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Archive:Strukturelle Unternehmensstatistik auf regionaler Ebene

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Daten von Februar 2012. Neuste Daten: Weitere Informationen von Eurostat, Haupttabellen und Datenbank.

Gegenstand der strukturellen Unternehmensstatistiken (SUS) sind Industrie, Baugewerbe und nichtfinanzielle Dienstleistungen. Aufgegliedert nach der europäischen Wirtschaftszweigsystematik NACE, beschreiben sie Struktur, Tätigkeit und Leistungsfähigkeit von Unternehmen. Diese Statistiken lassen sich auf sehr detaillierter sektoraler Ebene (mehrere hundert Wirtschaftstätigkeiten), nach Unternehmensgrößenklassen oder nach Regionen analysieren.

Was die Bedeutung einzelner Branchen des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft betrifft, so bestehen zwischen den Regionen der Europäischen Union (EU) beträchtliche Unterschiede. Während einige Branchen in den meisten Regionen relativ ausgewogen vertreten sind, ist bei vielen Branchen die regionale Spezialisierung sehr unterschiedlich und ihr Spezialisierungsgrad in einigen wenigen Regionen oft besonders hoch.

Der Anteil einer bestimmten Branche am nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft vermittelt eine Vorstellung davon, welche Regionen den höchsten oder den niedrigsten Spezialisierungsgrad in diesem Wirtschaftszweig aufweisen, wobei die Größe der Region oder der Branche keine Rolle spielt. Zu den ganz unterschiedlichen Gründen für eine regionale Spezialisierung gehören die Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen (z. B. im Falle des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden sowie der forstbasierten Industrie), die Verfügbarkeit von Fachkräften, ferner Kosten, Infrastruktur, Rechtsvorschriften, klimatische und topografische Bedingungen (insbesondere bei tourismusbezogenen Tätigkeiten) und die Nähe zu den Märkten.

Karte 1: Beschäftigung in der gewerblichen Wirtschaft, nach NUTS-2-Regionen, 2009
(%, Anteil des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft) - Quelle: Eurostat (sbs_r_nuts06_r2)
Karte 2: Beschäftigung in der nichtfinanziellen Dienstleistungswirtschaft, nach NUTS-2-Regionen, 2009
(%, Anteil des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft) - Quelle: Eurostat (sbs_r_nuts06_r2)
Tabelle 1: Aufschlüsselung von Beschäftigung und Spezialisierung nach Wirtschaftszweigen (NACE Abschnitte und -Abteilungen), nach NUTS-2-Regionen, 2009 (1)
(%, Anteil der Beschäftigung im nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft) - Quelle: Eurostat (sbs_r_nuts06_r2)
Abbildung 1: Regionale Spezialisierung gegliedert nach Wirtschaftszweigen, nach NUTS-2-Regionen, EU, 2009 (1)
(%, Anteil der regionalen Beschäftigung im nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft) - Quelle: Eurostat (sbs_r_nuts06_r2)
Abbildung 2: Konzentration der Wirtschaftszweige (NACE Abteilungen), nach NUTS-2-Regionen, EU, 2009 (1)
(%, kumulativer Anteil der zehn führenden Regionen bei der sektoralen Beschäftigung) - Quelle: Eurostat (sbs_r_nuts06_r2)
Karte 3: Regionale Konzentration der Wirtschaft, nach NUTS-2-Regionen, 2009 (1)
(%, kumulativer Anteil der fünf größten Wirtschaftszweige (NACE Abteilungen) an der regionalen Beschäftigung im nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft) - Quelle: Eurostat (sbs_r_nuts06_r2)

Wichtigste statistische Ergebnisse

Im Jahr 2009 waren in der EU-27 mehr als 20 Millionen Unternehmen im nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft tätig, zu dem Industrie, Baugewerbe und Dienstleistungen mit Ausnahme der Finanzvermittlung zählen. Zusammen erzeugten diese Unternehmen eine Bruttowertschöpfung von ca. 5 500 Mrd. EUR ([1] und beschäftigten ca. 175 Millionen Menschen. Den Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen zufolge trugen die Industrie mit 18,3 %, das Baugewerbe mit 6,7 % und die nichtfinanziellen Dienstleistungen mit ca. 44,2 % zur Bruttowertschöpfung (zu Herstellungspreisen) der Gesamtwirtschaft bei. In Bezug auf die Beschäftigung lagen die Anteile bei 16,5 % für die Industrie, 7,4 % für das Baugewerbe und 39,2 % bei den nichtfinanziellen Dienstleistungen.

