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Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts bei der Haushaltsplanung: eine neue Leitlinie für Politiker

  • 22 November 2013

Die Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts bei der Haushaltsplanung ist ein wichtiger Bestandteil des europaweiten Ziels einer Verteilung von Mitteln in der Politik, bei der Männer und Frauen gleichermaßen berücksichtigt werden. Wie wichtig eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit sein kann, zeigt die erfolgreiche Kooperation von 15 Gemeinden in Österreich und der Tschechischen Republik bei einem Projekt zur Verbesserung der Gleichstellung von Frauen und Männern, bei dem die Haushaltsmittel entsprechend angepasst wurden.

Niederösterreich hat enorm von diesem Projekt profitiert. Unsere Praxis der Umsetzung der Gleichstellung bei der Verwaltung von Budgets fand Bestätigung und gilt als gutes Beispiel. Viele Organisationen in Europa und in anderen Kontinenten haben daher Interesse an diesem Projekt gezeigt.

Friedrich Zibuschka, Vorsitzender des Gender Mainstreaming Arbeitskreises in der niederösterreichischen Landesverwaltung

Die Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts bei der Haushaltsplanung ist ein relativ neues Konzept und ein zentraler Bestandteil der Gleichstellung von Frauen und Männern. Ziel ist eine geschlechterunabhängige Verteilung von Finanzmitteln. Vorteile dieses Verfahrens sind effizientere und effektivere Haushalte, mehr Transparenz im Hinblick auf die Kriterien, die Haushaltsentscheidungen zugrunde liegen und ein zielgerichteterer Einsatz der für die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zur Verfügung stehenden Mittel.

Beim von 2008 bis 2011 durchgeführten Projekt „Gender Fokus“ arbeitete die niederösterreichische Landesregierung beim Thema Chancengleichheit in Budgets mit zwei Regionalverwaltungen in der Tschechischen Republik zusammen. Ziel des Projekts war, die erforderlichen Verfahren zur Schaffung von Chancengleichheit in regionalen und kommunalen Budgets festzulegen. Die Projektpartner, insgesamt 15 Pilotgemeinden aus beiden Ländern, trafen sich regelmäßig und waren durch ein gemeinsames Netzwerk miteinander verbunden.

Geschlechterdifferenzierte Bewertung

Nach grundlegenden Schulungen zum Thema Gleichstellung der Geschlechter und unter Anleitung von Experten arbeiteten in allen diesen Gemeinden spezielle Arbeitsgruppen an den jeweiligen Budgets. Wichtigste Ziele waren die Durchführung der genderbezogenen Bewertung der Ausgaben der Gemeinden und das Sammeln neuer Erkenntnisse über die Feststellung eines Geschlechtergefälles. Im Mittelpunkt standen folgende Fragen: Wer lebt in unserer Gemeinde? Wirkt sich die Politik unterschiedlich auf Männer und Frauen aus? Welche Dienstleistungen bieten die lokalen Behörden an? Für wen? Und wie hoch sind die Kosten?

Nach der Analyse dieser Fragen betrachteten die Projektteams den Einfluss der Ausgaben auf die Gleichstellung der Geschlechter. Außerdem wurde festgestellt, welche Maßnahmen notwendig sind, um Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen herzustellen. Aufgrund der Ergebnisse passten die Gemeinden gegebenenfalls ihre Budgets an.

Je nach Situation konzentrierten die Gemeinden sich auf unterschiedliche Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter. Dazu gehören Kinderbetreuungsplätze für Kinder im Alter bis zu drei Jahren (wodurch sich die Beschäftigungschancen von Frauen verbessern), die Beschäftigung von Frauen im Rahmen eines von der Gemeinde durchgeführten Tourismusprojekts, die Integration der Geschlechterperspektive in Mobilitätskonzepte, der Entwurf geschlechtsspezifischer Richtlinien für Beihilfen zugunsten von Organisationen sowie die Umsetzung der Geschlechterperspektive in eine neue Datenbank für Gemeindefinanzen.

Durch das Projekt wurde die Gleichstellung der Geschlechter zu einem wichtigen Bestandteil der Budgets der einzelnen Gemeinden. Seit Januar 2013 ist dies in Österreich besonders wichtig, da die Verfassung des Landes von der Regierung, den Regierungen der einzelnen Länder und den Gemeindeverwaltungen verlangt, dass sie in ihren Budgets das Ziel der Gleichstellung der Geschlechter anstreben. Im Rahmen von Gender Fokus wurde auch ein praktischer Leitfaden zur Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts bei der Haushaltsplanung erstellt sowie leicht lesbare Broschüren in tschechischer und deutscher Sprache, in denen die gemachten Erfahrungen beschrieben wurden. Diese Dokumente wurden bei den Treffen und Konferenzen verteilt und über die Website des Projekts.

Internationales Interesse

Im Februar 2012 wurde ein Vertreter der niederösterreichischen Landesregierung eingeladen, das Projekt in Brüssel bei einer von der Europäischen Kommission veranstalteten Tagung zum Thema Gender Mainstreaming vorzustellen. Drei Monate später besuchte eine Delegation des südkoreanischen Forschungsinstituts für die Berücksichtigung des Gleichstellungsaspekts bei der Haushaltsplanung und des südkoranischen Ministeriums für Gleichstellung und Familien Niederösterreich, um das Projekt Gender Fokus kennen zu lernen. Die Ergebnisse des Projekts wurden auch auf Malaysia und die Ukraine übertragen.

Gesamtinvestition und EU-Mittel

Die Gesamtkosten des Projekts „Gender Fokus“ betragen 409 407 EUR, an denen sich der Europäische Fonds für regionale Entwicklung mit 312 663 EUR für den Programmzeitraum von 2007 bis 2013 über das operationelle Programm „Europäische Territoriale Zusammenarbeit Österreich - Tschechische Republik 2007-13“ beteiligt.