zur Erhaltung des irischen Bankensektors zu dem hohen Anteil der ‘wirtschaftlichen Angelegenheiten an den Staatsausgaben. Der Anteil der ‘sozialen Sicherung am BIP reichte von 25,4 % n Dänemark, 24,2 % in Frankreich und 23,9 % in Finnland bis zu 11,7 % in Zypern und 11,2 % in Island. Innerhalb der EU-27 sind in der Reihenfolge ihrer relativen Bedeutung als nächste Aufgabenbereiche gemäß COFOG das Gesundheitswesen mit 7,5 % des BIP, die allgemeine öffentliche Verwaltung (6,5 %) und das Bildungswesen (5,5 %) zu nennen. 2010 wurden in der EU-27 4,7 % des BIP für wirtschaftliche Angelegenheiten ausgegeben, während weniger als 2 % des BIP der Verteidigung, der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, dem Umweltschutz, dem Wohnungswesen und den kommunalen Einrichtungen oder dem Aufgabenbereich Freizeitgestaltung, Sport, Kultur und Religion zugute kamen (all diese Bereiche sind in Abbildung 10 unter der Kategorie ‘Sonstige" zusammengefasst).

Die wichtigsten Einnahmearten des Staates sind Einkommen- und Vermögensteuern, Produktions- und Importabgaben sowie Sozialbeiträge, wobei die vermögenswirksamen Steuern 2011 knapp 0,6 % der Gesamteinnahmen in der EU-27 ausmachten. Relativ gesehen hat sich die Bedeutung der Einnahmen aus Sozialbeiträgen in der EU-27 im Zeitraum 2007-2009 erhöht; dieses Muster kehrte sich 2010 jedoch um und die Sozialbeiträge blieben von 2010 bis 2011 fast konstant (in beiden Jahren 13,9 % des BIP). Die relative Bedeutung der Einkommen- und Vermögensteuern war von 2007 bis 2009 rückläufig, blieb von 2009 bis 2010 stabil und erhöhte sich 2011 auf 12,6 % des BIP. Der Anteil der Produktions- und Importabgaben am BIP, der 2009 einen Tiefpunkt erreicht hatte, stieg 2011 um 0,4 Prozentpunkte auf 13,1 % des BIP (siehe Abbildung 11).

Die Struktur der Steuereinnahmen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten fiel 2011 recht unterschiedlich aus (siehe Abbildung 12). Erwartungsgemäß erhoben die Länder, die relativ hohe Ausgaben meldeten, tendenziell auch mehr Steuern (gemessen als Anteil am BIP). Beispielsweise meldete 2011 Dänemark mit 48,8 % des BIP die höchsten Einnahmen aus den Hauptkategorien Steuern und Sozialbeiträge, gefolgt von Frankreich (45,3 %) und Belgien (45,2 %), während in sechs Mitgliedstaaten der Anteil dieser Einnahmen am BIP weniger als 30 % ausmachte: Dies war in Irland, der Slowakei, Lettland, Rumänien, Bulgarien und Litauen der Fall, wobei sich der niedrigste Anteil auf 26,2 % des BIP belief. Auch in der Schweiz lag der entsprechende Anteil unter 30 %.

2009 erreichte der Wert der öffentlich ausgeschriebenen Aufträge des Sektors Staat in Bulgarien 12,2 % des BIP; er lag damit dreimal so hoch wie der entsprechende Durchschnitt für die EU-27, der 3,6 % betrug (siehe Abbildung 13). In keinem der Mitgliedstaaten, die der EU 2004 oder 2007 beitraten, fielen die gemeldeten Quoten 2009 niedriger als der in der EU-27 verzeichnete Durchschnitt aus. In der EU-15 wiesen das Vereinigte Königreich mit 6,2 % und Finnland mit 4,9 % die höchsten Anteile öffentlich ausgeschriebener Aufträge des Sektors Staat am BIP aus, während diese Quote in Deutschland (1,4 %) und Luxemburg (1,5 %) am niedrigsten ausfielen.

Staatliche Beihilfen machten 2009 3,5 % des BIP aus; darin schlug sich in relativ hohem Maße die Finanz- und Wirtschaftskrise nieder, denn im Vergleich dazu hatte sich diese Quote mit rund 0,4 bis 0,5 % des BIP vor der Krise relativ stabil entwickelt. Hinter dem Durchschnittswert für die EU-27 verbergen sich erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten (siehe Abbildung 14).

Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Nach dem Verfahren bei einem übermäßigen Defizit müssen die Mitgliedstaaten der EU der Europäischen Kommission vor dem 1. April und dem 1. Oktober jedes Jahres Statistiken über ihr öffentliches Defizit und ihren öffentlichen Schuldenstand vorlegen. Darüber hinaus erhebt Eurostat im Rahmen des Datenlieferprogramms des ESVG noch detailliertere Daten, mit denen schließlich die Daten derVolkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen vorgelegt werden. Die wichtigsten für den Sektor Staat erhobenen Aggregate werden Eurostat zweimal pro Jahr übermittelt, während die Statistiken über die Aufgabenbereiche des Staates (COFOG) sowie detaillierte Angaben zu den Einnahmen aus Steuern und Sozialbeiträgen binnen einem Jahr bzw. binnen neun Monaten nach dem Ende des Bezugszeitraums geliefert werden sollten.

Die in diesem Artikel präsentierten Daten entsprechen den zentralen Einnahme- und Ausgabenposten des Sektors Staat, die auf Basis des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 1995) erstellt werden. Die Differenz zwischen Gesamteinnahmen und Gesamtausgaben – einschließlich der Vermögenstransfers (insbesondere Bruttoanlageinvestitionen) – entspricht dem Finanzierungssaldo des Sektors Staat, der auch den Saldo des Sachvermögensbildungskontos des Staates bildet.

Abgrenzung des Sektors Staat

Der Sektor Staat umfasst alle institutionellen Einheiten, deren Produktionswert für den Individual- und Kollektivkonsum bestimmt ist, die sich primär mit Zwangsabgaben von Einheiten anderer Sektoren finanzieren und/oder die Einkommen und Vermögen umverteilen. Der Sektor Staat gliedert sich in vier Teilsektoren: Bund (Zentralstaat), Länder – soweit zutreffend, Gemeinden und Sozialversicherung – soweit zutreffend.

Definition der Hauptindikatoren

Der Finanzierungssaldo wird definiert als der Wert, der im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit als Finanzierungsdefizit oder Finanzierungsüberschuss des Sektors Staat in % des BIP gemeldet wird. Laut dem Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit ist der öffentliche Schuldenstand der Brutto-Gesamtschuldenstand zum Nominalwert am Jahresende nach Konsolidierung.

Zu den Hauptbestandteilen der Staatseinnahmen zählen Steuern, Sozialbeiträge, Veräußerungen und Vermögenseinkommen. Sie werden im ESVG 1995 unter Bezugnahme auf folgende Kategorien definiert: Marktproduktion, Nichtmarktproduktion für die Eigenverwendung, Zahlungen für sonstige Nichtmarktproduktion, Produktionssteuern und Importabgaben, sonstige Subventionen, empfangene Vermögenseinkommen, Einkommen- und Vermögensteuern, Sozialbeiträge, sonstige laufende Transfers und Vermögenstransfers.

Die Hautausgabenposten bestehen aus dem Arbeitnehmerentgelt der öffentlichen Bediensteten, Sozialleistungen, Zinsen auf die Staatsschulden, Subventionen und Bruttoanlageinvestitionen. Die Gesamtausgaben des Sektors Staat werden im ESVG 1995 unter Bezugnahme auf folgende Kategorien definiert: Vorleistungen, Bruttoanlageinvestitionen, Arbeitnehmerentgelt, sonstige Produktionsabgaben, Subventionen, gezahlte Vermögenseinkommen, Einkommen- und Vermögensteuern, Sozialleistungen, einige soziale Transfers, sonstige laufende Transfers, einige Berichtigungsposten, Vermögenstransfers und Transaktionen mit nichtproduzierten Vermögensgütern.

Die für die wichtigsten Aggregate des Sektors Staat und für die Ausgaben dieses Sektors nach Aufgabenbereichen im Rahmen des ESVG 1995 gemeldeten Daten müssen konsolidiert sein, d. h. bestimmte Transaktionen zwischen institutionellen Einheiten innerhalb des Sektors – ‘Vermögenseinkommen", ‘sonstige laufende Transfers" und ‘Vermögenstransfers" – werden eliminiert oder aufgehoben. Daten für Teilsektoren sollten innerhalb des einzelnen Teilsektors, aber nicht zwischen Teilsektoren konsolidiert werden. Somit sollten die Daten auf Sektorebene der Summe der Daten für die Teilsektoren entsprechen, mit Ausnahme der Posten ‘Vermögenseinkommen", ‘sonstige laufende Transfers" und ‘Vermögenstransfers", die konsolidiert werden. Bei diesen letztgenannten Posten und dementsprechend bei den Gesamteinnahmen und Gesamtausgaben sollte die Summe der Teilsektoren den Wert für den Sektor überschreiten.

