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Statistiken über Chemikalienmanagement

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Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts begannen in der Europäischen Union (EU) die Arbeiten an der Erstellung von Statistiken zu gefährlichen Stoffen mit der Entwicklung von einer Reihe von Indikatoren für Umweltbelastungen durch Chemikalien. In jüngerer Zeit folgten Indikatoren, die die Wirksamkeit der Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) überwachen sollen. Dieser Artikel behandelt zwei Indikatoren, die Eurostat erarbeitet und zusammengestellt hat und die sich auf die Produktion einiger wichtiger Industriechemikalien beziehen.

Wichtigste statistische Ergebnisse

Gesamtproduktionsmenge von Chemikalien

Abbildung 1: Gesamtproduktionsmengen von Chemikalien, 1995-2010
(in Mio. Tonnen) – Quelle: Eurostat (tsdph320)
Abbildung 2: Produktion umweltschädlicher Chemikalien, 1996-2010
(in Mio. Tonnen) – Quelle: Eurostat (ten00011)
Abbildung 3: Produktion toxischer Chemikalien, 1995-2010
(in Mio. Tonnen) – Quelle: Eurostat (tsdph320)

Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der chemischen Produktion der EU-27 und der EU-15 gemessen an der Produktionsmenge (Quantität). Der Schwerpunkt der Herstellung von Chemikalien liegt in Westeuropa: Größter Chemikalienhersteller 2010 in der EU-27 war Deutschland, gefolgt von Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich. Auf diese vier Mitgliedstaaten zusammengenommen entfielen 2010 zwei Drittel der chemischen Produktion der EU-27; rechnet man außerdem noch die Produktion Spaniens, der Niederlande, Belgiens und Irlands hinzu, erreichen diese acht Mitgliedstaaten einen Anteil von insgesamt 88 %.

In der EU-15 stieg die Gesamtproduktion von Chemikalien zwischen 1995 und 2007 um 64,9 Mio. Tonnen (+26,2 %) auf insgesamt 313 Mio. Tonnen. Im Jahr 2008 sank die Produktion um 27,1 Mio. Tonnen (-8,7 %) und 2009 um weitere 35,8 Mio. Tonnen (-12,5 %). Damit lag die Produktionsmenge auf dem zweitniedrigsten Stand (250 Mio. Tonnen) und nur leicht über dem Wert von 1995. Im Jahr 2010 wurden 293 Mio. Tonnen Chemikalien hergestellt, was einem Anstieg von 17,2 % im Vergleich zum Vorjahr entsprach.

Für die EU-27 ist eine kürzere Zeitreihe verfügbar: Sie zeigt einen kontinuierlichen Anstieg der Gesamtproduktionsmenge zwischen 2002 und 2007 um insgesamt 9,6 % der mit 362 Mio. Tonnen einen Höchststand erreichte. Während der Wirtschafts- und Finanzkrise ging die Produktion 2008 um 24 Mio. Tonnen (-6,6 %) und 2009 um weitere 46 Mio. Tonnen (-13,6 %) zurück. Im Jahr 2010 erhöhte sich die Produktion von Industriechemikalien in der EU-27 um 47 Mio. Tonnen (+16,1 %) auf 339 Mio. Tonnen. Damit lag die Produktion immer noch 23 Mio. Tonnen unter dem Höchststand vor der Krise.

Produktion umweltschädlicher Chemikalien

Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Produktionsmengen umweltschädlicher Chemikalien, die nach den Auswirkungen der Stoffe auf die Umwelt in fünf Klassen unterteilt sind. Insgesamt stieg die Produktion dieser Chemikalien in der EU-27 im Zeitraum von 2002 bis 2007 um 10,1 % auf einen Höchstwert von 194 Mio. Tonnen. In den beiden darauf folgenden Jahren sank die Produktion um 32 Mio. Tonnen (-16.5 %) auf 162 Mio. Tonnen; dieser Wert lag um 8,1 % unter dem Wert von 2002. Im Jahr 2010 nahm die Produktion umweltschädlicher Chemikalien um 22 Mio. Tonnen (+13,6 %) auf 184 Mio. Tonnen zu.

Die Produktion umweltschädlicher Chemikalien in der EU-15 stieg im Zeitraum von 1996 bis 2005 um insgesamt 15,9 % auf den Höchstwert von 168 Mio.  Tonnen. Nach einem leichten Rückgang im Jahr 2006 erholte sich die Produktion 2007 und erreichte fast den Stand von 2005 (lediglich eine Million Tonnen niedriger: 167 Mio. Tonnen). Anschließend fiel die Produktion umweltschädlicher Chemikalien im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 jedoch auf einen Tiefststand von 138 Mio. Tonnen. Ein deutlicher Aufschwung war dann 2010 mit einem Anstieg der Produktion der EU-15 auf 160 Mio. Tonnen zu verzeichnen, was im Vorjahresvergleich einem Zuwachs von 15,9 % entsprach.

