Social Agenda Issue 53-DE

SOZ I A L AG E NDA / J U LY 2 0 1 7 / 2 3 © Belga Image Digitalisierung aus allen Blickwinkeln betrachtet: Auf europäischer Ebene sind die Sozialpartner bereits mehrere Aspekte der Digitalisierung angegangen. Einige der auf dieser Plattform organisierten Gewerkschaften – die IG Metall (die deutsche Metallarbeitergewerkschaft), die österreichische Handelskammer, der Österreichische Gewerkschaftsbund und Unionen, die schwedische Angestelltengewerkschaft – haben eine maßgebliche Rolle bei der Entwicklung der Website „Fair Crowd Work“ gespielt. Fair Crowd Work sammelt Informationen über crowd-, app- und sonstige „plattformbasierte Arbeit“. Sie bietet darüber hinaus Bewertungen zu den Arbeitsbedingungen bei verschiedenen Online-Beschäftigungsplattformen, die auf Befragungen von Beschäftigten basieren. Neue Lösungen Der Bericht 2018 enthält auch eine Bestandsaufnahme über die Schritte, die die Sozialpartner in drei digitalisierungsrelevanten Bereichen unternommen haben: Anpassung von Kompetenzen, flexiblere Arbeitszeit- und Arbeitsplatzregelungen und Veränderungen bei Beschäftigungsverhältnissen. Ein sichtbares Ergebnis des EU-weiten sozialen Dialogs in diesem Bereich ist die Vereinbarung über die Telearbeit. Die Sozialpartner haben sich mit der Frage beschäftigt, wie man flexiblere Arbeitsformen optimal nutzen kann, ohne langfristig die Gesundheit der Arbeitnehmer aufs Spiel zu setzen. Auf sektoraler Ebene haben sie gemeinsame Qualifikationsprognosen und Weiterbildungsstrategien erstellt. Darüber hinaus gibt es Anzeichen für eine verbesserte europaweite Zusammenarbeit zwischen sektorübergreifenden und sektoralen Organisationen. Angespornt wurden die Sozialpartner auch von mehreren Initiativen der Europäischen Kommission, die sich auf die von den EU-Staats- und Regierungschefs 2017 proklamierte Europäische Säule sozialer Rechte stützen (siehe Sozial Agenda Nr.°50). Auch auf nationaler und lokaler Ebene kommen Dinge in Bewegung. Sozialer Friede Alles in allem zeigt der Bericht 2018, dass eine konstruktive und gut organisierte Zusammenarbeit zwischen Vertretern der verschiedenen Gruppen auf dem Arbeitsmarkt zur Bewältigung von Übergängen aufgrund des technologischen Wandels beiträgt. Eine solche Zusammenarbeit ist der Schlüssel zu sozialem Frieden sowie zu verbesserter Wirtschaftsleistung und Wettbewerbsfähigkeit – die letztlich miteinander zusammenhängen. Wenn Plattform-Kuriere in den Streik treten 2016 ergriffen Plattform-Beschäftigte in mehreren EU-Ländern Arbeitskampfmaßnahmen. In Italien kam es im Oktober im Unternehmen Foodora zu einer Arbeitsniederlegung. Ausgelöst wurde diese durch die Tatsache, dass der Stundensatz in den Verträgen durch einen festen Satz pro Lieferung ersetzt wurde. Die Beschäftigten forderten auch, dass ihr Status als Selbstständige in einen Arbeitnehmerstatus geändert wird, mit Zugang zu Standard-Beschäftigungsschutz. Die Kuriere organisierten sich selbst und machten sich dabei Online-Tools zunutze. Etablierte Gewerkschaften ließen ihnen rechtzeitig ihre Unterstützung zuteilwerden. Foodora erhöhte die Lieferkosten, gab den Forderungen der Beschäftigten jedoch nicht nach. Die Kuriere haben daraufhin vor Gericht Klage erhoben. Ein anderer Fall ereignete sich im Vereinigten Königreich. Dort griffen Fahrer von UberEats zu Arbeitskampfmaßnahmen, ebenfalls weil ihre Bezahlung auf Stundenbasis in eine Bezahlung pro Lieferung geändert werden sollte. Sie machten von einer verschlüsselten Messaging-App Gebrauch und koordinierten ihre Bemühungen mit Fahrern von Deliveroo, die in der Vergangenheit ähnliche Forderungen gestellt hatten. Wie im Fall der Foodora-Beschäftigten wurden die Beschäftigten von UberEats in einer zweiten Phase von etablierten Gewerkschaften unterstützt. 2017 befand das Arbeitsgericht, dass die Fahrer nicht als Selbstständige sondern als „Arbeitnehmer“ zu betrachten seien, die Anspruch auf Mindestlohn und Urlaubsgeld hätten. In Österreich gründeten die Foodora-Kuriere mit Unterstützung der Gewerkschaft „Vida“ den wahrscheinlich ersten Betriebsrat für Beschäftigte von Online-Plattformen. Weitere Informationen : h ttps://europa.eu/!FM99By SOZ I A L AG E NDA / NOV E MB E R 8

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