Social Agenda Issue 53-DE

SOZ I A L AG E NDA / J U LY 2 0 1 7 / 1 5 Andererseits kann so den Menschen geholfen werden, die potenziellen Vorteile zu nutzen, die eine neue Form der Arbeit mit sich bringt (z. B. eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie). Weitere politische Reaktionen sind ebenfalls erforderlich, z. B. Anreize für Investitionen in eine produktive Ausstattung und Infrastruktur (z. B. in künstliche Intelligenz), um bestehende Gräben in der Produktivität und imWachstum zwischen den EU-Ländern zu überwinden. Rettungsweste Auch die Sozialschutzsysteme müssen angepasst werden, um für einen reibungslos funktionierenden Arbeitsmarkt, ein integratives Wachstum und sozialen Zusammenhalt zu sorgen. Die Sozialschutzsysteme der EU-Länder sind zu einer Zeit entwickelt worden, in der Vollzeit- und unbefristete Verträge die Norm waren, und es außerdem einen Babyboom gab. Daher ist es unbedingt erforderlich, sie an die Alterung der Bevölkerung und an die zunehmende Komplexität atypischer Beschäftigungsverhältnisse anzupassen. Diese Komplexität ergibt sich aus einer größeren Heterogenität der Arbeitsplätze, der unscharfen Grenze zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit, stärker fragmentierten Berufen und unvorhersehbaren Einkommensströmen... Die Sozialhilfe kann sich als produktive Investition bewähren, wenn sie den Menschen eine wirkungsvolle Rettungsweste bietet, die es ihnen ermöglicht, Risiken einzugehen und Zeit und Ressourcen für das Erlernen neuer Fähigkeiten aufzuwenden. Soziales Erbe Anstatt die Zukunft vorherzusagen, erstellt der Bericht „Beschäftigung und soziale Lage in Europa“ 2018 evidenzbasierte Szenarien zu den Fragen, was passiert oder passieren würde, wenn Regierungen beispielsweise in Schulen, Berufsausbildungen und in die höhere Bildung investieren. Der Bericht zeigt jedoch auch, dass – unabhängig davon, was die einzelnen Länder in Bezug auf Bildung erreichen – das Resultat großteils davon abhängt, was die Eltern der jeweiligen Person erreicht haben: das soziale Erbe (siehe Seite 16). Daher müssen Investitionen in die Bildung, ebenso wie die Investitionen in die Anpassung des Sozialschutzes, im gesamten Lebenszyklus konstant und generationenübergreifend sein. Nur dann werden sie sich auf die Beschäftigung und das Wachstum auswirken. Alternativen zum Ersatz von Menschen durch Maschinen Aufgaben, die menschliche Interaktion und Kreativität erfordern, zum Beispiel im Gesundheitswesen, tragen ein viel geringeres Risiko, dass sie Maschinen zugewiesen werden. Arbeiter, die im verarbeitenden Gewerbe Routineaufgaben ausführen, haben hingegen das höchste Risiko, durch selbstlernende und immer intelligentere Maschinen ersetzt zu werden. Der Ersatz von Arbeitnehmern durch Maschinen ist für Unternehmen jedoch nur eine Möglichkeit der Kapitalvertiefung und der Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit. Ein anderer Weg besteht darin, gut ausgebildete und qualifizierte Arbeitskräfte mit innovativem Kapital auszustatten. Tatsächlich ergänzen Qualifikationen das physische Kapital (Maschinen, Gebäude, Computer...). In innovativen Branchen und Dienstleistungen, wo diese Komplementarität besteht, entstehen durch Digitalisierung und Kapitalvertiefung neue Arbeitsplätze. Daher sind Investitionen in Bildung für die EU-Länder, die gewährleisten müssen, dass alle ihre Bürger von den neuen Technologien und neuen Arbeitsformen profitieren, von entscheidender Bedeutung. Vor allem müssen die Mitgliedstaaten die Anzahl der Personen verringern, die unter dem Niveau ihrer formalen Bildung arbeiten. Und sie könnten die Überqualifizierung in den Griff bekommen, indem sie frühe Schulabgänge verhindern, eine Weiterqualifizierung erleichtern und Branchen, die hohe Qualifikationen erfordern, unterstützen. Ob sich eine besser ausgebildete Erwerbsbevölkerung dann auch auf das langfristige Wachstum auswirkt, hängt jedoch davon ab, wie gut das neue Angebot an besser ausgebildeten Arbeitnehmern der Arbeitskräftenachfrage entspricht. Menschliche Interaktion: Bei Tätigkeiten, bei denen menschliche Interaktion und Kreativität gefragt sind, z. B. im Gesundheitssektor, besteht ein viel geringes Risiko, dass sie Maschinen zugewiesen werden. © Belga Image Weitere Informationen: https://europa.eu/!HJ84kx SOZ I A L AG E NDA / NOV E MB E R 8

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