Spezialisierung im Industrie- und im Dienstleistungsbereich

Die Anteile der Beschäftigten des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft, die im Jahr 2009 in der Industrie und im Bereich der nichtfinanziellen Dienstleistungen tätig waren, werden in den Karten 1 und 2 dargestellt; für Griechenland, Frankreich und Malta liegen keine Daten vor. Bei der Analyse der Daten für 2009 ist zu berücksichtigen, dass die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise in dieser Zeit besonders heftig waren: Das BIP fiel in der EU-27 im Jahr 2009 um 4,3 %, und die Beschäftigung ging um 1,8 % zurück. Von den EU Mitgliedstaaten verzeichnete lediglich Polen im Jahr 2009 einen realen Zuwachs bei der Beschäftigung und beim BIP; den heftigsten BIP-Rückgang aller Mitgliedstaaten erlebte Lettland (-17,7 %), wo auch die Beschäftigung am deutlichsten zurückging ( 13,2 %).

In 26 Regionen lag der Anteil der Industriebeschäftigten an den Beschäftigten des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft bei über 40 %: Mit Ausnahme von Tübingen (Deutschland) lagen all diese Regionen in Mitgliedstaaten, die der EU 2004 oder 2007 beigetreten sind. Demnach gab es die meisten Industriebeschäftigten in der Tschechischen Republik und Polen (mit jeweils sechs Regionen über 40 %), Rumänien (vier Regionen), Bulgarien, der Slowakei (jeweils drei Regionen), Ungarn (zwei Regionen) und Slowenien (eine Region). Den höchsten regionalen Anteil von Industriebeschäftigten verzeichnete mit 58,2 % die slowakische Region Západné Slovensko, die die einzige Region war, in der mehr als die Hälfte der Beschäftigten des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft in der Industrie tätig war. Die Regionen, in denen weniger als 10 % der Beschäftigten des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft in einem Industriesektor beschäftigt waren, waren die Hauptstadtregionen der Niederlande und des Vereinigten Königreichs, Utrecht (Niederlande), die Algarve (Portugal) sowie die spanischen Inselregionen und Überseegebiete Canarias, Illes Balears, Ceuta und Melilla. In Norwegen hob sich die Hauptstadtregion Oslo og Akershus mit ihrem relativ geringen Anteil an Industriebeschäftigten von gerade einmal 8,7 % ab; damit lag sie knapp unter dem Anteil von 20 % in Nord-Norge, der norwegischen Region mit der nächstniedrigen Quote.

Die meisten dienstleistungsorientierten Beschäftigten des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft waren vor allem in großen städtischen Ballungsräumen oder den daran angrenzenden Gebieten zu finden, etwa in London und dem in seinem Umkreis gelegenen Südostengland, in Hamburg und Berlin in Deutschland, Noord-Holland (einschließlich Amsterdam) in den Niederlanden sowie Bruxelles-Capitale/Brussels Hoofdstedelijk Gewest in Belgien. Den höchsten Anteil nichtfinanzieller Dienstleistungen an den Beschäftigten des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft gab es mit 93,2 % in Inner London. In insgesamt 35 Regionen der EU-Mitgliedstaaten, darunter 11 Hauptstadtregionen, entfielen über 75 % der Beschäftigten des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft auf den Bereich der nichtfinanziellen Dienstleistungen. Von den übrigen 24 Regionen mit einem hohen Anteil an Arbeitsplätzen im Bereich der nichtfinanziellen Dienstleistungen lagen weitere 12 Regionen im Vereinigten Königreich, jeweils drei weitere in Deutschland, Spanien und den Niederlanden, eine in Belgien und eine in Finnland. Auch die norwegische Hauptstadtregion Oslo og Akershus verzeichnete einen Anteil von über 75 % Beschäftigte des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft, die im Bereich der nichtfinanziellen Dienstleistungen tätig waren.

Insgesamt lag der Beschäftigungsanteil im Bereich nichtfinanzielle Dienstleistungen in 57 EU-Regionen bei 55 % oder niedriger, darunter in 12 Regionen bei 45 % oder niedriger. Die niedrigsten Anteile verzeichneten vor allem die Slowakei (drei der vier slowakischen Regionen) und die Tschechische Republik (fünf der acht tschechischen Regionen) sowie Rumänien, Bulgarien und Slowenien. Auch die norwegische Region Agder og Rogaland meldete für den Bereich der nichtfinanziellen Dienstleistungen einen Beschäftigungsanteil von 55 % oder darunter.

Den weder in Karte 1 noch in Karte 2 dargestellten übrigen Anteil der Beschäftigten im nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft machten Arbeitsplätze im Baugewerbe aus, deren Quote EU-weit von weniger als 5 % in den städtischen Regionen Darmstadt, Bremen, Köln, Hamburg (alle in Deutschland) und Inner London (Vereinigtes Königreich) bis zu mehr als 18 % in den Regiões Autónomas Açores und Madeira (Portugal), in den Gebieten Melilla und Ceuta, in den Regionen Extremadura und Castilla-La Mancha (Spanien), in der Province/Provincie Luxembourg (Belgien) sowie in Valle d’Aosta/Vallée d’Aoste und Molise (Italien) reichte.

Tiefgreifende Spezialisierung im nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft

Tabelle 1 enthält eine eingehendere Wirtschaftszweiganalyse im Rahmen der NACE-Abschnitte und Abteilungen. Sie gibt für alle Regionen den Medianwert und den Durchschnittswert des Anteils des jeweiligen Wirtschaftszweigs an der Beschäftigung im nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft an. Die beiden letzten Tabellenspalten geben Aufschluss darüber, welche Region im Jahr 2009 den höchsten Spezialisierungsgrad im jeweiligen Wirtschaftszweig aufwies, und veranschaulichen die relative Bedeutung der am höchsten spezialisierten Region für die Gesamtbeschäftigung in diesem Wirtschaftszweig in der EU (aufgrund der verfügbaren Daten wurde für den EU-Anteil ein Aggregat aller Mitgliedstaaten ohne Griechenland, Frankreich und Malta zugrunde gelegt).

Der Bereich Bergbau und Gewinnung von energieerzeugenden und metallischen Mineralstoffen ist aufgrund der geografischen Verteilung der Lagerstätten tendenziell stark konzentriert, weshalb nur wenige Regionen in diesen Wirtschaftszweigen hoch spezialisiert sind. Das hervorstechendste Beispiel lieferte der Braun- und Steinkohlebergbau, in dem 2009 Slaskie (Polen) die am stärksten spezialisierte Region war, auf die allein 40,5 % der EU-Beschäftigung in diesem Wirtschaftszweig entfielen. In vergleichbarer Weise war North Eastern Scotland (Vereinigtes Königreich) am stärksten spezialisiert im Bereich Erbringung von Dienstleistungen für den Bergbau und für die Gewinnung von Steinen und Erden, da diese Region Unterstützung bei der Offshore-Gewinnung von Erdöl und Erdgas bietet, wo sie ebenfalls die am höchsten spezialisierte Region ist; darüber hinaus wies sie den höchsten Spezialisierungsgrad bei zwei Dienstleistungs-Abteilungen auf, die ebenfalls der Erdöl- und Erdgasgewinnung dienen, nämlich Architektur- und Ingenieurbüros und Vermietung von beweglichen Sachen. Dagegen stellten die jeweils am stärksten spezialisierten Regionen in vielen anderen Wirtschaftszweigen nur einen verhältnismäßig geringen Anteil an der EU-Gesamtbeschäftigung: Dies traf insbesondere auf die Wirtschaftszweige Bautätigkeiten, Handel sowie Grundstücks- und Wohnungswesen zu, die in den meisten Regionen üblicherweise vertreten sind und eine geringe Spezialisierung aufweisen.

