Italien

Im ersten Abschnitt des Berichtszeitraumes standen die wichtigsten Neuerungen in Italien in Zusammenhang mit der Verabschiedung von Durchführungsverordnungen zur Rentenreform durch die Regierung. Im Laufe des Jahres 1997 verabschiedete das Parlament das Gesetz zur Beschäftigungsförderung, in das die Inhalte des "Bündnisses für Arbeit" aufgenommen wurden.

Daneben war das Jahr durch die Debatte über die Reform des Sozialschutzsystems gekennzeichnet; diese wurde von der Öffentlichkeit mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, und zwar in erster Linie, weil es sich hier um eine sehr wichtige Reform handelt, bei der die Komplexität des Beschäftigungsproblemes Berücksichtigung findet und die entsprechend den Vorgaben der Gemeinschaft zu Lösungen für das große Problem der Arbeitslosigkeit führen soll. Wie bereits durch das am 24. September 1996 unterzeichnete "Bündnis für Arbeit" vorgesehen, findet die Suche nach Lösungen im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen den Sozialpartnern und der Regierung statt.

Zu diesem Thema bildete die Regierung einen Ad-hoc-Ausschuß, der zunächst die aktuelle Situation analysierte und zu dem Ergebnis kam, daß eine Überarbeitung des Sozialschutzsystems notwendig ist, da die Ausgaben im Bereich der Renten und im Gesundheitswesen in den kommenden 20 Jahren auf ITL 36 Milliarden (ECU 19 Milliarden) steigen, d.h. fast 2% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen werden. Im Anschluß an die Analyse der aktuellen Situation galten die Bemühungen daher der Durchführung von Maßnahmen, mit denen diese Entwicklung gestoppt werden kann.

1. Aktuelle Situation

In Italien machen die Sozialausgaben fast ¼ des BIP aus; dieser Prozentsatz entspricht dem in anderen Ländern der Europäischen Union. Die eigentliche Besonderheit liegt in der Struktur der Sozialausgaben.

Zum einen ist eine Verzerrung hinsichtlich der verschiedenen Risiken festzustellen: den größten Teil der Sozialausgaben machen mit 61,5% die Rentenzahlungen aus, während sich die Rentenausgaben im Gemeinschaftsdurchschnitt auf 45% belaufen.

Im Gegensatz dazu betragen die Ausgaben für Leistungen in Bereichen wie z.B. Arbeitslosigkeit, Bildung, Familie, Mutterschaft und Sozialfürsorge 18% bis 19% des Sozialhaushaltes, wohingegen der europäische Durchschnitt bei 31% liegt. Fast 1/6 der Sozialausgaben fallen im Gesundheitswesen an.

Die zweite Besonderheit steht in Zusammenhang mit den abgesicherten Personen.

Es gibt Unterschiede zwischen den Leistungen für Arbeitnehmer, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, und denen für andere Arbeitnehmergruppen bzw. für Personen, die niemals berufstätig waren.

Außerdem ist in Italien kein Mindesteinkommenssystem für Personen ohne Einkommen oder eine entsprechende Absicherung für die Familie vorhanden.

Der mit den Vorbereitungen für die Reform des Sozialschutzsystems beauftragte Ausschuß hat Maßnahmen in folgenden Bereichen bekanntgegeben:

2. Beschäftigungspolitik

Als Beitrag zur Verbesserung der Beschäftigungssituation hat die Regierung in Abstimmung mit den Gewerkschaften neben einer Politik zur finanziellen Gesundung eine Politik zur Beschäftigungsförderung geplant. Hierzu sollen Unternehmen, die Anlageinvestitionen vornehmen und in Abstimmung mit den Gewerkschaften die Arbeitszeit verkürzen und zusätzliche Arbeitskräfte einstellen, durch einen neuen Erlaß Steuer- und Beitragsermäßigungen eingeräumt werden.

Es wurde ein Fonds zur Förderung der Beschäftigung sowie einer aktiven Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik eingerichtet. Folgende Maßnahmen sind vorgesehen:

Mit allen diesen Maßnahmen soll der Arbeitsmarktpolitik, die als ein wesentliches Element des Sozialstaates verstanden wird, Priorität eingeräumt werden, so daß die passiven Sozialausgaben durch Ausgaben für aktive Maßnahmen abgelöst werden können.

3. Reform des Sozialschutzsystems

In diesem Bereich ist die möglichst kurzfristige Umsetzung der Grundsätze geplant, die im Rahmen der Rentenreform 1995 festgesetzt wurden; dies betrifft insbesondere die Harmonisierung der verschiedenen Versorgungssysteme, einschließlich der Beseitigung gewisser Vorteile für bestimmte Arbeitnehmergruppen.

Die Reform sieht zum 01.01.1998 eine Vereinheitlichung der Bestimmungen vor, die in Zusammenhang mit den Sonderrentenfonds und den Rentenfonds für Arbeitnehmer gelten. Dies bedeutet, daß alle sogenannten, für einige Sonderfonds geltenden sog. "Goldklauseln" abgeschafft werden.

Außerdem ist eine Umwandlung dieser Fonds in eine Zusatzversorgung geplant.

Zu diesem Zweck wird die Regierung sowohl im öffentlichen Sektor als auch in der Privatwirtschaft den Ausbau der Zusatzversorgung fördern.

Eine weitere große Neuerung steht in Zusammenhang mit dem Regierungsvorhaben, eine Trennung zwischen Versorgungsleistungen und Sozialfürsorge vorzunehmen, wobei die Versorgungsleistungen in erster Linie durch Beiträge, die Sozialfürsorge durch Steuereinnahmen finanziert werden sollen.

4. Sozialfürsorge

Sowohl die Regierung als auch die Sozialpartner sind der Überzeugung, daß in diesem Bereich Änderungen in bezug auf die Bewilligung von Leistungen notwendig sind. Geplant ist die Einführung eines Kontrollmechanismus, mit dem bei einem Antrag auf Leistungen für sozial Schwache (Befreiung von den Kosten für Arzneimittel, Finanzierung der Ausbildung von jungen Leuten usw.) das Familieneinkommen überprüft werden kann. Damit soll dem Mißbrauch vorgebeugt werden, so daß die Kostenbefreiungen und Vergünstigungen nur jenen Familien zugute kommen, die tatsächlich auf sie angewiesen sind.

Es wurde ein Fonds für sozialpolitische Maßnahmen eingerichtet, mit dessen Hilfe bis zu einer Reform des Sozialfürsorgesystems für ganz Italien die wesentlichen Standards festgelegt werden, die für den Anspruch auf Sozialleistungen erfüllt werden müssen. Auf regionaler Ebene ist die versuchsweise Einführung eines Mindesteinkommens für Familien mit minderjährigen Kindern und niedrigem Einkommen geplant.

5. Gesundheit

Das Abkommen unterstreicht den allgemeinen und öffentlichen Charakter des Nationalen Gesundheitsdienstes und sieht folgende Maßnahmen vor: