Die EU-Kommission fördert die Forschung rund um Erderwärmung und Klimaanpassung – auch in Deutschland
Den Kaffee trinkt Nadia Kamal am liebsten schwarz. Ansonsten aber hat es der promovierten Bioinformatikerin der Hafer mit all seinen vielfältigen Produkten wie Hafermilch angetan. Die Forscherin von Helmholtz Munich schwärmt: „Hafer ist eine tolle Pflanze. Das Getreide ist proteinreich, hat viele Ballaststoffe und senkt den Cholesterinspiegel des Blutes sowie den Zuckerspiegel. Hafer ist einfach extrem gesund."
Hitzebeständige Haferlinien
Das Getreide hat nur ein kleines Problem. Hafer reagiert sehr empfindlich auf Trockenheit und Hitze. „In meinen Forschungen geht es darum, trockenheitsresistente Hafersorten zu entwickeln", erläutert Kamal. Künftig kann sie ihre Arbeiten mit einem Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) vorantreiben. Die 37 Jahre alte Wissenschaftlerin ist eine von vierhundert Forscherinnen und Forschern, die zuletzt vom ERC ausgewählt wurden. Kamal sagt: „Meine Forschungsarbeiten berühren direkt den Klimawandel. Es geht um die Nahrungsmittelsicherheit einer wachsenden Weltbevölkerung in Zeiten der Erderwärmung."
Klassische Pflanzenzucht, kombiniert mit NGT
RESIST heißt das Forschungsvorhaben, an dem Nadia Kamal die Dürrebeständigkeit von Hafer untersucht. In ihrer Arbeit kombiniert die Bioinformatikerin klassische Methoden der Pflanzenzucht mit neuen Mitteln der Genomforschung. Erst jüngst wurde das komplexe Genom der Hafer-Pflanze unter der maßgeblichen Beteiligung von Nadia Kamal sowie dem Team der Plant Genome and Systems Biology Gruppe von Helmholtz Munich in Zusammenarbeit mit anderen internationalen Forschenden erfolgreich entschlüsselt. Die Ergebnisse der Pionierarbeit wurden im Fachmagazin „Nature" publiziert, das ist die Champions League der Wissenschaftsveröffentlichungen.
Dualer Ansatz: Arbeit im Labor und auf dem Feld
Im Zuge der ERC-Förderung ermitteln Kamal und ihr Team auf dem Feld an hunderten verschiedener Haferlinien die Beständigkeit gegen Trockenheit. Parallel wird im Labor untersucht, welche Gene und genomische Sequenzen den besonders dürreresistenten Haferpflanzen auf dem Feld die entscheidenden Vorteile bringen. So lassen sich die molekularen Mechanismen der Stressresistenz gegen Dürre beim Hafer entschlüsseln und die Dürrebeständigkeit des Getreides verbessern. Denn, so betont Kamal: „Wir verlassen uns auf wenige Nahrungspflanzen – nämlich Weizen, Mais und Reis. Mehr Biodiversität bei den Nutzpflanzen ist sehr wichtig.“
EU-Strategie zur Klimaanpassung
Heißere Sommer, mehr Starkregen - die EU-Kommission hat bereits 2021 eine Strategie zur Klimaanpassung vorgelegt. Eine der Maßnahmen: die europäische Wissensplattform Climate-ADAPT, um Forschungsarbeiten rund um die Klimaanpassung besser zu vernetzen. EU-Forschungskommissarin Iliana Ivanova bekräftigte, Ziel sei es, die wissenschaftlichen Grundlagen zu stärken und neue Wege bei den aufkommenden Bedrohungen durch den Klimawandel zu begegnen.
Anderer Aspekt der Strategie: Prävention vor Waldbränden
Im Programm Climate-ADAPT geht es nicht allein um die Förderung von Spitzenforschung, sondern auch um den engeren Austausch von Verwaltungserfahrungen. So wird in Sachsen mit europäischer Unterstützung an neuen Wegen zum Schutz von Wäldern vor Bränden gearbeitet. Dort fördert die EU-Kommission mit dem Projekt TSI Wildfires die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Behörden bei der Prävention und der Bekämpfung von Waldbränden.
So arbeiten im Erzgebirge Fachleute aus Sachsen und Tschechien mit Expertenteams aus anderen Mitgliedstaaten zusammen, um gemeinsame Lösungen in der Waldbrandbekämpfung zu erarbeiten. Teams aus Griechenland und Portugal bringen ihre Expertise aus einem Vorläuferprojekt ein. So können europaweit Erfahrungen im Waldbrand-Management zusammengeführt werden.
Großes Potential für resilientere Hafersorten
Nadia Kamal hat ihr Augenmerk fest auf die Zukunft der Landwirtschaft gerichtet. „Hafer hat enorm viel Potenzial", betont die Forscherin. „Unsere Forschung könnte dazu beitragen, dass Hafer gegenüber dem sich verändernden Klima resilienter wird. Das könnte es ermöglichen, diese aufstrebende Kulturpflanze auch in trockeneren Regionen erfolgreicher anzubauen."
Weiterführender Link zur Spitzenforschung made in Europe:
https://germany.representation.ec.europa.eu/news/europaischer-forschungsrat-400-projekte-von-spitzenforschern-werden-gefordert-deutschland-prominent-2023-09-05_de