Wirtschaftszweige des Verarbeitenden Gewerbes in den ersten Verarbeitungsstufen von Erzeugnissen aus Land-, Fischerei- oder Forstwirtschaft sind in der Regel besonders stark in Regionen konzentriert, in denen die Wege zu den Rohstoffvorkommen kurz sind. Die am stärksten spezialisierten Regionen bei der Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln (NACE Abteilung 10) lagen oftmals in ländlichen Gebieten oder in der Nähe von landwirtschaftlichen Produktionszentren: in Podlaskie (der am stärksten spezialisierten Region) und anderen Regionen in Ostpolen, in Dél-Alföld in Ungarn, in Alentejo in Portugal, in Severen tsentralen in Bulgarien und in Lincolnshire im Vereinigten Königreich. Die nordischen und die baltischen Regionen mit ihren großen Waldgebieten verzeichneten den höchsten Spezialisierungsgrad bei der Herstellung von Holzwaren (NACE Abteilung 16) sowie bei der nachgelagerten Herstellung von Papier, Pappe und Waren daraus (NACE Abteilung 17). Itä-Suomi (Finnland) war die am stärksten spezialisierte Region im Bereich der Herstellung von Holzwaren und Norra Mellansverige (Schweden) am stärksten spezialisiert auf die Herstellung von Holz- und Zellstoff sowie Papier.

Die höchsten Beschäftigungsanteile verzeichnete das Baugewerbe (NACE-Abteilungen 41-43) in der Região Autónoma dos Açores in Portugal; diese Wirtschaftstätigkeiten stellten seit jeher auch die größten Arbeitgeber in einigen Regionen Spaniens, doch dürfte die Wirtschafts- und Finanzkrise zu einem Rückgang der Beschäftigungszahlen in den letzten Jahren geführt haben (für Spanien liegen Daten für das Bezugsjahr 2009 für das Baugewerbe auf Abteilungsebene nicht vor).

Bei den Verkehrsdienstleistungen ist der Standort ebenfalls ein wichtiger Faktor. In Küstenregionen und auf Inseln ist naturgemäß die Schifffahrt (NACE Abteilung 50) von Bedeutung, doch auch die Luftfahrt (NACE Abteilung 51) spielt im Allgemeinen für Regionen mit Großstädten oder in Großstadtnähe, aber auch für Inselregionen (vor allem für die mit Tourismusschwerpunkt) eine große Rolle. Die kleine Inselregion Åland (Finnland) ist ein Knotenpunkt für den Fährverkehr zwischen Schweden und Finnland, aber auch für den übrigen Ostseeverkehr. In Åland war die Spezialisierung im Schifffahrtsektor mit mehr als 40 % aller Beschäftigten des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft dieser Region im Jahr 2009 um ein Vielfaches höher als in der am zweitstärksten spezialisierten Region. Die Region Outer London war Spitzenreiter bei der Spezialisierung in der Luftfahrt; weitere Regionen mit einem hohen Anteil von Beschäftigten des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft in der Luftfahrt waren unter anderem Noord-Holland (die Region der Niederlande, zu der Amsterdam gehört), Köln in Deutschland und Niederösterreich in Österreich. In der deutschen Region Köln (zu der die Stadt Bonn gehört) befindet sich die Zentrale der Deutsche Post DHL, und diese Region verzeichnete eine besondere Spezialisierung im Bereich Post-, Kurier- und Expressdienste.

In EU-Regionen mit einem traditionell ausgeprägten Tourismus wie z. B. in Portugal, Spanien und Italien, war der Spezialisierungsgrad im Bereich Beherbergung (NACE Abteilung 55) und Gastronomie (NACE Abteilung 56) am höchsten. Auf die Leistungen des Beherbergungsgewerbes entfielen mehr als 10 % der Beschäftigung des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft in den alpinen Regionen Provincia Autonoma Bolzano/Bozen (Italien) und Tirol (Österreich), in den Inselregionen Illes Balears (Spanien) und Região Autónoma da Madeira (Portugal), in der Region Scottish Highlands and Islands (Vereinigtes Königreich) sowie in der deutschen Küstenregion Mecklenburg-Vorpommern. Gemessen an ihrem Beschäftigungsanteil, war die Algarve in Portugal die am stärksten spezialisierte Region im Bereich Gastronomie.