Steuern und Sozialbeiträge entsprechen den Einnahmen, die (in Form von Geld- oder Sachleistungen) durch den Zentralstaat, die Länder und Gemeinden sowie durch die Sozialversicherung erhoben werden. Diese Abgaben (in der Regel als Steuern bezeichnet) gliedern sich in drei Hauptbereiche mit folgendem Titel:

  • Einkommen- und Vermögensteuern einschließlich sämtlicher regelmäßig durch den Staat auf Einkommen und Vermögen der Unternehmen und privaten Haushalte erhobener Zwangsabgaben;
  • Produktions- und Importabgaben, einschließlich sämtlicher Zwangsabgaben, die der Staat auf die Produktion und die Einfuhr von Waren und Dienstleistungen, auf die Beschäftigung von Arbeitskräften oder auf das Eigentum an oder die Nutzung von Grundstücken, Gebäuden oder anderen im Produktionsprozess eingesetzten Aktiva erhebt;
  • Sozialbeiträge, einschließlich sämtlicher Sozialbeiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie der unterstellten Sozialbeiträge, die den Gegenwert der von Arbeitgebern direkt gezahlten Sozialleistungen darstellen.

Die Daten über die öffentlichen Aufträge beruhen auf den Informationen in den Ausschreibungen und den Bekanntmachungen über vergebene Aufträge, die zur Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union (Reihe S) vorgelegt werden. Der Zähler ist der öffentlich bekanntgemachte Wert des öffentlichen Auftrags. Für jeden Bereich – Bauleistungen, Lieferungen und Dienstleistungen – wird die Zahl der Ausschreibungen mit einem Durchschnittswert multipliziert, der in der Regel aus allen Preisen berechnet wird, die während des jeweiligen Jahrs in den im Amtsblatt veröffentlichten Benachrichtigungen genannt wurden. Der Wert der öffentlichen Aufträge wird dann mit dem des BIP in Bezug gesetzt.

Staatliche Beihilfen sind Beihilfen an bestimmte Branchen (Landwirtschaft, Fischerei, Verarbeitendes Gewerbe, Bergbau, Dienstleistungssektor), einzelnen Unternehmen ad hoc als Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen gewährte Mittel und Beihilfen für branchenübergreifende (horizontale) Ziele wie Forschung und Entwicklung, Umweltschutz, Mittelstandsförderung, Schaffung von Arbeitsplätzen, Aus- und Weiterbildung und Regionalentwicklung. Den beiden erstgenannten Arten (sektoralen Beihilfen und Ad-hoc-Beihilfen) wird ein größeres Potenzial für Wettbewerbsverzerrungen zugeschrieben.

Kontext

Die im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts auferlegte Haushaltsdisziplin soll gewährleisten, dass die Wirtschaftsentwicklung innerhalb der EU und insbesondere in den Mitgliedstaaten des Euroraums weitgehend einheitlich verläuft. Ferner soll der Stabilitäts- und Wachstumspakt die Mitgliedstaaten daran hindern, politische Maßnahmen zu treffen, die ihrer eigenen Volkswirtschaft auf Kosten anderer ungebührliche Vorteile verschaffen würden. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt basiert auf zwei Prinzipien: Das (geplante oder tatsächliche) öffentliche Defizit darf nicht mehr als 3 % des BIP betragen und das Verhältnis Schulden-BIP sollte sich auf nicht mehr als 60 % belaufen oder auf diesen Wert zurückgeführt werden. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde 2011 beträchtlich gestärkt, was auch für die Wirtschaftspolitik auf EU-Ebene im Allgemeinen gilt.

Die Mitgliedstaaten stellen der Europäischen Kommission jedes Jahr detaillierte Informationen über ihre Wirtschaftspolitik und ihre Staatsfinanzen zur Verfügung. Die Länder des Euroraums liefern diese Angaben in Form von Stabilitätsprogrammen, die übrigen Mitgliedstaaten in Form von Konvergenzprogrammen. Die Europäische Kommission prüft, ob die Programme im Einklang mit den vereinbarten wirtschaftlichen, sozialen und umweltpolitischen Zielen stehen, und kann gegebenenfalls eine Frühwarnung erlassen, wenn sie der Auffassung ist, dass ein Defizit ungewöhnlich hoch wird. Diese Maßnahme kann dazu führen, dass der Rat ein übermäßiges Defizit feststellt, was die Setzung einer Frist zur Korrektur dieses Defizits erforderlich macht.

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Haupttabellen

Jährliche Finanzstatistiken des Staates (t_gov_a)
Staatsdefizit und -verschuldung (t_gov_dd)
Sonstige Indikatoren für den Staatssektor (t_gov_oth)

Datenbank

Jährliche Finanzstatistiken des Staates (gov_a)
Staatsdefizit und -verschuldung (gov_dd)
Vierteljährliche Finanzstatistiken des Staates (gov_q)
Sonstige Indikatoren für den Staatssektor (gov_oth)

Spezieller Bereich

Methodik / Metadaten

Quelldaten für die Tabellen und Abbildungen(MS Excel)

Weitere Informationen

Weblinks

Siehe auch