Beschäftigung, Soziales und Integration

Rechtsprechung - Türkische Arbeitnehmer

Im vorliegenden Fall hat der Gerichtshof seine Befugnis bestätigt, Entscheidungen zu treffen und die Auslegung des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei zu bestimmen. Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 13 dieses Beschlusses haben in den Mitgliedstaaten unmittelbare Wirkung. Nach einem bestimmten Zeitraum ordnungsgemäßer Beschäftigung in einem Mitgliedstaat erhält ein Arbeitnehmer Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis. Dies impliziert zwangsläufig, dass der betreffenden Person zumindest zu diesem Zeitpunkt ein Aufenthaltsrecht zusteht.
Die Ordnungsmäßigkeit der Beschäftigung setzt eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt voraus. Der Begriff der ordnungsgemäßen Beschäftigung in Artikel 6 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1/80 kann daher nicht den Fall erfassen, dass ein türkischer Arbeitnehmer die Ausübung einer Beschäftigung nur wegen der aufschiebenden Wirkung seiner Klage bis zur rechtskräftigen Entscheidung des nationalen Gerichts über diese Klage rechtmäßigerweise fortsetzen konnte, vorausgesetzt allerdings, dass dieses Gericht seine Klage abweist. (Vollständiger Text)

Nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung hat ein türkischer Arbeitnehmer Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber. Damit ist die Fortsetzung einer Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber gewährleistet. Nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung kann er sich vorbehaltlich des Vorrangs der Arbeitnehmer aus den Mitgliedstaaten für den gleichen Beruf auf ein anderes Stellenangebot eines Arbeitgebers seiner Wahl bewerben. Nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung hat er Anspruch auf freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis. Dies ergibt sich aus Artikel 6 des Beschlusses Nr. 1/80.
Gemäß Artikel 7 Absatz 2 des Beschlusses Nr. 1/80 steht dem Kind eines türkischen Arbeitnehmers, das im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen hat, das Recht zu, sich dort unabhängig von der Dauer seines Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedstaat auf jedes Stellenangebot zu bewerben. Ein Elternteil muss in dem betreffenden Mitgliedstaat seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt gewesen sein. Die Rechte aus dieser Bestimmung setzen das Bestehen eines verbundenen Aufenthaltsrechts für das Kind voraus, da dem Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt sonst jede Wirkung genommen würde. (Vollständiger Text)

Im vorliegenden Fall hat der Gerichtshof Artikel 6 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1/80 erläutert. Für die Anwendung dieser Bestimmung muss festgestellt werden, ob der türkische Arbeitnehmer dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört. Es ist zu prüfen, ob das Arbeitsverhältnis einen räumlichen Bezug zum Gebiet eines Mitgliedstaats oder eine hinreichend enge Verbindung mit diesem Gebiet aufwies. Berücksichtigt werden der Ort, an dem der türkische Arbeitnehmer eingestellt wurde, das Gebiet, von dem aus die Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ausgeübt wurde, und die im Bereich des Arbeitsrechts und der sozialen Sicherheit anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften.
Eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position des Betroffenen auf dem Arbeitsmarkt ist anhand der Rechtsvorschriften des Aufnahmestaats zu prüfen, die die Voraussetzungen regeln, unter denen der türkische Arbeitnehmer in das nationale Hoheitsgebiet gelangt und dort eine Beschäftigung ausübt.
Dieses Recht ist nicht vom Besitz irgendeines von den Behörden des Aufnahmelandes ausgestellten speziellen Verwaltungsdokuments abhängig, das die Ordnungsmäßigkeit der Beschäftigung nachweist. (Vollständiger Text)

Der Gerichtshof hat bestätigt, dass Artikel 7 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1/80 unmittelbare Wirkung erzeugt. Ferner hat der Gerichtshof erklärt, dass diese Bestimmung einem Mitgliedstaat nicht verbietet, den Anspruch der Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmers auf Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat davon abhängig zu machen, dass diese während des Zeitraums von drei Jahren mit dem Arbeitnehmer zusammenwohnen. Objektive Gründe können es rechtfertigen, dass der betreffende Familienangehörige von dem türkischen Arbeitnehmer getrennt lebt. Kurzzeitige Unterbrechungen der Lebensgemeinschaft, die ohne die Absicht erfolgen, den gemeinsamen Wohnsitz im Aufnahmemitgliedstaat in Frage zu stellen, werden als Zeiten behandelt, in denen der betroffene Familienangehörige tatsächlich mit dem türkischen Arbeitnehmer zusammengelebt hat. (Vollständiger Text)

Die Kinder türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, können sich unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedstaat dort auf jedes Stellenangebot bewerben, sofern ein Elternteil in dem betreffenden Mitgliedstaat seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt war. Artikel 7 des Beschlusses Nr. 1/80 schreibt nicht vor, dass dieser türkische Elternteil zu dem Zeitpunkt, zu dem das Kind im Aufnahmeland ins Arbeitsleben eintreten will, noch dort arbeitet oder wohnt. (Vollständiger Text)

Laut Gerichtshof ist ein Arbeitnehmer im Sinne des Beschlusses Nr. 1/80 eine Person, die dem regulären Arbeitsmarkt angehört und dort eine ordnungsgemäße Beschäftigung ausübt.
Für die Auslegung des Begriffs des Arbeitnehmers ist das Unionsrecht heranzuziehen. Ein Arbeitnehmer muss eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausüben, wobei solche Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die wegen ihres geringen Umfangs völlig untergeordnet und unwesentlich sind. Das wesentliche Merkmal eines Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass jemand während eines bestimmten Zeitraums für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält.
Der Begriff der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt bezeichnet die Gesamtheit der Arbeitnehmer, die den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats nachkommen und somit das Recht haben, eine Berufstätigkeit in seinem Hoheitsgebiet auszuüben.
Der Gerichtshof hat bestätigt, dass eine ordnungsgemäße Beschäftigung eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt und damit das Bestehen eines nicht bestrittenen Aufenthaltsrechts voraussetzt. (Vollständiger Text)

Ein türkischer Arbeitnehmer, der bereits ordnungsgemäß in den Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats eingegliedert ist, hat gemäß Artikel 6 Absatz 1 dritter Gedankenstrich ein uneingeschränktes Recht auf Beschäftigung, das auch das Recht umfasst, eine Erwerbstätigkeit aufzugeben, um eine andere zu suchen, die er frei wählen kann.
Nur die endgültige Beschäftigungslosigkeit des Arbeitnehmers führt zum Verlust der durch Artikel 6 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1/80 verliehenen Rechte. Ein türkischer Arbeitnehmer hat das Recht, sein Arbeitsverhältnis vorübergehend zu unterbrechen, sofern er innerhalb eines angemessenen Zeitraums tatsächlich eine andere Beschäftigung findet, und er genießt dort während dieses Zeitraums ein Aufenthaltsrecht. Eine Untersuchungshaft allein führt nicht zum Verlust dieser Rechte. Gemeinschaftsrecht verbietet die Ausweisung eines türkischen Staatsangehörigen, wenn diese ausschließlich auf generalpräventive Gesichtspunkte gestützt wird oder aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung automatisch verfügt wird. Der Begriff der öffentlichen Ordnung setzt voraus, dass außer der Störung der öffentlichen Ordnung, die jede Gesetzesverletzung darstellt, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. (Vollständiger Text)