Bei der Spezialisierung in den Bereichen Information und Kommunikation (NACE Abteilungen 58–63), Grundstücks- und Wohnungswesen (NACE Abteilung 68), Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (NACE Abteilungen 69–75) und Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (NACE Abteilungen 77–82) kann der Zugang zu einer kritischen Masse an Kunden (Unternehmen oder private Haushalte) oder der Zugang zu einer speziellen Wissensbasis (externe Forscher und/oder qualifizierte Arbeitskräfte) ein entscheidender Faktor sein.

Inner London im Vereinigten Königreich war die am stärksten spezialisierte Region in den Bereichen Verlagswesen und Multimediaveröffentlichungen (Abteilungen 58 und 59), während die Region Köln durch den Sitz der Zentrale der Deutschen Telekom in Bonn den stärksten Spezialisierungsgrad im Telekommunikationsbereich aufwies. Lettland verzeichnete 2009 die höchste Spezialisierung im Bereich Grundstücks- und Wohnungswesen, gefolgt von Inner London (Vereinigtes Königreich), Rheinhessen-Pfalz (Deutschland) und Közép-Magyarország (Hauptstadtregion Ungarns). Die britischen Regionen lagen bei der Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen fast durchweg vorn: Inner London bei der Rechts- und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben sowie bei sonstigen freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Tätigkeiten; East Anglia (wozu Cambridge gehört) bei Forschung und Entwicklung; Cumbria im Veterinärwesen und North Eastern Scotland (wo Dienstleistungen für die Öl- und Gasplattformen in der Nordsee erbracht werden) bei Architektur- und Ingenieurbüros. Die slowakische Hauptstadtregion Bratislavský kraj war im Bereich Werbung und Marktforschung am stärksten spezialisiert.

Der Spezialisierungsgrad bei der Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (NACE-Abschnitt N) war in der portugiesischen Hauptstadtregion Lisboa am höchsten. Auf der dazugehörigen Gliederungsebene Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften (Abteilung 78) war Groningen (Niederlande) am stärksten spezialisiert.

Spezialisierungsspektrum

Abbildung 1 gibt einen Überblick über die relative Bedeutung verschiedener Wirtschaftszweige (nach NACE-Abschnitten gegliedert) für die Beschäftigung im nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft der EU-Regionen. Die horizontalen Linien zeigen für jeden Wirtschaftszweig die Spannweite zwischen der Region mit dem niedrigsten Wert und der Region mit dem höchsten Wert beim Anteil an der Beschäftigung im nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft an; die Region mit dem höchsten Anteil wird in der Abbildung genannt. Die extremen Unterschiede zwischen den höchsten und den niedrigsten Werten können auf den Einfluss einer einzelnen Region bedingt zurückzuführen sein, und der farbige Kasten zeigt einen engeren Bereich, bei dem die Hälfte der Regionen zugrundegelegt wird, und zwar ein Viertel aller Regionen mit einem höheren Beschäftigungsanteil im betreffenden Wirtschaftszweig und ein Viertel aller Regionen mit einem niedrigeren Beschäftigungsanteil (Interquartilsabstand). Der zentrale Strich im farbigen Kasten markiert den Wert der Medianregion. Die Wirtschaftszweige sind absteigend von dem Zweig mit den meisten Arbeitsplätzen (Handel) bis zu dem mit den wenigsten Arbeitsplätzen (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden) angeordnet.

Die Situation im Bereich Verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren stellt in mehrfacher Hinsicht eine Besonderheit dar. Die Spannweite zwischen der am stärksten und der am wenigsten spezialisierten Region ist hier sehr groß, ebenso wie die Breite des farbigen Kastens, die die sehr unterschiedliche Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs veranschaulicht. Dagegen war die Spannweite der Beschäftigung bei umfangreichen und grundlegenden wirtschaftlichen Tätigkeiten wie dem Baugewerbe und dem Handel, die in der Regel mehr Kunden vor Ort versorgen, wesentlich geringer, und zwar sowohl im Hinblick auf die Spannweite zwischen den Extremwerten (veranschaulicht durch die horizontalen Linien) als auch bezüglich des Interquartilsabstands (der farbige Kasten mit der Hälfte der Regionen).

In der Region mit dem diesbezüglich niedrigsten Anteil hatten lediglich 1,8 % aller Beschäftigten des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft einen Arbeitsplatz im Verarbeitenden Gewerbe, während der entsprechende Anteil in Západné Slovensko (Slowakei) bei 52,3 % lag. Mehr als 40 % erreichte der Anteil der Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe auch in Strední Morava und Severovýchod (Tschechische Republik), Stredné Slovensko und Východné Slovensko (Slowakei), Severen tsentralen (Bulgarien), Közép-Dunántúl (Ungarn) und Vzhodna Slovenija (Slowenien).

Eine deutlich geringere Streuungsbreite dagegen wies die Beschäftigung im Handel (NACE Abschnitt G) auf, dem Wirtschaftszweig mit dem höchsten Medianwert des Beschäftigungsanteils, der in allen Regionen in relativ großem Umfang präsent war und oft an Kunden in der näheren Umgebung ausgerichtet ist. Die Beschäftigungsanteile im Handel reichten von 15,3 % bis zu fast zwei Fünfteln (38,8 %) in der Ciudad Autónoma de Melilla (Spanien).

Auch in den Wirtschaftszweigen Verkehr und Lagerei (NACE Abschnitt H) sowie Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden (NACE Abschnitt B) wiesen einige wenige Regionen eine starke Spezialisierung auf. Die höchste Spezialisierung wies hier die kleine finnische Inselregion Åland auf, wo mehr als zwei Fünftel der Beschäftigten (42,3 %) in diesem Sektor tätig waren und die damit weit vor Köln in Deutschland (18,8 %) lag. Die Spezialisierung in Åland ist fast ausschließlich auf die Bedeutung der Schifffahrt zurückzuführen. Beim Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden sind die natürlichen Gegebenheiten von erheblicher Bedeutung. In vielen Regionen sind diese Branchen dementsprechend nur vereinzelt oder gar nicht vertreten, und nur ganz wenige Regionen weisen aufgrund der Vorkommen von Metallerzen, Kohle, Öl oder Gas einen hohen Spezialisierungsgrad auf. In einem Viertel aller Regionen machten der Bergbau und die Gewinnung von Steinen und Erden 0,1 % oder weniger aller Beschäftigungsmöglichkeiten des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft aus, in der Hälfte aller Regionen zwischen 0,1 % und 0,5 %. In fünf Regionen lag der Anteil dieses Wirtschaftszweigs an der Beschäftigung im nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft jedoch bei über 4 %, und in North Eastern Scotland (Vereinigtes Königreich) und Slaskie (Polen) erreichte der Anteil an der Gesamtbeschäftigung ca. 10 %. In Agder og Rogaland (Norwegen) entfielen auf Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden 17,2 % der Beschäftigung des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft.

Konzentration in der Wirtschaft

Die vorstehende Analyse der Spezialisierung gibt unabhängig von der Größe der Region bzw. der Branche Aufschluss über die relative Bedeutung eines einzelnen Wirtschaftszweigs. Aus Abbildung 2 ist zu ersehen, inwieweit einzelne Branchen in einer begrenzten Zahl von Regionen konzentriert oder stärker gestreut waren. In den zehn größten Regionen der EU lagen vier der fünf Abteilungen des Bereichs Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden beim Konzentrationsgrad der Beschäftigung an der Spitze. So war der Erzbergbau (NACE Abteilung 07) der Wirtschaftszweig mit der höchsten Konzentration: Sämtliche Arbeitskräfte dieses Sektors in der EU konzentrierten sich in weniger als einem Viertel aller Regionen, während in den übrigen drei Vierteln keine Beschäftigungsmöglichkeiten in diesem Wirtschaftszweig bestanden.