Der Anteil der umweltschädlichen Chemikalien an der Gesamtproduktion von Chemikalien der EU-27 veränderte sich nicht wesentlich und stieg von 53,3 % im Jahr 2002 auf 54,3 % im Jahr 2010. Die 12 Mitgliedstaaten, die der EU 2004 und 2007 beitraten, produzierten 2010 umweltschädliche Chemikalien im Umfang von 24 Mio. Tonnen und damit 13,0 % der Gesamtproduktionsmenge in der EU-27.

Produktion toxischer Chemikalien

Abbildung 3 zeigt die Entwicklung der Produktionsmengen toxischer Chemikalien, die nach fünf Toxizitätsklassen aufgeschlüsselt sind. Die Produktion toxischer Chemikalien (d. h. aller fünf Toxizitätsklassen zusammen) in der EU-27 stieg im Zeitraum von 2002 bis 2007 um 6,8 % auf einen Spitzenwert von 218 Mio. Tonnen. Im Jahr 2008 ging die Produktion um 15 Mio. Tonnen zurück (-7,0 %), 2009 nahm sie um weitere 23 Mio. Tonnen (-11,3 %) ab und sank auf 180 Mio. Tonnen. Im Jahr 2010 stieg die Produktion toxischer Industriechemikalien um 25 Mio. Tonnen (+13,9 %) auf 205 Mio. Tonnen.

Die Produktion toxischer Chemikalien in der EU-15 stieg im Zeitraum von 1995 bis 2005 um insgesamt 21,7 % auf einen Höchstwert von 189 Mio.  Tonnen. Die EU-15 stellten 2010 eine Menge von 176 Mio. Tonnen her und damit immer noch 7 % weniger als 2005.

Im Jahr 2010 betrug der Gesamtanteil der als toxisch eingestuften Chemikalien an der Chemikalienproduktion der EU-27 60,5 % und lag damit leicht unter dem Wert von 2002 (61,8 %). Im Jahr 2004 wurden in der EU-27 38 Mio. Tonnen an krebserzeugenden, erbgutverändernden und fortpflanzungsgefährdenden Chemikalien (CMR-Chemikalien) produziert, die die höchste Toxizitätsklasse bilden. Im Jahr 2008 ging die Produktion stark zurück auf 32 Mio. Tonnen und stieg 2010 erneut auf 39 Mio. Tonnen (+21,8 %) an. Damit wurde wieder in etwa die Produktionsmenge toxischer Chemikalien vor der Wirtschafts- und Finanzkrise erreicht.

Der Anteil der CMR-Chemikalien an der gesamten Chemikalienproduktion in der EU-27 ging von 10,8 % im Jahr 2004 auf 9,4 % im Jahr 2008 zurück und stieg 2010 erneut auf 11,5 % an. Eine eingehendere Analyse ergibt, dass von den meisten CMR-Chemikalien kleinere Mengen hergestellt wurden, was jedoch durch größere Produktionsmengen bei Chlorverbindungen, wie Vinylchlorid, ausgeglichen wurde.

Auf die zwölf Mitgliedstaaten, die der EU 2004 bzw. 2007 beitraten, entfiel 2010 ein Anteil von 14,1 % (29 Mio. Tonnen) an der Produktion toxischer Chemikalien in der EU-27 und ein Anteil von 13,6 % an der Produktion aller Industriechemikalien.

Die Entwicklung der Produktion toxischer chemischer Stoffe verlief ähnlich wie die der Produktion der Chemikalien insgesamt. Die Zeitreihe von 2002 bis 2010 liefert nur wenige Anhaltspunkte für eine nennenswerte Entkopplung der EU-27-Produktion von Chemikalien, die die Gesundheit des Menschen gefährden und/oder die Ökosysteme schädigen, von der gesamten Industriechemikalienproduktion.

Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Die in diesem Artikel vorgestellten Indikatoren werden von den jährlichen Statistiken über die Produktion von Gütern (Prodcom) abgeleitet. Die statistischen Daten zu toxischen Chemikalien für die EU-15 decken die Jahre 1995 bis 2010 ab, während zu umweltschädlichen Stoffen seit 1996 Statistiken zur Verfügung stehen. Für diese beiden Indikatoren liegen Angaben für die EU-27 für die Zeit von 2002 bis 2010 vor.

Die Informationen über die Produktion umweltschädlicher Chemikalien und die Produktion toxischer Chemikalien wurden jeweils zu fünf Wirkungsklassen aggregiert. Diesen Klassen der Umweltbelastungen und der Toxizität für die Gesundheit des Menschen liegen amtliche Klassifikationen zugrunde, die in EU-Rechtsvorschriften festgelegt sind und auf Beurteilungen wissenschaftlicher Sachverständiger beruhen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Indikatoren keine Aussage über die tatsächlichen, mit der Verwendung von Chemikalien verbundenen Risiken treffen, sondern lediglich die Produktionsmengen abbilden. Produktion und Verbrauch sind nicht gleichzusetzen mit Exposition, da einige Chemikalien innerhalb von geschlossenen Systemen oder als Zwischenprodukt in kontrollierten Lieferketten eingesetzt werden.

