Das Startup refurbed bringt runderneuerte gebrauchte Produkte wieder auf den Markt - und profitiert vom neuen Recht auf Reparatur in Europa.
Der Hamburger Kilian Kaminski setzt auf beste Technik, auch beruflich. Kaminski (33) ist Mitgründer des Startups refurbed, das im Netz Waren vertreibt, die zuvor professionell generalüberholt werden und damit eigentlich wie neu sind. Garantie inklusive. Von Mobiltelefonen über Staubsauger bis zu Kopfhörern. Der Jungunternehmer, der auch im Vorstand der European Refurbishment Assocation (EUREFAS) ist, sagt: „Wir wollten nicht einfach nur ein profitables Unternehmen gründen, sondern auch ein Unternehmen, das nachhaltig wirtschaftet."
Refurbishment ist das englische Wort für Runderneuern. Das Unternehmen refurbed vertreibt im Netz gebrauchte Waren, die zuvor runderneuert wurden: Gemeinsam mit rund 250 Partnerfirmen in ganz Europa werden gebrauchte Waren gekauft, geprüft, die Daten komplett gelöscht und alle beschädigten Teile ausgewechselt. Dann kommt das Ganze über die refurbed-Onlineplattform wieder in den Handel. Kaminski betont: „Bei einem Handy schwächelt mal der Akku oder das Mikro, aber wenn man die defekten Teile austauscht, lässt sich das Gerät noch einwandfrei weiter nutzen." Also wird repariert und wieder verkauft. So läuft das mit der Kreislaufwirtschaft.
Darauf setzt auch die EU-Kommission. Sie hatte im März vergangenen Jahres einen Vorschlag zum Recht auf Reparatur vorgelegt, das Mitgliedstaaten und Europäisches Parlament jetzt grundsätzlich gebilligt haben. EU-Justizkommissar Didier Reynders begrüßte die Einigung: „Die neue Richtlinie wird die Reparatur einfacher, leichter zugänglich und erschwinglicher machen."
Kern der Regelung: Für neun Produktgruppen vom Mobiltelefon über Waschmaschinen bis zu Kühlschränken wird in Europa ein Recht auf Reparatur verankert – auch jenseits der Garantiefrist. Hersteller sind verpflichtet, Angaben über ihre Reparaturleistungen zu machen und dabei auch die zu erwartenden Kosten anzugeben. Reparaturplattformen im Netz erleichtern zudem die Suche nach geeigneten Werkstätten, die die defekten Geräte wieder in Gang bringen. Kommissar Reynders lobte: „Unnötiger Abfall und eine unnötige Verschwendung wertvoller Ressourcen lassen sich unter anderem dadurch vermeiden, dass Waren repariert statt automatisch durch neue ersetzt werden."
Die Regelung zum Recht auf Reparatur ist Teil des Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft, den die EU-Kommission im Jahr 2020 im Rahmen des europäischen Grünen Deal vorgelegt hatte. Ziel ist, die Wiederverwertung von Rohstoffen zu erhöhen, um Europa bis zum Jahr 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Schon im Jahr 2030 könnten rund 750 Millionen Tonnen Elektroschrott anfallen, wenn die Recyclingquote nicht steigt. Reynders betonte: „Wir wollen den Verbraucherinnen und Verbrauchern helfen, sich von der Wegwerfmentalität zu verabschieden, die für unseren Planeten so schädlich ist."
Jährlich landen derzeit nach Schätzungen rund 35 Millionen Tonnen an Produkten im Müll, obwohl die Geräte noch genutzt werden könnten. Unternehmen wie refurbed wollen das ändern. Angefangen hat alles vor sieben Jahren mit dem professionellen Refurbishment von Mobiltelefonen und Laptops, bald kamen andere Geräte wie Desktops hinzu. Heute gibt es von der Smartwatch über Spülmaschinen und Saugrobotern bis zu Skiern fast alles im Sortiment – runderneuert und mit Garantie.
In sieben EU-Ländern ist refurbed aktiv: Deutschland, Österreich, Dänemark, Schweden, Niederlande, Irland und Italien. Rund dreihundert Beschäftigte zählt refurbed, davon rund vierzig in Deutschland. Mitgründer Kilian Kaminski sagt zu der neuen EU-Regelung: „Es ist gute Entscheidung, dass das Recht auf Reparatur verankert wird. Es bedeutet für uns als Unternehmen und unsere Partner einfachen Zugang zu Ersatzteilen zu fairen Preisen. Davon profitieren jede Konsumentin und jeder Konsument. Und natürlich die Kreislaufwirtschaft in Europa."
Kaminski stammt aus Hamburg, er hat in Shanghai, London und Hamburg Wirtschaft und Kommunikation studiert und mit seinen beiden Partnern Peter Windischhofer und Jürgen Riedl 2017 das Unternehmen refurbed gegründet. Kaminski sagt über den Vorteil geschlossener Produktzyklen: „Wir sind nicht nur nachhaltiger, sondern auch günstiger." Reparieren lohnt sich.
https://germany.representation.ec.europa.eu/news/kampf-gegen-wegwerfgesellschaft-kommission-will-recht-auf-reparatur-2023-03-22_de