Die Luftfahrt (NACE Abteilung 51) und die Herstellung von Leder und Lederwaren (NACE Abteilung 15) waren in den zehn größten Regionen mit einem Anteil von zusammengenommen 59 % bzw. 56 % an der Gesamtbeschäftigung ebenfalls stark konzentriert. In der Luftfahrt ist diese Dominanz auf eine Konzentration in großen Ballungsräumen zurückzuführen, in denen sich die wichtigen Flughäfen befinden. An erster Stelle sind hier die Regionen Paris, Outer London, Köln, Amsterdam und Madrid zu nennen. Die Herstellung von Leder und Lederwaren dagegen ist eine relativ kleine Branche in der EU mit einer hohen Konzentration in Italien, Portugal und Rumänien.

Anders als bei den energie- und metallbezogenen Arten des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden gehörte die Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau (NACE Abteilung 08) zu den Wirtschaftsbereichen, in denen die zehn größten Regionen mit einem Anteil von 18,5 % an der Beschäftigung dieses Sektors in der EU-27 die geringste Dominanz aufwiesen. Die Gründe dafür liegen in der breit gestreuten Verfügbarkeit und dem lokalen Abbau vieler Baumaterialien wie Sand, Lehm und Steine, die für diese Art des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden in den meisten Regionen maßgeblich sind. Bezogen auf alle Wirtschaftszweige (NACE Abteilungen) war die Konzentration 2009 bei Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (NACE Abteilung 45), im Einzelhandel (NACE Abteilung 47) und im Veterinärwesen (NACE Abteilung 75) am geringsten; beide Handelsbranchen spielen für die Beschäftigung im nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft in der EU eine ausgesprochen wichtige Rolle.

Karte 3 veranschaulicht einen weiteren Aspekt der Konzentration, nämlich den Umfang, in dem eine Region von wenigen großen Wirtschaftszweigen abhängig ist, bzw. inwieweit sie Merkmale einer stärkeren Diversifizierung aufweist. Die Karte basiert auf einem Indikator, der die Anteile der fünf wichtigsten Wirtschaftszweige (NACE Abteilungen) an der Gesamtzahl der Beschäftigten im nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft in jeder Region kombiniert: Die fünf wichtigsten Wirtschaftszweige wurden jeweils unabhängig für jede Region ausgewählt, obgleich mehrere davon, wie etwa der Handel, in nahezu allen Regionen vertreten sind. So ist der Konzentrationsgrad tendenziell in den Regionen am höchsten, in denen die gewerbliche Wirtschaft vom Baugewerbe, dem Handel oder anderen Dienstleistungen dominiert wird, da die Industriezweige stärker fragmentiert sind. Demnach befinden sich die Regionen mit dem höchsten Konzentrationsgrad meist in Mitgliedstaaten, in denen der Tourismus traditionell ein wichtiger Faktor ist, insbesondere in Spanien, Italien, Zypern, Österreich und Portugal, was die Bedeutung des Baugewerbes, des Handels, des Verkehrs sowie der Bereiche Beherbergung und Gastronomie in tourismusorientierten Regionen unterstreicht. In 23 Regionen auf NUTS-Ebene 2 waren mehr als 47 % der Beschäftigten des nichtfinanziellen Bereichs in den jeweils fünf wichtigsten Wirtschaftszweigen tätig.

Die geringste Konzentration ist dagegen hauptsächlich in Regionen mit einer relativ kleinen Dienstleistungsbrache und einer relativ großen Verarbeitungsbranche zu finden; dies traf vor allem auf Osteuropa und insbesondere die Slowakei, die Tschechische Republik, Estland, Ungarn, Slowenien und die Slowakei zu. In fünf Regionen in der Tschechischen Republik und in der Comunidad Foral de Navarra in Spanien entfiel gerade einmal ein Drittel der Beschäftigung des nichtfinanziellen Bereichs der gewerblichen Wirtschaft auf die fünf wichtigsten Wirtschaftszweige.

Datenquellen und Datenverfügbarkeit

Rechtsgrundlage für die Erhebung regionaler struktureller Unternehmensstatistiken (SUS) ist eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates, nach der die Daten gemäß den in den Durchführungsverordnungen der Kommission festgelegten Definitionen und Aufgliederungen erhoben werden. Die für das Bezugsjahr 2009 zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Veröffentlichung zur Verfügung stehenden Daten betreffen die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten, Norwegen und Kroatien. Die Datenreihen werden laufend aktualisiert und bei Bedarf überarbeitet.

Die in diesem Artikel dargestellten regionalen SUS-Daten beziehen sich ausschließlich auf den nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft. Dazu gehören die NACE Abschnitte B (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden), C (Verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren), D (Energieversorgung), E (Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen), F (Baugewerbe/Bau), G (Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen), H (Verkehr und Lagerei), I (Gastgewerbe/Beherbergung und Gastronomie), J (Information und Kommunikation), L (Grundstücks- und Wohnungswesen), M (Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen) und N (Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen) sowie die NACE Abteilung 95 (Reparatur von Datenverarbeitungsgeräten und Gebrauchsgütern). Im Aggregat für den nichtfinanziellen Bereich der gewerblichen Wirtschaft nicht enthalten sind daher Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, öffentliche Verwaltung und sonstige nicht marktbestimmte Dienstleistungen (wie Erziehung und Unterricht und Gesundheits- und Sozialwesen, die nicht von der SUS erfasst werden), sowie Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (NACE Abschnitt K). Die regionale SUS wird nach Wirtschaftszweigen in einer Untergliederung auf der zweistelligen NACE Ebene (Abteilungen) dargestellt.

Als statistische Einheit für regionale SUS-Daten wird üblicherweise die örtliche Einheit verwendet, d. h. ein Unternehmen oder ein Teil eines Unternehmens an einem räumlich bestimmten Ort. Die örtlichen Einheiten werden meist entsprechend ihrer Haupttätigkeit Wirtschaftszweigen (nach der NACE) zugeordnet, in einigen Mitgliedstaaten erfolgt die Wirtschaftszweigzuordnung jedoch anhand der Haupttätigkeit des Unternehmens, zu dem die örtliche Einheit gehört. Die wichtigsten SUS-Datenreihen werden nur auf nationaler Ebene dargestellt, und für diese nationalen Daten stellt das Unternehmen die statistische Einheit dar. Es ist möglich, dass die Haupttätigkeit der örtlichen Einheit nicht dieselbe ist wie die des Unternehmens, zu dem diese örtliche Einheit gehört. Daher sind nationale SUS-Daten der Hauptreihe nicht zwangsläufig direkt mit nationalen Aggregaten zu vergleichen, die anhand von regionalen SUS erstellt werden.

Die für die Analyse in diesem Artikel herangezogene Hauptvariable ist die Zahl der Beschäftigten. Für die SUS wird sie definiert als die Gesamtzahl der in der jeweiligen Einheit (bezahlt oder unbezahlt) tätigen Personen sowie der Personen, die außerhalb der Einheit tätig sind, aber zu ihr gehören und von ihr vergütet werden. Die Zahl der Beschäftigten schließt mitarbeitende Inhaber, unbezahlt mithelfende Familienangehörige sowie Teilzeit- und Saisonkräfte ein.

Kontext

Die regionale SUS bietet Nutzern, die mehr über Struktur und Entwicklung der regionalen gewerblichen Wirtschaft erfahren möchten, eine ausführliche, harmonisierte Datenquelle, die für die einzelnen Wirtschaftszweige Aufschluss über die Zahl der Arbeitsplätze, die Zahl der Beschäftigten, die Lohnkosten und die getätigten Investitionen gibt. Im vorliegenden Artikel wird aufgezeigt, wie einige dieser Daten genutzt werden können, um unterschiedliche regionale Unternehmensmerkmale wie z. B. Schwerpunkt, Vielfalt und Spezialisierung der regionalen gewerblichen Wirtschaft zu analysieren.

Weitere Informationen von Eurostat

Veröffentlichungen

Datenbank

Regionale Strukturelle Unternehmensstatistiken (reg_sbs)
SUS Daten (SBS) nach NUTS-2 Regionen und NACE Rev. 2, ab 2008 (sbs_r_nuts06_r2)
SUS Daten (SBS) nach NUTS-2 Regionen (NUTS 06) und NACE Rev. 1.1, 1998-2007 (sbs_r_nuts03)

Spezieller Bereich

Methodik / Metadaten

Quelldaten für die Tabellen, Abbildungen und Karten (MS Excel)

Weitere Informationen

Weblinks

Siehe auch

Fußnoten

  1. 1 Milliarde sind 1 000 Millionen.