Die Produktion umweltschädlicher Chemikalien wird nach den Auswirkungen der Stoffe auf die Umwelt in fünf Klassen unterteilt. Beginnend mit der am stärksten belastenden Gruppe sind dies:

  • schwerwiegende chronische Wirkung auf die Umwelt
  • signifikante chronische Wirkung auf die Umwelt
  • moderate chronische Wirkung auf die Umwelt
  • chronische Wirkung auf die Umwelt
  • signifikante akute Wirkung auf die Umwelt

Die Produktion umweltschädlicher Chemikalien ist ein Indikator für nachhaltige Entwicklung, mit dem der Fortschritt bei der Produktionsverlagerung von umweltschädlicheren Chemikalien zu weniger umweltschädlichen Chemikalien überwacht wird, wobei der Schwerpunkt auf der aquatischen Toxizität liegt. Ziel ist es, die inhärente Ökotoxizität chemischer Stoffe, ihr Bioakkumulationspotenzial und ihre Persistenz in der Umwelt zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck wurden stoffspezifische Daten zur Ökotoxizität, zur biologischen Abbaubarkeit und zum biologischen Akkumulationspotenzial genutzt. Die Produktion umweltschädlicher Chemikalien stützt sich im Wesentlichen auf die amtliche Umweltklassifikation für Stoffe; ferner sind bestimmte Risikosätze für chronische Humantoxizität berücksichtigt.

Auch der Indikator für toxische Chemikalien wird – unter dem Thema „Öffentliche Gesundheit“– als Indikator für nachhaltige Entwicklung veröffentlicht. Aggregierte Produktionsmengen toxischer Chemikalien können in fünf Toxizitätsklassen unterteilt werden. Beginnend mit der gefährlichsten sind dies:

  • krebserzeugende, erbgutverändernde und fortpflanzungsgefährdende Chemikalien (CMR-Chemikalien)
  • chronisch giftige Chemikalien
  • sehr giftige Chemikalien
  • giftige Chemikalien
  • schädliche Chemikalien

Mit diesem Indikator zur Produktion toxischer Chemikalien werden die Fortschritte beim Übergang von der Produktion von stärker toxischen zu weniger toxischen Chemikalien überwacht und ein wichtiges Ziel der REACH-Verordnung in Angriff genommen: die Minimierung von Risiken durch den Ersatz von gefährlichen Stoffen durch weniger gefährliche Stoffe.

Kürzlich hat Eurostat in Zusammenarbeit mit den für Industrie und Umwelt zuständigen Generaldirektionen der Europäischen Kommission eine Grundlagenstudie mit Indikatoren für die Überwachung der Wirksamkeit der REACH-Verordnung herausgegeben.

Kontext

Das sechste Umweltaktionsprogramm (6. UAP), das den Zeitraum von 2002 bis 2012 abdeckt, sieht eine vollständige Überprüfung der EU-Politik im Bereich des Chemikalienmanagements vor. Mit der Durchführung der REACH-Verordnung soll ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sichergestellt werden, unter anderem indem alternative Methoden für die Bewertung der Gefährlichkeit von Stoffen und der freie Verkehr von Stoffen im Binnenmarkt gefördert und die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationstätigkeit der chemischen Industrie der EU gestärkt werden. Der Ausbau der Erkenntnisse über die gefährlichen Eigenschaften von chemischen Stoffen im Rahmen der REACH-Verordnung soll die Bedingungen für einen sicheren Einsatz dieser Stoffe in den Lieferketten verbessern und auf die Substitution gefährlicher Stoffe durch weniger gefährliche Stoffe hinwirken, um die Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu verringern.

Statistische Indikatoren, die Informationen über die Produktion toxischer und umweltschädlicher Chemikalien liefern, können dazu verwendet werden, den Fortschritt bei der Verwirklichung mehrerer Ziele zu messen. Hierzu gehören das Kernziel der öffentlichen Gesundheit im Rahmen der Strategie der Europäischen Union für nachhaltige Entwicklung sowie das Ziel der Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt im Rahmen des s6. UAP.

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Haupttabellen

Indikatoren
Öffentliche Gesundheit
Gesundheitsdeterminanten
Index der Produktion von toxischen Chemikalien, nach Giftigkeitsklasse (QP)
Produktion umweltgefährdender Chemikalien, nach Klasse der Umweltauswirkung (ten00011)
Produktion von toxischen Chemikalien, nach Giftigkeitsklasse (tsdph320)

Quelldaten für die Tabellen, Abbildungen und Karten (MS Excel)

Weblinks

Siehe auch