Im vorliegenden Fall hat der Gerichtshof für Recht erkannt, dass die Stillhalteklauseln aus Artikel 41 Absatz 1 des Zusatzprotokolls von 1972 und Artikel 13 des Beschlusses Nr. 1/80 unmittelbare Wirkung erzeugen. Die Klauseln verbieten die Einführung neuer innerstaatlicher Beschränkungen des Niederlassungsrechts sowie des freien Dienstleistungsverkehrs und der Freizügigkeit der Arbeitnehmer von dem Zeitpunkt an, zu dem der Rechtsakt, zu dem diese Artikel gehören, im Aufnahmemitgliedstaat in Kraft getreten ist. (Vollständiger Text)

Artikel 7 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1/80 betrifft Personen, die die Volljährigkeit erreicht haben und Kinder türkischer Arbeitnehmer sind, die dem regulären Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats angehören oder angehört haben, auch wenn diese Personen im Aufnahmemitgliedstaat geboren sind und stets dort gewohnt haben. Die Rechte aus dieser Bestimmung können nur nach Artikel 14 des Beschlusses Nr. 1/80 beschränkt werden oder weil die betroffene Person den Aufnahmemitgliedstaat über einen erheblichen Zeitraum hinweg ohne berechtigte Gründe verlassen hat. Artikel 14 des Beschlusses Nr. 1/80 verwehrt es den nationalen Gerichten, bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer gegen einen türkischen Staatsangehörigen verfügten Ausweisungsmaßnahme nach der letzten Entscheidung der zuständigen Behörde eingetretene Tatsachen nicht zu berücksichtigen, die eine Beschränkung der Rechte des Betroffenen nicht mehr zulassen würden. (Vollständiger Text)

Die in den Artikeln 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG niedergelegten Grundsätze müssen als auf türkische Arbeitnehmer, die die im Beschluss Nr. 1/80 eingeräumten Rechte besitzen, übertragbar angesehen werden. Damit die Wirksamkeit dieses gerichtlichen Rechtsschutzes für türkische Arbeitnehmer gewährleistet ist, ist es unabdingbar, diesen Arbeitnehmern die Verfahrensgarantien zuzuerkennen, die den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten durch das Gemeinschaftsrecht gewährt werden, und es muss ihnen somit ermöglicht werden, sich auf die in den Artikeln 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG vorgesehenen Garantien zu berufen.
Diese Auslegung gilt nicht nur für die türkischen Staatsangehörigen, denen die Rechtsstellung nach Artikel 6 des Beschlusses Nr. 1/80 zukommt, sondern auch für ihre Familienangehörigen, deren Stellung sich nach Artikel 7 dieses Beschlusses richtet. (Vollständiger Text)

Ein türkischer Staatsangehöriger, der als Kind im Wege der Familienzusammenführung in einen Mitgliedstaat einreisen durfte und das Recht auf freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis nach Artikel 7 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 erworben hat, verliert das Aufenthaltsrecht im Aufnahmemitgliedstaat nur in den zwei Fällen, die in Artikel 14 Absatz 1 des Beschlusses Nr. 1/80 vorgesehen sind.
Dies gilt auch dann, wenn er älter als 21 Jahre ist, von seinen Eltern keinen Unterhalt mehr erhält, sondern im betreffenden Mitgliedstaat ein selbständiges Leben führt, und dem Arbeitsmarkt mehrere Jahre lang wegen der Verbüßung einer gegen ihn verhängten und nicht zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von solcher Dauer nicht zur Verfügung gestanden hat. Diese Auslegung ist nicht mit den Anforderungen des Artikels 59 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen unvereinbar, wonach türkischen Staatsangehörigen keine günstigere Behandlung gewährt werden darf als diejenige, die sich die Mitgliedstaaten untereinander einräumen. (Vollständiger Text)

Art. 7 des Beschlusses Nr. 1/80 vom 19. September 1980 ist dahingehend auszulegen, dass die Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmers, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, sich auch dann auf diese Bestimmung berufen können, wenn dieser Arbeitnehmer die Staatsangehörigkeit des Aufnahmemitgliedstaats erhalten hat und gleichzeitig die türkische Staatsangehörigkeit beibehält. (Vollständiger Text)

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